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Post-Angestellte war bei winterlichen Verhältnissen im Hof des Zustell-Stützpunkts böse gefallen – Ihre Versicherung wollte deshalb Geld vom Grundstücks-Eigentümer. 

(ty) Das Wetter passte zum Urteil: Als das Oberlandesgericht (OLG) München kürzlich per Beschluss der Klägerseite ihre gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt eingelegte und sodann auf Hinweis des Senats zurückgenommene Berufung verlustig erklärte, herrschen vor dem imposanten Backsteingebäude des Oberlandesgerichts unweit des Münchener Stachus  Temperaturen um den Gefrierpunkt.  Gegenstand des über gut ein Jahr durch zwei Instanzen geführten Rechtsstreits war einmal mehr die Frage, wie weit die Streu-Pflichten reichen und ob nicht Schadensersatzansprüche aus deren Verletzung resultieren.

Dieses Mal ging es aber nicht um die Räum- und Streupflichten der öffentlichen Hand, sondern um die Pflichten privater Grundstückseigentümer. Klägerin war eine gesetzliche Unfallversicherung, die Ansprüche ihrer Versicherten aus der vermeintlichen Verletzung der Streupflicht gegen den Grundstückseigentümer geltend machte.

Was war passiert: Am 21. Januar 2013 gegen 10 Uhr war die bei der Klägerin versicherte H. bei ihrer Tätigkeit als Postangestellte auf dem Posthof des Zustell-Stützpunktes in Wolnzach zu Fall gekommen. Bereits seit etwa 7.30 Uhr hatte es nach den eingeholten Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes leichten bis mäßigen Schneefall gegeben, der bis in die Nachmittagsstunden andauerte.

Die Klägerin vertrat vor Gericht die Ansicht, dass die Grundstückseigentümer für die sturzbedingten Verletzungen der H.  – insbesondere eine Sprunggelenksfraktur – haften müsse, da der beklagte Grundstückseigentümer seiner Verkehrssicherungspflicht – also seiner Pflicht die von seinem Eigentum ausgehenden Gefahren in Form des Glatteises zu beseitigen – nicht ausreichend nachgekommen sei. Insbesondere hätten sich auf dem Postgelände aus den Tagen zuvor Glatteisreste befunden, die trotz mehrtägigen niederschlagsfreien Wetters nicht gestreut worden seien. Durch den Neuschnee bedingt sei H. auf einer dieser glatten Stellen ausgerutscht. Insgesamt wollte die Klägerin daher gut 15 000 Euro an Heilbehandlungs- und Lohnausfallkosten ersetzt haben.

Der Beklagte stellte sich hingegen auf den Standpunkt, dass er alles Nötige getan habe. Er habe seine Streupflicht an eine Privatfirma übertragen – diese habe den Platz vollumfänglich und gründlich um 6 Uhr morgens geräumt. Zudem sei er während des laufenden Schneefalls nicht zur Räumung verpflichtet gewesen. Vielmehr hätte H. besser aufpassen müssen – denn bei winterlichen Verhältnissen müsse man mit vereinzelten glatten Stellen stets rechnen.

Um die Frage zu klären, ob der Beklagte seine Streupflicht verletzte, vernahm das Landgericht im Rahmen der Beweisaufnahme gleich mehrere Zeugen. Hierbei konnte das Gericht die Überzeugung gewinnen, dass letztlich der Beklagte alles Erforderliche und Zumutbare getan hatte, um ein solches Geschehen zu verhindern. Mehr könne von ihm rechtlich nicht verlangt werden. Dass die Fläche vor dem einsetzenden Schneefall bestmöglich geräumt war, stand daher für das Gericht fest.

Und es bestätigte die Beklagtenseite in der auch langjährigen Ansicht in der Rechtsprechung, wonach für Private folgende Maßstäbe gelten: Bei durchgängigem Schneefall ist ein erneutes Räumen untertags nicht erforderlich. Der Nutzer des Weges hat gerade keinen Anspruch auf Räumung frei von jeder glatten Stelle. Vielmehr muss er mit vereinzelten solchen Stellen rechnen und sich danach richten – der Bundesgerichtshof hat hierfür den Begriff der Anpassungspflicht –  also die der eigenverantwortlichen Anpassung an die gegebenen Verhältnisse – geprägt. Und genau dies hatte die bei der Klägerin versicherte H. nicht ausreichend beachtet.       

Das Landgericht Ingolstadt hatte die Klage daher durch Urteil vom 30. Mai vergangenen Jahres vollumfänglich abgewiesen. Und das OLG München sah nun für die von der Klägerin eingelegte Berufung aufgrund der Urteilsbegründung des Langerichts Ingolstadt ein paar Monate später keinerlei Raum. Die Klägerin nahm daher auf Hinweis des OLG ihre Berufung  zurück – wohl akzeptierend, dass es halt auch Fälle gibt, in denen kein anderer feststellbar Schuld war als der oder die Verletzte selbst.        


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