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Heute begann der Prozess gegen Sebastian K. wegen Parteienverrat und Beihilfe zur Anstiftung einer Falschaussage 

(ty) Es ist die normalste Sache der Welt, das ein Anwalt vor Gericht steht. In aller Regel tut er das jedoch nicht als Angeklagter. Der Ingolstädter Anwalt Sebastian K. aber tut genau das. Seit heute muss er sich vor dem Amtsgericht wegen Parteienverrat in zwei Fällen und zudem wegen der Beihilfe zur Anstiftung zur Falschaussage verantworten. Genau das wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor. Zwar ist der Fall längst nicht von der Dimension wie der des Strafverteidigers Max S., der vor vielen Jahren unrühmlich Geschichte geschrieben hatte, weil er seine Mandanten um horrende Summen geprellt hatte und dafür hinter Gitter gewandert war. Aber ganz trivial sind die Vorwürfe für einen Anwalt auch nicht, denen sich Sebastian K. ausgesetzt sieht.

Der Anwalt und CSU-Politiker, der erst im vergangenen Jahr seine politischen Ambitionen als Bezirkstagskandidat sozusagen zu den Akten legen musste, weil Patrizia Klein an ihm vorbeigezogen war, soll – so die Staatsanwaltschaft – in zwei Fällen jeweils beide Parteien vertreten haben, was ihm nun den Vorwurf des Parteienverrates eingebracht hat. Und 2013 soll er einer Mandatin, die einen Mann geprügelt und getreten hatte, dabei geholfen haben, das Opfer dazu zu bewegen, die eigene Aussage und den Strafantrag zurückzunehmen und stattdessen vor Gericht die Unwahrheit zu sagen. Der so „Beratene“ wurde damals wegen uneidlicher Falschaussage festgenommen.

Die Fälle, um die es geht, sind durchaus komplex. Und der Straftatbestand des Parteienverrates nicht gerade leicht zu belegen. Unangenehm ist so ein Verfahren gegen einen Anwalt für den Betroffenen aber allemal. Deswegen wohl beantragte Sebastian K. heute gleich mal zu Beginn der Verhandlung, die Öffentlichkeit auszuschließen. Zum Schutz seiner Mandantschaft, wie er sagte. Und wohl ein klein wenig zum eigenen Schutz, was er nicht sagte. Der Antrag wurde von Richter Michael Fein jedoch abgelehnt.

In einem Fall, über den heute verhandelt wurde – insgesamt ist der Prozess auf drei Tage angelegt, könnte aber auch länger dauern – gibt es indes kaum schützenswerte Mandanten. Denn die betroffenen türkischen Staatsbürger sind abgetaucht. Wo sie sich aufhalten, wissen das Gericht und der Angeklagte jedenfalls nicht. Zumindest nicht mehr in der Ingolstädter Baldestraße, wo der Fall spielte. Beteiligt war ein türkisches Geschwisterpaar. Beide vorbestraft, beide mit einem weiteren Verfahren vor sich, das für beide Gefängnis hätte bedeuten können. Es ging um eine Morddrohung gegen einen Nachbarn. Auslöser war der Streit um einen zu lauten Hund.

Die Schwester hätte aussagen sollen, es habe keine Drohung gegeben. Um sich jedoch ihre eigene Freiheit zu erkaufen, musste sie als Kompromiss sozusagen in ihrer Aussage offen lassen, ob ihr Bruder die Todesdrohung ausgestoßen hatte. Das war der Deal mit der Richterin. Denn ihr hätte zu jenem Zeitpunkt in einem anderen Verfahren Knast gedroht. Was bedeutet hätte, dass die geschiedene Frau ihre kleine Tochter hätte allein lassen müssen. Also verständigte man sich auf den Kompromiss, der sie nicht zu einer Falschaussage gezwungen hat. Sie habe – so der Kompromiss – einfach nicht alles gehört, was damals gesprochen worden sei. Sie hatte Glück und kam mit Bewährung davon, der Bruder ging hinter Gitter.

So weit, so gut. Wäre nicht Sebastian K. der Anwalt beider gewesen und das bei nicht gerade parallel laufenden Interessen, wie es der Staatsanwalt heute formulierte. „Wenn zwei Beschuldigte im Spiel sind, lässt man die Finger weg“, meinte der Staatsanwalt.

Das sieht Sebastian K. anders. „Wenn beide Mandanten dasselbe wollen, gibt es keinen Interessenkonflikt“, meinte er. Probleme habe er jedenfalls nicht gesehen. Und seine Mandanten seien damals sogar so zufrieden gewesen, dass sie ihn nach der Verhandlung herzlich beschenkt hätten. Mit gerösteten Pistazien und einem gehäkelten Handtuch. Immerhin.

Auch der zweite Fall ist recht undurchsichtig. Dabei geht es um den Konkurs eines Ingolstädter Geschäftsmannes, dubiose Abhebungen von einem Liechtensteiner Konto, Steuerschulden in Millionenhöhe und die Frage, ob die Summe, die der insolvente Geschäftsmann auf das Konto seiner Lebensgefährtin überwiesen hatte, nun eine Schenkung war oder ein Darlehen, wie er später sagte. Auch in diesem Fall war Sebastian K. der Anwalt des Geschäftsmannes und der der damaligen Lebensgefährtin. Interessenkonflikt? Parteienverrat? Diese Fragen soll der nächste Verhandlungstag klären helfen.


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