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Zur Umgestaltung der Schlachthofstraße hat der Pfaffenhofener Stadtrat zum zweiten Mal seine Meinung geändert – jetzt wurde ein Kompromiss aus den beiden Varianten beschlossen

(ty/zel) Beim Ausbau der Pfaffenhofener Schlachthofstraße gibt es noch einmal einen Stimmungsumschwung zu vermelden. Zunächst hatte der Stadtrat ja den boulevard-artigen Ausbau der Straße favorisiert, sich dann aber in der September-Sitzung einigermaßen überraschend mehrheitlich doch für die von den Anliegern bevorzugte Variante ausgesprochen. Daraufhin wurde hinter den Kulissen noch einmal verhandelt – und in der jüngsten Sitzung ist nun ein Kompromiss beschlossen worden, der ganz offensichtlich den Boulevard-Freunden wie auch den Boulevard-Gegnern gerecht wird. Jedenfalls hat das Gremium diese Variante mit großer Mehrheit abgesegnet.

Die Pfaffenhofener Schlachthofstraße sollte ja bekanntlich nicht boulevard-ähnlich ausgebaut werden – so hatte es der Stadtrat im September nach kontroverser Diskussion mit knapper Mehrheit beschlossen. Damit revidierten weite Teile des Gremiums ihre Meinung vom Februar und sprachen sich nun doch für die so genannte Variante A aus, die auch von den Anliegern favorisiert wurde. Von den Kosten her unterscheiden sich die Varianten A und B kaum, weshalb es tatsächlich vor allem um Geschmacks-, Verkehrs- und Parkplatzfragen ging. Letztlich setzten sich die Boulevard-Gegner mit 13:11 Stimmen durch.

So sieht der Kompromiss aus, der nun beschlossen wurde – genannt: Variante "A.b".

Einen entscheidenden Teil zu diesem Umschwung hatte Altbürgermeister Hans Prechter (CSU) beigetragen, der die Variante B als „Murks“ und  „nicht zumutbar“ geißelte sowie „gravierende Fehler“ sah. Da half es auch nichts, dass Herker seinen Amtsvorgänger daran erinnerte, dass der zuletzt doch noch selbst für die Boulevard-Variante war. „Was hindert uns daran, klüger zu werden?“, konterte Prechter – und sah am Ende die Mehrheit des Gremiums hinter sich. Was insofern bemerkenswert ist, weil die viel beschworene bunte Koalition von SPD, FW, Grünen und ÖDP in diesem Fall nicht geschlossen hinter der von Herker und der Stadtverwaltung favorisierten Boulevard-Variante stand und diese deshalb durchfiel.

Aber nun wurde noch einmal an der bereits beschlossenen Variante gedreht: Aus der beschlossenen Variante A wurde durch Impulse aus Variante B der Kompromiss namens „A.b“. Hinter den Kulissen waren noch einmal Gespräche geführt worden, die den Weg zu einem Kompromiss geebnet haben. „Kernpunkte waren der Allee-Charakter, die versetzte Anordnung der Parkbuchten und ein breiteres Schrammboard an der Westseite und auf der anderen Seite der breite ,Boulevard’ auf der Ostseite“, berichtete Bürgermeister Thomas Herker (SPD) im Vorfeld der jüngsten Sitzung und signalisierte gegenüber unserer Zeitung, dass das Thema noch einmal auf die Tagesordnung gesetzt werden soll – und das ist nun auch passiert. „Mit geringen Modifikationen an der bereits beschlossenen Variante A sollte allen Wünschen Rechnung getragen werden können“, befand Herker.

Die kürzlich beschlossene Variante A unterscheidet sich von der Variante B im Wesentlichen in drei Punkten. Erstens: Bei Variante A werden die Längsparker abwechselnd links und rechts am Straßenrand angeordnet, sodass man praktisch dann im Zick-Zack–Kurs durch die Schlachthofstraße fahren muss – während Variante B alle Parkplätze auf der rechten Seite der Einbahnstraße vorsah. Zweitens: In Variante A stehen die Bäume, die die Park-Zonen flankieren, auf beiden Seiten der Straße, während sie bei Variante B eine Linie auf der rechten Straßenseite gebildet hätten. Drittens: In Variante A gibt es auf beiden Seiten einen mit 2,00 beziehungsweise 2,40 Metern bemessenen Gehweg – während Variante B auf der linken Seite einen 1,00 Meter breiten und auf der rechten einen mit 3,40 Meter bemerkenswert breiten Gehweg vorgesehen hätte, der eben den Boulevard-Charakter erzeugt hätte.

Variante A: So beschloss es der Stadtrat zunächst – nachdem eigentlich Variante B favorisiert worden war: Versetzte Parkflächen, versetzte Bäume, zwei relativ breite Gehwege.

Dem Stadtrat waren bereits im Februar die Planungen des Büros Dömges zum Ausbau der Schlachthofstraße mit den beiden Vorentwurfsvarianten A und B vorgestellt worden. In der Diskussion sprach sich das Gremium seinerzeit klar für die Variante B aus, durch die man „eine enorme Aufwertung des Straßenbereichs erzielen könne“, wie die Stadtverwaltung erinnerte. Einstimmig wurde im Februar auch beschlossen, zusätzlich noch eine kostengünstigere Alternative zu erarbeiten und die drei Varianten dann in einer zweiten Anliegerversammlung mit den Bürgern zu diskutieren. 

In dieser Anliegerversammlung vom 23. Juli wurden dann die beiden Varianten  A und B zur Neugestaltung der Schlachthofstraße vorgestellt und darüber hinaus die kostengünstige Alternative mit den Anwohnern diskutiert. Dabei zeigte sich schnell, dass die kostengünstigere Variante nicht weiter verfolgt werden soll, da sie gestalterisch wenig überzeugend war. Zudem wäre die Kostenersparnis lediglich bei um die 90 000 Euro gelegen. Damit standen also wieder die Varianten A und B zur Diskussion. Nach intensiver Debatte mit den Anliegern wurden sie zur Abstimmung gebeten. Ergebnis: Die deutliche Mehrheit der Anwohner sprach sich für Variante A und damit für eine versetzte Anordnung der Längsparker aus. Als Hauptgrund wurde eine Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit genannt.

Bürgermeister Herker und seine Verwaltung um Stadtbaumeister Gerald Baumann sowie die beauftragten Planungsbüros hielten dennoch weiterhin an der Variante B fest, da bereits durch die geplante Veränderung an der Einfahrt-Situation zur Schlachthofstraße  – die beide Varianten gemeinsam haben – eine deutliche Reduzierung auf Schrittgeschwindigkeit zu erwarten sei und weil bei der Kürze der Straße unverhältnismäßig hohe Geschwindigkeiten ohnehin nicht zu erwarten seien. Zudem würde aus Sicht der Stadtverwaltung eine versetzte Anordnung der Längsparker bei einer Freigabe der Straße als Radlstraße, in der Radler auch entgegen der Einbahnregelung fahren dürfen, eine Gefährdung darstellen. „Darüber hinaus zeichnet sich die Variante B durch den boulevard-artigen Gehweg aus, der als Verbindung zwischen dem künftigen Bürgerpark und der Innenstadt eine wichtige Funktion übernehmen soll.“

Variante B fiel im Stadtrat im September knapp durch, obwohl sie zunächst favorisiert worden war: Alle parkenden Autos auf einer Seite, alle Bäume in einer Linie, links ein schmaler Gehweg, rechts ein Boulevard.

Doch das half alles nichts. In der September-Stadtratssitzung votierte am Ende die knappe Mehrheit für die Zick-Zack-Variante mit Längsparkern links und rechts, zwei ähnlich breiten Gehwegen und damit gegen den Boulevard. Für die stattdessen beschlossene Variante A stimmten alle anwesenden CSU-Räte, die Freien Wähler mit Ausnahme von Andreas Kufer, Angelika Furtmayr von den Grünen, die beiden ÖDP-Räte Reinhard Haiplik und Richard Fischer sowie Manfred "Mensch" Mayer (GfG).

Zuvor wurde kontrovers und ausgiebig diskutiert. Herker warb für die Variante B und redete der Boulevard-Lösung das Wort – auch mit Blick auf die erhofften Besucherströme zur Gartenschau. Angesichts der von den Anwohnern favorisierten Variante A meinte er:  „Wir müssen aus der gesamtstädtischen Perspektive entscheiden.“

CSU-Fraktionschef Martin Rohrmann erklärte, man habe intern das Für und Wider abgewogen, und plädierte im Namen der Christsozialen für Variante A. Seine Argumente: Die wechselseitig angeordneten Parker sorgen für eine Reduzierung des Verkehrsflusses, die beiderseitig gleich breiten Gehwege erhöhen die Sicherheit, der boulevard-artige Charakter komme auch so zur Geltung und mit Bäumen links und rechts wirke das zudem wie eine Allee. Peter Heinzlmair (FW) meinte, jede der beiden Varianten habe ihre Vor- und Nachteile. In der Fraktion habe man sich deshalb auch nicht festgelegt – er ließ aber durchblicken, dass auch er größere Sympathien für Variante A hegt.

Reinhard Haiplik (ÖDP) bewertete das Argument, dass wechselseitiges Parken die Verkehrsgeschwindigkeit drosselt, für stichhaltig. Außerdem erklärte er, es sei nicht gut, wenn man erst Anliegerversammlungen abhalte und die Bürger abstimmen lasse – und dann anders entscheide. Weil die Kosten für die beiden Varianten praktisch gleich seien, könne man den Anliegern auch nicht unterstellen, sie würden auf ihren Geldbeutel schauen, sagte Haiplik und verwies vielmehr auf die von den Anwohnern vorgebrachten Sachargumente. Man müsse die Bürger erst nehmen, appellierte er. Haiplik war indes der einzige, der seine Haltung auch ausdrücklich mit dem Willen der Anlieger begründete.

Dass er und seine Fraktion mit dem Wunsch der Anlieger konform gehen, war für Altbürgermeister Prechter zwar eine „angenehme Zugabe“, doch für ihn ist die Boulevard-Variante B einfach „Murks“. Sie sei „nicht zumutbar“ schimpfe er, weil sie „gravierende Fehler“ enthalte. Die Vollgas-Mentalität der 1970er Jahre wolle man heute nicht mehr, verteidigte er die wechselseitig angedachten Zonen für Längsparker in Variante A.

Steffen Koptzeky (SPD) sah eine Reduzierung beziehungsweise Ausbremsung des Verkehrs schon durch die – beiden Varianten gemeine – künftige Einfahrt-Situation in die Schlachthofstraße. In der Sache müsse man hier zwischen der Sicht der Gesamtstadt und der Sicht der Anwohner unterscheiden, sagte er und verwies auf die Bedeutung der Straße eben nicht nur für Anlieger, sondern für Passanten. Bekanntlich führt die Straße zu dem im Rahmen der Gartenschau auf dem ehemaligen Schlachthof- und Bauhof-Gelände entstehenden, großen Bürgerpark. „Ein neues, grünes Herz wird da schlagen“, formulierte es der Schriftsteller Kopetzky, und die Schlachthofstraße werde geprägt sein vom „Zugehen auf die grüne Lunge“. Die Variante B bezeichnete er jedenfalls als „wesentlich schöner“.


Auch Kopetzkys Parteifreund Peter Feßl warb für Variante B. Seiner Erfahrung nach tragen nämlich versetzte Hindernisse – hier Längsparker – nicht zur Geschwindigkeitsreduzierung bei. Bürgermeister Herker gab ihm Recht und verwies auf mehrere Stellen im Stadtgebiet, wo von den Autofahrern eher versucht werde, solche Zick-Zack-Kurse möglichst „sportlich“ zu bewältigen. 

„Wir sehen B nicht als Murks“, schaltete sich Stadtbaumeister Gerald Baumann an die Adresse von Prechter ein. Der von CSU-Fraktionschef Rohrmann angesprochenen Allee-Wirkung durch versetzte Bäume widersprach er. Und versetztes Parken ist aus seiner Sicht eher von Nachteil. Herker zitierte zudem aus einem Sitzungsprotokoll und hielt Prechter vor, dass der zuletzt noch unmissverständlich für die Boulevard-Variante geworben habe. Prechter tat das mit den Worten ab: „Was hindert uns daran, klüger zu werden?“

Die Vertreterin des Planungsbüros warb in der September-Sitzung noch einmal für die von ihrer Seite favorisierte Variante B. Den Eindruck einer einseitigen Baumreihe, die zum Bürgerpark hinführe, bekomme man mit wechselseitigen Bäumen nicht, betonte sie. Und auch Kopetzky appellierte noch einmal an das ästhetische  Empfinden seiner Ratskollegen. Es gehe hier darum, „das Erlebnis der Passanten zu gestalten“, sagte er. „Wir vergeben eine große Chance, wenn wir uns nur über Verkehr und Parken unterhalten und nicht über das Erlebnis des Fußgängers.“

„Sehr poetisch vorgebracht“, meinte Prechter, ließ sich aber davon ebenso wenig umstimmen, wie vom Einwand Adi Lohwassers (SPD), der darauf verwies, dass Winterdienst, Straßenreinigung und Müllabfuhr viel einfacher seien, wenn die Längsparker nicht versetzt angeordnet seien. „Wir bauen Straßen auch für Autos“, sagte Andreas Kufer (FW) und rührte für die Variante B mit den durchgängig rechts positionierten Längsparkern die Werbetrommel. Versetztes Parken sei „Irrsinn“, befand er, das werde ein Slalom wie auf einer Go-Kart-Bahn – und die Müllabfuhr brauche hier drei Mal so lang. Doch am Ende mussten sich die Boulevard-Sympathisanten der knappen Mehrheit beugen. 

Doch aufgeben wollten Herker, Baumann & Co. dennoch nicht. „Aufgrund der städtebaulichen Relevanz dieser künftigen Fußwegverbindung“ hatte man inzwischen vom Planungsbüro eine weitere Variante erarbeiten lassen – den nun in der Oktober-Sitzung zur Debatte stehenden Kompromissvorschlag. Der war zuvor dem Bauausschusses auch bereits nicht-öffentlich vorgestellt und „als sinnvolle Weiterentwicklung der beschlossenen Variante befürwortet“ worden, wie es aus dem Rathaus hieß.

Diese nun entwickelte Variante „A.b“ stellt aus Sicht der Stadtverwaltung einen Kompromiss zwischen der Lösung mit einer einseitigen, stark betonten Promenade und der Lösung mit zwei gleichberechtigten Gehwegbreiten und mit alternierenden Stellplätzen dar. Der neu entstehende Bürgerpark wird nach dieser Variante mit einem rund drei Meter breiten Gehweg an den Stadtkern angeschlossen. Auf der Nord-West-Seite entsteht ein etwa 1,50 Meter breiter Gehweg, der dadurch die üblichen Mindestanforderungen an Gehwegbreiten erfüllen kann. Die Parkplätze bleiben – wie schon im September beschlossen – wechselseitig angeordnet, gepflastert und von Bäumen eingefasst, wodurch auch dem Wunsch der Anlieger nach alternierenden Stellplätzen nachgekommen werden kann.

Stadtbaumeister Baumann sprach von einer „Symbiose“ der beiden Varianten A und B. Auch Herker attestierte eine „geglückte Fusion“. Manfred „Mensch“ Mayer betonte, das Wichtigste sei, dass die erhoffte Reduzierung der Verkehrsgeschwindigkeit eintrete. Mit der gestalterischen Kompromisslösung könne er leben; und er gehe auch davon aus, dass „A.b“ auch den Anliegern gefalle. Diskutiert wurde nicht mehr groß – am Ende stimmten mit Ausnahme von Max Knorr und Andreas Kufer von den Freien Wählern alle für diesen Kompromiss „A.b“.


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