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In Pfaffenhofen ist heute die Moschee mit angeschlossenem Kulturzentrum der türkisch-islamischen Gemeinde eröffnet worden – Hunderte Besucher, hochrangige Gäste und zwei Kundgebungen

Von Tobias Zell

An der Hohenwarter Straße in Pfaffenhofen ist heute die Moschee eröffnet worden. Die türkisch-islamische Gemeinde hatte aus diesem Anlass zu einer großen Feier geladen. Zum Festakt waren zahlreiche Ehrengäste gekommen, deren Ansprachen und Reden eines gemeinsam hatten: Die Moschee und das angeschlossene Kulturzentrum sollen zu einem Ort der Begegnung, des Austauschs und der Aufklärung sowie zu einem Sinnbild der Integration und des friedlichen Miteinanders werden. 

Die Moschee und das Kulturzentrum wurden mit einem Fest eröffnet.

Recep Bal, der Vorsitzende der türkisch-islamischen Gemeinde von Pfaffenhofen, begrüßte im proppenvollen Veranstaltungsraum des Kulturzentrums zahlreiche Ehrengäste – unter anderem Landrat Martin Wolf (CSU), Bürgermeister Thomas Herker (SPD), dessen Stellvertreter Albert Gürtner (FW) und Roland Dörfler (Grüne), die Landtagsabgeordneten Claudia Stamm und Katharina Schulze (beide Grüne) sowie Repräsentanten von Kirchen, Schulen und Kindergärten. Außerdem waren hochrangige Vertreter des türkischen Konsulats in München und des deutschen Ditib-Dachverbands aus Köln gekommen.

Landrat Martin Wolf (links) überreicht Recep Bal, dem Vorsitzenden der türkisch-islamischen Gemeinde von Pfaffenhofen, ein Landkreiswappen.

Nachdem der Pfaffenhofener Imam Mustafa Aktepe und sein Wolnzacher Kollege Kadir Akbas aus dem Koran gelesen hatten, blickte der Vorsitzende Recep Bal auf die Geschichte der türkisch-islamischen Gemeinde Pfaffenhofens, die im Jahr 1985 gegründet worden war. Nachdem die Zahl der Mitglieder stetig stieg, wurde schließlich im Jahr 2005 der Entschluss gefasst, ein Kulturzentrum und eine Moschee zu errichten. „Wir leben in einer multikulturellen Gesellschaft“, sagte er und unterstrich die Bedeutung des gegenseitigen Austauschs und der Aufklärung für ein friedliches Zusammenleben.

 

Moschee-Führungen wurden heute angeboten.

Im Sommer 2013 erfolgte der Spatenstich für den Neubau, erinnerte Bal. Rund eine halbe Million Euro an Spenden seien gesammelt worden – den Rest habe man als Darlehens aufgenommen. Eigentlich hätte das Projekt seinen Worten zufolge rund 3,5 Millionen Euro gekostet. Doch durch viel Eigenleistung konnten die Kosten auf 1,2 Millionen reduziert werden. Bal dankte der Stadt und dem Landkreis sowie den beteiligten Firmen und Arbeitern. Später wurden noch zahlreiche Personen geehrt, die das Projekt moralisch oder finanziell unterstützt hatten.

 

Die Besucherinnen der neuen Moschee bekamen jeweils eine Rose überreicht.

Mit Blick auf die zeitgleich zur Moschee-Eröffnung nur einen Steinwurf entfernt stattfindende Kundgebung der islamkritischen Kleinpartei „Die Freiheit“, auf die das Bündnis „Pfaffenhofen gegen Rechts – Bürger für Toleranz“ mit einer Gegen-Demo unter dem Motto „Pfaffenhofen ist bunt“ reagiert hatte, sagte Recep Bal: „Pfaffenhofen ist wirklich bunt.“ Rund 200 Leute hatten nach Angaben der Polizei an den Kundgebungen für Toleranz und friedliches Miteinander teilgenommen. Auf der Gegenseite waren es um die 15. Zu dem heutigen Fest im und vor dem Kulturzentrum waren über den ganzen Tag Hunderte gekommen. Lesen sie dazu auch: Bunt und friedlich

 

Die Ehrengäste schneiden zur Eröffnung der Moschee symbolisch ein rotes Band durch.

Landrat Wolf freute sich in seiner Ansprache, dass für die türkisch-islamische Gemeinde eine lange Zeit des Bemühens um geeignete Gebetsräume nun ein gutes Ende gefunden habe. Er lobte den fruchtbaren Dialog und das Miteinander im Alltag. Das Kulturzentrum könne ein weiterer Beitrag zur Aufklärung sein. Wolf hob zudem die Bedeutung der Religionsfreiheit hervor. Man habe den Wunsch, dass auch in muslimisch geprägten Ländern der Bau von Kirchen selbstverständlich sei – deshalb müsse man dieses Recht bei uns leben und dafür werben. „Möge diese Moschee ein Ort des Gebets, der Bildung und des Friedens sein“, sagte Wolf, „ein Motor der Integration und nicht ein Ort der gesellschaftlichen Spaltung.“

Bürgermeister Thomas Herker gibt vor dem Festakt noch ein Interview im voll besetzten Saal.

Mit den Worten „Es freut mich, heute lebendig vor ihnen stehen zu können“ eröffnete  Bürgermeister Herker seine Rede – und bekam spontanen Beifall. Bekanntlich hatten er und sein Stellvertreter Dörfler Morddrohungen erhalten. Dörfler hatte sich klar gegen die parallel stattfindende islamkritische Kundgebung positioniert. Stürzenberger, dem Chef der Kleinpartei "Die Freiheit", die zu der Protest-Aktion aufgerufen hatte, hatte Dörfler im Vorfeld attestiert, er habe "keinen IQ, sondern einen AQ – einen Arschquotienten". Daraufhin bekam Dörfler böse Mails. Der Inhalt reichte von übelsten Beschimpfungen und Beleidigungen bis hin zu Hinrichtungs-Drohungen. Herker hatte daraufhin zur regen Teilnahme an der Gegen-Demo „Pfaffenhofen ist bunt“ aufgerufen. Daraufhin wurde auch er mit dem Tode bedroht, nachdem seine E-Mail-Adresse ebenfalls im Internet veröffentlich worden war. Die Kripo ermittelt.

 

GfG-Stadtrat Manfred "Mensch" Mayer blickt von der Empore in die Moschee.

Herker bezeichnete die Moschee mit Kulturzentrum als "Schmuckstück für Pfaffenhofen“ und als „Haus der Offenheit“ und warb für Toleranz und Religionsfreiheit. Er verwies auf historische Unterlagen aus dem Rathaus, wonach anno 1802 der erste Protestant die Bürgerrechte Pfaffenhofens erhalten hat – der sei damals wohl auch skeptisch beäugt worden. Doch im Jahre 1900 habe es bereits 67 Protestanden hier gegeben. 1956 sei ein 20-jähriger Mann namens Ibrahim der erste Türke in Pfaffenhofen gewesen. Heute zähle die 25 000-Einwohner-Stadt rund 2500 ausländische Mitbürger – davon ein großer Teil Türken.

Durch viel Eigenleistung konnte die Moschee samt Kulturzentrum für 1,2 statt 3,5 Millionen Euro errichtet werden.

Der katholische Stadtpfarrer Peter Wagner warb für gegenseitige Toleranz und verdeutlichte das an den kürzlich erfolgten Fronleichnams-Prozessionen, bei denen die Christen zur Demonstration ihres Glaubens im wahrsten Sinne des Wortes auf die Straße gehen. Man könne doch niemandem absprechen, dass er seinen Glauben auch zeige. Er freue sich über jede positive Demonstration des Glaubens, sagte Wagner und wünschte sich eine gute Nachbarschaft der Kirchen.

Rainer Oechslen, der Beauftragte der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern für interreligiösen Dialog und Islamfragen, bezeichnete die „Pfaffenhofen ist bunt“-Demo als Reaktion auf die Kundgebung gegen die Moschee-Eröffnung als richtig und überbrachte die Grüße des evangelischen Landesbischofs. Den Islam und das Christentum verbinde unter anderem das Streben nach der Schönheit der Gebetsräume, sagte er mit Blick auf Moscheen und Kirchen.

Gemeinsames Gebet in der neuen Moschee.

Auch Sepp Steinbüchler, katholischer Pastoralreferent und Vorsitzender des Internationalen Kulturvereins von Pfaffenhofen, zollte Respekt und Hochachtung für den „würdevollen“ Bau. Stellvertretend übereichte er das „Lexikon des Dialogs“ an drei Personen. „Es ist schön, mit euch in dieser Stadt zu leben“, sagte er an alle Mitglieder der türkisch-islamischen Gemeinde. „Ihr bereichert unser gesellschaftliches und religiöses Leben.“

Der Generalsekretär des deutschen Ditib-Dachverbands, Bekir Alboga, betonte, dass das Gebetshaus („ein Haus des Kennenlernens und der Begegnung“) nicht nur Muslimen offenstehe, und warb für einen liberalen Umgang miteinander. Wer sich hier wohl fühle und Gott anrufen wolle, sei herzlich willkommen. Er machte sich für Islam-Unterricht an bayerischen Schulen stark und verurteilte jeglichen Missbrauch von Religion zur Rechtfertigung von Gewalt – sinngemäß stelle er klar: Wer nicht Frieden stiften wolle, der solle sich auch nicht auf den Islam berufen.

 

Bekir Alboga, Generasekretär des Ditib-Dachverbands.

Kuddusi Uysal, der Religions-Attaché des Konsulats, attestierte der Stadt Pfaffenhofen, sie begehe durch die heutige Moschee-Eröffnung einen wichtigen Schritt zur Verfestigung des Zusammenlebens. Die Drohungen gegen Herker und Dörfler missbillige und verachte man, betonte er. 

Konsul Selcuk Eke vom türkischen Konsulat in München freute sich über die „Pfaffenhofen ist bunt“-Demonstration und lobte gar: „Pfaffenhofen ist bunter als München.“ Er dankte im Namen des Konsulats, warb für gegenseitiges Verständnis und Toleranz und stellte die Bedeutung von Versammlungsstätten für die Gesellschaft heraus.

 

Konsul Selcuk Eke.

Im Anschluss an den Festakt wurde von den Ehrengästen symbolisch ein rotes Band durchgeschnitten; damit war die Moschee feierlich eröffnet. Es schlossen sich Moschee-Führungen und ein gemeinsames Gebet an. Vor dem Kulturzentrum herrschte den ganzen Tag über gemütliches Miteinander bei Speis und Trank. Die türkisch-islamische Gemeinde von Pfaffenhofen zählt nach Auskunft des Vorsitzenden Recep Bal rund 200 Familien, darunter allein 850 türkische Mitbürger. 350 von ihnen seien bereits eingebürgert.

Weiterer Bericht zum Thema:

Bunt und friedlich

Bisherige Berichte zum Thema:

Ein Fest, zwei Demos, Morddrohungen und Polizeipräsenz

Morddrohungen auch gegen Ersten Bürgermeister

"Ich lasse mich nicht einschüchtern"

Morddrohungen gegen Bürgermeister


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