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Geplante Verlegung der B 300 macht's möglich: In dem Hohenwarter Ortsteil könnten bis zu 40 Asylbewerber untergebracht werden – doch das wären den Einwohnern des 400-Seelen-Dorfs zu viele

Von Tobias Zell 

Im Hohenwarter Ortsteil Weichenried sorgt die geplante Unterbringung von Flüchtlingen für eine gewisse Unruhe. Nein, es geht nicht darum, dass man keine Asylbewerber aufnehmen will. Aber die im Raum stehende Zahl – möglich wären bis zu 40 Personen – ist manchem zu hoch; das Dorf zählt nur rund 400 Einwohner. Rathauschef Manfred Russer (CSU) bekam die Sorgen der Einheimischen gestern bei einer Bürgersprechstunde zu spüren. Rund 100 Leute seien dagewesen, berichtet er. Man habe ihm auch eine Unterschriften-Liste überreicht, in der sich die Unterzeichner seinen Worten zufolge für eine „sozialverträgliche Gestaltung“ aussprechen. Will sagen: Deutlich weniger als 40 Flüchtlinge sollen es bitte sein und am besten Familien.

Der Hintergrund der Geschichte ist durchaus ungewöhnlich: Weil die Bundesstraße 300, auf der jeden Tag Tausende von Autos und Lastwagen durch den Ort rollen, um Weichenried herumgelegt werden soll, bietet sich für die Kommune die Gelegenheit, bis zu 40 Flüchtlinge in dem Dorf unterzubringen. Denn im Vorgriff der Baumaßnahme wurden vier Anwesen vom Staat aufgekauft – diese Grundstücke werden, vereinfacht gesagt, für einen Lärmschutzwall gebraucht. „Lange, zähe Verhandlungen“ seien das Gewesen, berichtet Russer.  Viel Überzeugungsarbeit habe man leisten müssen, außerdem ging es um Tauschgrundstücke und Ausgleichszahlungen. Aber das ist wieder eine eigene Geschichte. 

Zwei leer stehende Anwesen 

Jedenfalls: Eines der vier abgelösten Anwesen ist nicht mehr bewohnbar, sagt Russer. In einem zweiten Haus lebe derzeit noch die Familie, bis ihr gerade entstehender Neubau fertig ist. Zwei Gebäude sind aber bereits leer. Die vier Anwesen stehen derzeit unter der Verwaltung des Staatlichen Bauamts Ingolstadt, berichtet der Bürgermeister, dem angesichts des nicht abreißenden Flüchtlingsstroms die Idee kam, in die beiden freien Gebäude übergangsweise Asylbewerber einzuquartieren. 

Denn auch in der Gemeinde Hohenwart sucht man händeringend nach Unterkünften. Die 19 Kommunen im Landkreis Pfaffenhofen haben sich bekanntlich im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung bereit erklärt, jeweils zwei Prozent ihrer Einwohnerzahl an Flüchtlingen aufzunehmen. Zugleich wollen sich die Gemeinden darum kümmern, die dafür nötigen Quartiere zu akquirieren oder notfalls selbst zu bauen. 

"In der Bevölkerung sind Ängste da" 

Zwei Prozent, das bedeutet für die Gemeinde Hohenwart: 90 Asylbewerber. 50 sind hier bereits untergebracht, allesamt im Hauptort. Fehlen also noch Plätze für 40 Personen. Und jetzt kommen also die beiden leerstehenden Anwesen in Weichenried ins Spiel. Man habe diese bereits besichtigt, berichtete Russer heute im Gespräch mit unserer Zeitung – und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Gebäude erstens sehr gut eignen und dass zweitens hier bis zu 40 Leute einziehen könnten. 

Damit hätte die Gemeinde auf einen Schlag ihr Soll erfüllt. Aber so einfach ist das alles nicht. Denn die Unterbringung von Flüchtlingen ist eben mehr als ein Rechenspiel. Das weiß freilich auch Russer – und zwar nicht erst seit der gestrigen Bürgersprechstunde. „In der Weichenrieder Bevölkerung sind Ängste da“, bestätigt er. Und es gibt auch Argumente dafür, dass Weichenried nicht der optimale Ort ist für 40 Flüchtlinge. Einerseits verfügt das Dorf über eine Bus-Anbindung und einen Kindergarten. Andererseits gibt es bis auf einen Tankstellen-Shop keine Einkaufsmöglichkeiten. Und auch sonst ist nicht viel geboten. „Hier ist nichts“, sagt uns ein Einwohner, „den Flüchtlingen wird hier langweilig.“

"Fakt ist, dass in Weichenried Flüchtlinge untergebracht werden"

Der Bürgermeister weiß das freilich alles. Er verweist aber auch darauf, dass es Ortsteile gibt, die aus infrastruktureller Sicht erst recht nicht in Frage kommen. Zugleich räumt er ein: „Ich sehe schon, das 40 Flüchtlinge für einen 400-Einwohner-Ort viel sind.“ Die Zahl 40 will er deshalb auch gar nicht in Stein gemeißelt wissen. „Ich habe gesagt, dass hier bis zu 40 Personen untergebracht werden können.“ In einem Punkt aber hat sich Russer festgelegt: „Fakt ist, dass in Weichenried Flüchtlinge untergebracht werden müssen.“ Denn der Druck, Unterkünfte zu akquirieren, sei eben groß.

Russer hat aber noch ein zweites Eisen im Feuer: Ein ehemaliges Bürogebäude in Hohenwart, das zwischendurch als Praxis genutzt worden war. Diese Räumlichkeiten könnten zur Unterkunft für bis zu 30 Flüchtlinge umfunktioniert werden, sagt er. Allerdings seien hier erst noch Umbau-Maßnahmen nötig. 

Hohenwart ist jedenfalls auf dem besten Weg, seine Zwei-Prozent-Quote zu erfüllen. Danach ist aus Sicht von Russer aber auch erst einmal Schluss. „Dann brauchen wir eine neue Diskussion im Kreis der Bürgermeister, wie wir weiter machen wollen. Es kann nämlich nicht sein, dass die Gemeinden, die dann zufällig noch weitere Plätze haben, drei oder vier Prozent aufnehmen“, sagt Russer, der auch der Sprecher der 19 Rathauschefs im Landkreis ist.

Viele tausend Fahrzeuge schieben sich täglich durch Weichenried – deshalb soll die B 300 um den Ort herum verlegt werden.

In Weichenried ging übrigens zuletzt sogar die Sorge um, dass durch die Belegung der vom Staat erworbenen Anwesen die Verlegung der B300 in Gefahr sei. Diesbezüglich kann Russer beruhigen. „Das Projekt ist nicht gefährdet, das ist sicher.“ Die Verlegung der B300, für die man so lange gekämpft und gearbeitet habe, sei davon unberührt. Etwas anderes zu behaupten, „ist völlig abwegig“.

In diesem Zusammenhang unterstreicht Russer, dass die Nutzung der beiden Anwesen als Asyl-Unterkunft nur übergangsweise gedacht ist. Damit meint er: „Maximal zwei Jahre.“ So sei das auch vom Staatlichen Bauamt vorgesehen. Außerdem sollen die Weichenrieder nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Deshalb gibt es demnächst eine Info-Veranstaltung, und Russer versichert: Vor diesem Termin werde es keine Belegung der beiden ins Auge gefassten Weichenrieder Anwesen geben – und es sollen bis dahin auch keine Verträge unterschrieben werden. 

Info-Abend mit Russer, Wolf und Straub 

Am 25. Februar ab 19 Uhr findet im Gasthaus Kreitmayr in Lindach diese Info-Veranstaltung der Gemeinde zu geplanten Flüchtlings-Unterkünften statt. Neben Russer kommen Landrat Martin Wolf (CSU), der Landtagsabgeordnete Karl Straub (CSU) sowie die beiden zuständigen Abteilungsleiter am Landratsamt, Niklas Hafenrichter und Sonja Schweitzer. 

An diesem Abend werden die Weichenrieder sicher noch einmal ihre zentralen Anliegen vorbringen. Erstens: Es sollten deutlich weniger als 40 Asylbewerber werden. Zweitens: Am liebsten hätte man Familien. Was die Anzahl angeht, scheint – mit Blick auf die zweite anvisierte Unterkunft im Kernort – ein Kompromiss möglich. Im zweiten Punkt dürfte man weniger Spielraum haben. Denn man muss eben die Asylbewerber unterbringen, die dem Landkreis Pfaffenhofen von der Regierung von Oberbayern zugewiesen werden. Und das sind halt zum großen Teil junge Männer. Trotzdem will Russer mit dem Landratsamt abklären, was möglich ist. 

"Bei 40 Leuten wird hier nix freiwillig passieren" 

Der Bürgermeister hat die Weichenrieder bereits vorab gebeten, die Flüchtlinge freundlich und respektvoll aufzunehmen. Er erwartet außerdem, dass sich im Ort ein ehrenamtlicher Helferkreis bildet, der sich um die Asylbewerber kümmert und ihnen die Integration erleichtert. „Bei 40 Leuten wird hier nix freiwillig passieren“, sagte uns heute ein Einheimischer. Ob er für die Haltung der meisten Dorfbewohner spricht, das wird sich vermutlich beim Info-Abend am 25. Februar zeigen.


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