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"Asylabwehr"-Panzer beim Faschingszug in Reichertshausen: Bürgermeister Reinhard Heinrich (CSU) findet deutliche Worte, während die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt

Von Tobias Zell

Die Gemeinde Reichertshausen ist bundesweit in den Schlagzeilen. Wegen des Gaudiwurms, der einen Rattenschwanz an Wirbel und Aufregung nach sich zieht. Beim Faschingszug des OCV Steinkirchen rollte am Sonntagnachmittag ein im Stile eines Wehrmachts-Panzers gebauter Wagen mit, der die Aufschrift „Ilmtaler Asylabwehr“ und „Asylpaket III“  trug. Das sorgte nicht nur für eine Welle der Empörung, die Ingolstädter Staatsanwaltschaft ermittelt bereits wegen des Verdachts auf Volksverhetzung. Wir sprachen am Montagabend mit Bürgermeister Reinhard Heinrich (CSU), der krankheitsbedingt nicht beim Faschingszug war und von dem Panzer erst im Laufe des Sonntags durch die entstandene Aufregung erfuhr. Er findet nun klare Worte für das, was da passiert ist, und kündigt zugleich Konsequenzen an. 

"Zu Recht Unmut"

Medien-Anfragen aus ganz Deutschland hatte Heinrich den ganzen Montag über zu beantworten, berichtet er und redet auch gar nicht drumherum: Der Panzer habe zu Recht für Unmut gesorgt. Das sei eine „unbedachte“ Aktion gewesen, die er verurteile. „Man hätte das stoppen müssen.“ Der Panzer hätte nicht an dem Faschingszug teilnehmen dürfen, betont er – und zwar ungeachtet dessen, was nun die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergeben. Nicht zuletzt wegen der jüngsten Äußerungen der AfD, die laut über einen Schusswaffengebrauch gegenüber Flüchtlingen an den deutschen Grenzen nachdachte, wäre hier „Sensibilität“ und „Vorsicht“ geboten gewesen, sagt der Bürgermeister. 

Thema im Gemeinderat 

Doch diese Vorsicht ließ offensichtlich niemand walten. Weder die Verantwortlichen vom OCV Steinkirchen, dessen Faschingszug es ja war, verhinderten die Teilnahme des Panzers an dem Umzug. Noch Gemeinderat Konrad Moll (UWG), der als Zugleiter fungierte. Und der sich jetzt vermutlich, ebenso wie der OCV, nicht nur von der Staatsanwalt die eine oder andere Fragen gefallen lassen muss. Auch in der nächsten Sitzung des Gemeinderats wird der folgenreiche Faschingszug ein Thema sein. Moll werde sicher Rede und Antwort stehen müssen, sagt Bürgermeister Heinrich. 

Die Geschichte ist irgendwie krude. Man habe keinen Grund dafür gesehen, den Panzer vom Umzug auszuschließen, sagte Moll am Sonntag sinngemäß gegenüber unserer Zeitung. Er verwies auf die Meinungsfreiheit sowie darauf, dass Zensur schwierig und problematisch sei. Der Bayerische Rundfunk zitierte ihn inzwischen mit den Worten: „Ich hab’ die Schriften auf dem Panzer gar nicht richtig wahrgenommen. Ich hatte nicht die Zeit, um den rumzugehen und jede Schrift zu lesen. Wenn ich das jetzt so sehe, dann würde ich sagen: Die dürfen nicht mitfahren.“ 

 

Außerdem beriefen sich die Verantwortlichen am Sonntag auch noch – irgendwie – darauf, dass die Polizei ja den Wagen „abgenommen“ habe. Dem widersprach man am Montag beim zuständigen Polizeipräsidium Oberbayern-Nord in Ingolstadt: „Die Beamten haben sehr wohl darauf hingewiesen, dass sie da gewisses Konflikt-Potenzial sehen.“ Außerdem, das muss man auch sagen: Es ist wohl nicht die vordringlichste Aufgabe der Polizei, eine solche Situation, sprich: Panzer-Aufschrift, juristisch zu bewerten. Man stelle sich vor, die Streifenbeamten zögen einen Faschingswagen aus dem Verkehr und hinterher stellt ein Gericht fest: Das war nicht in Ordnung. Die Aufregung wäre vermutlich nicht weniger groß, wie sie jetzt ist. 

Gemeinde-Zuschuss wird wohl zurückgefordert

Fakt ist jedenfalls: Beamte der Inspektion Pfaffenhofen fotografierten gestern den Panzer und leiteten die Angelegenheit an die Staatsanwaltschaft weiter. Der „Asylabwehr“-Panzer rollte also närrisch durch Reichertshausen. Und die „Panzer-Gruppe“ bekam sogar noch Geld von der Gemeinde. Weil jeder der zehn teilnehmenden Wagen – so auch dieser – von der Kommune mit 50 bis 200 Euro bezuschusst wurde. Die Beträge seien vor Ort direkt ausbezahl worden, sagte uns Moll bereits am Sonntag nach dem Umzug.

Für Bürgermeister Heinrich ist  mit Blick auf den Panzer-Wagen klar: So etwas könne man nicht mit Steuergelder unterstützten. Da gibt es aus seiner Sicht „keine Diskussion“. In der nächsten Sitzung des Gemeinderats soll auch darüber gesprochen werden. Heinrich kann sich jedenfalls schwer vorstellen, dass das Ratsgremium die Auszahlung des Zuschusses für den Panzer-Wagen goutiert. Das Geld werde wohl zurückgefordert.

"Deutschland glaubt, hier ist ein rechtes Nest"

Der Rathauschef will die ganze Angelegenheit aufgeklärt wissen. Der Vorfall rücke die gesamte Gemeinde in ein schlechtes Licht. „Es kann uns nicht gefallen, wenn man in Deutschland glaubt, hier ist ein rechtes Nest“, sagt er. In den kommenden Wochen nimmt Reichertshausen rund 80 Flüchtlinge auf.

„So etwas darf nie mehr passieren“, lautet Heinrichs Fazit zur dem Panzer. Den Vorfall gelte es erstens aufzuarbeiten, zweitens müsse man Konsequenzen ziehen sowie daraus Sicherungsmaßnahmen für die Zukunft treffen. Da gebe es einiges aufzuarbeiten, sagt er – auch in Gesprächen mit dem OCV, der „ja eigentlich eine Bereicherung des gesellschaftlichen Lebens“ sei.

Der OCV Steinkirchen hatte für Montag eine Stellungnahme angekündigt. Bislang findet man aber weder auf dessen Homepage noch auf dessen Facebook-Seite ein Statement – und man darf davon ausgehen, dass die Verantwortlichen ihre Mitteilung schon aus eigenem Interesse unübersehbar platzieren würden. Denn Vereins-Chef Tobias Winkelmeier hatte bereits am Sonntag, als die Welle der Empörung in den sozialen Netzwerken losging, das Faschingstreiben kurz für eine „wichtige Durchsage“ von der Bühne unterbrochen. Der OCV sei weder rechtsradikal noch gebe es rechtsradikale Hintergründe, versicherte er. „Auch unsere neuen Freunde sind herzlich Willkommen“, rief er in die Menge – und meinte damit die Asylbewerber. Einige Flüchtlinge nahmen auch an dem Faschingszug teil.

Auftritt in Pfaffenhofen findet statt, weitere abgesagt

Am heutigen Dienstag soll die OCV-Garde beim traditionellen Faschingstreiben auf dem Hauptplatz von Pfaffenhofen auftreten. Nach Informationen unserer Zeitung stand das Gastspiel zeitweise sogar auf der Kippe. Denn auch in der Kreisstadt macht die „Panzer-Affäre“ freilich die Runde. Inzwischen gibt es allerdings grünes Licht, was den Steinkirchener Garde-Auftritt angeht. Es habe ein Telefongespräch zwischen dem OCV und ihm gegeben, berichtete der Pfaffenhofener Vize-Bürgermeister Albert Gürtner (FW) am Montagabend auf Anfrage. Der OCV habe sich von dem Panzer klar distanziert und einen „Riesenfehler“ eingeräumt. Man habe sich darauf verständigt, dass der Garde-Auftritt in Pfaffenhofen wie geplant stattfinden kann. 

So folgenlos wie in Pfaffenhofen bleibt es offenbar andernorts nicht. Laut einem Medienbericht wurde ein Gastspiel der OCV-Garde im Münchner Olympia-Einkaufszentrum angesichts der aktuellen Vorkommnisse abgesagt. Und Moll wird mit der Botschaft zitiert, dass noch weitere Auftritte ausfallen – weil die Garde-Mädels nicht mehr fröhlich tanzen wollen.

Bisherige Beiträge zum Thema:

"Asylabwehr"-Panzer wird zum Politikum

"Asylabwehr"-Panzer ist ein Fall für den Staatsanwalt

"Asylabwehr"-Panzer sorgt für Empörung nach Faschingszug


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