Die Verbraucherorganisation Foodwatch nimmt den Babynahrungshersteller erneut ins Visier. Es geht um den Zuckergehalt von Instant-Tees der Tochterfirma Bebivita.
(zel/ty) „Dafür stehe ich mit meinem Namen.“ Mit diesem Slogan wirbt Claus Hipp für die Qualität der in seinem Haus produzierten Babynahrung. Die Verbraucherorganisation „Foodwatch“ hat das in Pfaffenhofen ansässige Unternehmen nun wieder ins Visier genommen. Unter der Überschrift „Wofür Claus Hipp nicht mit seinem Namen steht“ wird kritisiert, dass Hipp zwar im vergangenen Jahr nach Kritik Zuckergranulat-Tees für Kleinkinder vom Markt genommen habe, diese aber bis heute unter dem Namen „Bebivita“ weiterverkaufe. Das Tochterunternehmen Bevivita widersprich: „Dies ist nicht korrekt: Die betreffenden Kinder-Tees sind bereits seit über zehn Jahren Bestandteil des Bebivita-Produktsortiments.“
Bereits im vergangenen Jahr hatte Foodwatch dem Pfaffenhofener Babynahrungshersteller den „Goldenen Windbeutel“ für die dreisteste Werbelüge verliehen. Es ging um den Zuckergehalt von Kindertees. Hipp widersprach; konnte den Negativpreis nicht nachvollziehen. Nun haben die Verbraucherschützer das Traditionsunternehmen erneut auf dem Kieker: „Für Bebivita, eine 100-prozentige Tochterfirma, hat Hipp offenbar die eigenen Maßstäbe außer Kraft gesetzt“, wettert Foodwatch: „Der Instant-Kinder-Früchtetee widerspricht allen gängigen Ernährungsempfehlungen und ist auch noch mit einem Zusatzstoff versehen, den Hipp selbst als ,zahnschädlich’ bezeichnet.“ Mit einem Brief und einer E-Mail-Aktion habe Foodwatch Firmenchef Claus Hipp bereits aufgefordert, die Produkte einzustellen.
Nach Kritik nahm Hipp im vergangenen Jahr Zuckergranulat-Tees vom Markt. Foodwatch kritisiert nun, dass diese unter dem Namen der Tochterfirma Bebivita weiter verkauft werden.
Der Vorwurf von Foodwatch lautet konkret: Unter der Marke Bebivita vertreibe Hipp für Kinder ab zwölf Monaten Früchtetees aus Granulat, das zu 94 Prozent aus Zucker bestehe. „Das widerspricht dem oft postulierten Anspruch von Hipp, ,kindgerechte’ und ,gesunde’ Produkte für Kinder anzubieten: Allen gängigen Ernährungsempfehlungen zufolge sollten Kinder Tee nur ungesüßt trinken.“ Außerdem enthielten die Bebivita-Tees das Säuerungsmittel Zitronensäure (E 330), das bei der Marke Hipp unter Verweis auf gesundheitliche Gründe nicht eingesetzt werde. „In der Öffentlichkeit rühmte sich das Unternehmen, dass die Hipp-Produkte ,keinerlei zahnschädliche Zitronensäure’ enthielten. Bei Bebivita gelten diese Bedenken offensichtlich nicht.“
Bebevita selbst teilt dazu auf Anfrage unserer Zeitung mit: „Die aktuellen Bebivita-Kinder-Tees enthalten im trinkfertigen Zustand lediglich 1,9 Gramm Zucker je 100 Milliliter. Ein Vergleich des reinen Granulats, wie Foodwatch ihn anstellt, hält unseres Erachtens nicht stand, da Granulat nie pur gegessen, sondern immer in Flüssigkeit aufgelöst wird.“ Durch die geringe Dosierung wiesen die Tees bei korrekter Zubereitung kaum noch Süßgeschmack auf und seien außerdem kalorienarm. Der Zuckergehalt von 1,9 Gramm je 100 Milliliter werde gut sichtbar auf der Etiketten-Vorderseite der Kinder-Tees angegeben, damit Eltern über die Produkteigenschaften transparent informiert seien. Weiter erklärt Bebivita, man reduziere beziehungsweise eliminiere kontinuierlich den Zuckerzusatz in den Produkten, um Verbraucherwünsche und aktuelle ernährungswissenschaftliche Empfehlungen umzusetzen.
Zu dem Vorwurf in Sachen Zitronensäure wird von dem Hipp-Tochterunternehmen erklärt: „Bebivita verzichtet, wo immer möglich, bei seinen Teegetränken auf den Zusatz von Zitronensäure. Unsere Fencheltees beispielsweise enthalten keine Zitronensäure. Der in der Pressemitteilung von Foodwatch genannte Bebivita-Früchtetee weist lediglich Spuren von Zitronensäure auf (100 ml enthalten 0,016 Prozent Zitronensäure).“
Foodwatch kommt derweil zu einem ziemlich bissigen Fazit: „Es gibt Produkte, für die Claus Hipp nicht mit seinem Namen stehen will – die verkauft er dann eben einfach unter dem Namen Bebivita“, erklärte Oliver Huizinga, Experte für Lebensmittelwerbung bei Foodwatch. „Man möchte es Herrn Hipp so gern abnehmen, dass es nicht nur um Profit, sondern wirklich auch um die Gesundheit der Kinder geht – die Produktpolitik bei der Tochterfirma Bebivita legt eher den gegenteiligen Eindruck nahe. Klar ist: Tee braucht gar keinen Zucker – da hilft es auch nicht, wenn sich Hipp mit Apfelschorle oder Limonade vergleicht.“
Im vergangenen Jahr hatte Hipp zu den kritisierten Instant-Tees erklärt: „Der Zuckergehalt entspricht mit nur 3,8 Prozent dem einer Apfel-Saftschorle in einem Mischungsverhältnis von zwei Teilen Wasser und einem Teil Saft.“ Darüber hinaus unterlägen alle Hipp-Tees den strengen Vorschriften der Diätverordnung, die alle Produkte für Kinder unter drei Jahren einhalten müssten. „Neben den deutlich strengeren Schadstoffgrenzen enthalten die Produkte außerdem keinerlei Farbstoffe, künstliche Aromen oder zahnschädliche Zitronensäure, wie sie in herkömmlichen Instant-Tees und Kindergetränken Standard sind.“
Foodwatch hatte die Hipp-Instant-Tees im Mai vergangenen Jahres erstmals kritisiert. Innerhalb weniger Tage hatten nach eigenen Angaben bereits 10 000 Verbraucher eine Beschwerde-E-Mail an das Unternehmen unterzeichnet. Im Juni verlieh Foodwatch dann dem Unternehmen den „Goldenen Windbeutel 2012“ als Negativpreis für die Werbelüge des Jahres. Hipp erklärte damals, man könne das absolut nicht nachvollziehen, und teilte mit: „ Fakt ist, dass Hipp die kritisierten Produkte gar nicht bewirbt. Folglich müsste sich der Vorwurf der ,Werbelüge’ allein auf die Angaben auf der Verpackung beziehen. Auf der Verpackung aber wird transparent und für den Verbraucher deutlich erkennbar der Zuckergehalt der Produkte angegeben – und zwar mit 3,8 Prozent Zucker im trinkfertigen Produkt. Von einer ,Werbelüge’, wie die Organisation es nennt, kann also nicht die Rede sein.“
Zu der nun an Bebivita geübten Kritik stellt das Unternehmen klar: „Unsere Rezepturen und Zutaten entsprechen grundsätzlich den strengen Anforderungen für Babynahrung. Wir verwenden ausschließlich Zutaten aus Vertrags-Anbau und von Vertrags-Lieferanten, bei denen die Anbau-Richtlinien bereits im Vorfeld geregelt sind und die nach strikten Kriterien auf Rückstände untersucht werden. Die Vorgaben, die wir dabei anlegen, sind deutlich strenger als vom Gesetzgeber vorgegeben.“ Weiter wird betont: „Wir verwenden keine gentechnisch veränderten Rohstoffe und setzen auf Milch aus gentechnikfreier Fütterung. Zudem verzichten wir, wo immer möglich, auf den Einsatz von Palmöl beziehungsweise verwenden zertifiziertes Bio-Palmöl aus nachhaltiger Forstwirtschaft.“ Bebivita werde als eigenständige Marke des Unternehmens Hipp geführt und verfüge dementsprechend über ein eigenes Produktmanagement, das Produkte gemäß den Verbraucherbedürfnissen und aktuellen ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen entwickle.