Das seien 19 Prozent der Vollzeit-Beschäftigten, erklärt die Industrie-Gewerkschaft "Bauen, Agrar, Umwelt" und spricht von Lohn-Drückerei.
(ty) "40 Stunden Arbeit pro Woche und trotzdem bleibt es klamm im Portemonnaie." So fasst die Industrie-Gewerkschaft "Bauen, Agrar, Umwelt" (IG Bau) die Situation zusammen und spricht von "Lohn-Drückerei". Aktuell arbeiten ihren Angaben zufolge im Kreis Pfaffenhofen 19 Prozent aller Vollzeit-Beschäftigten im Niedriglohn-Sektor. Insgesamt rund 5600 Menschen erzielen demnach im Landkreis trotz voller Stundenzahl ein Einkommen unterhalb der amtlichen Niedriglohn-Schwelle von derzeit 2350 Euro brutto im Monat für Westdeutschland.
Die genannten Zahlen gehen laut heutiger Mitteilung der Industrie-Gewerkschaft aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Fraktion im deutschen Bundestag hervor. "Dass selbst eine Vollzeit-Stelle häufig nicht ausreicht, um finanziell halbwegs abgesichert zu sein, ist alarmierend", sagt Michael Müller, der Bezirksvorsitzende der IG Bau für Oberbayern. In der Region zählten unter anderem die Landwirtschaft, die Gebäude-Reinigung und die Floristik zu den Branchen, in denen besonders wenig gezahlt werde. Grund dafür sei auch die schwindende Tarifbindung.
"Je mehr Firmen aus Tarif-Verträgen aussteigen, desto schlechtere Karten haben die Beschäftigten", proklamiert Müller und warnt in diesem Zusammenhang: "Es droht eine immer tiefere Spaltung des Arbeitsmarktes." Und diese werde seinen Worten zufolge durch die Corona-Pandemie teils noch verschärft: Beschäftigte im Handwerk könnten nämlich nur selten Home-Office machen. Und wegen hoher Mieten in den Städten müssten sie außerdem oft weite Pendelwege in Kauf nehmen, heißt es von der Gewerkschaft.
IG-Bau-Bezirkschef Müller ruft jedenfalls die Unternehmen im Landkreis Pfaffenhofen dazu auf, sich zu Mitbestimmung und Tarif-Autonomie zu bekennen: "Die Sozialpartnerschaft ist ein Erfolgsmodell, das den Beschäftigten – und den Betrieben – über Jahrzehnte wachsenden Wohlstand beschert hat. Sie darf nicht unter die Räder kommen", fordert er. "Nach Untersuchungen der Hans-Böckler-Stiftung profitieren davon auch die Firmen", erklärt die Gewerkschaft. In tarifgebundenen Unternehmen steige die Produktivität und die Mitarbeiter seien motivierter.
"Aber auch die Politik ist am Zug. Sie sollte mehr für die Tarifbindung tun", findet Müller und nennt das Beispiel des Maler- und Lackierer-Handwerks: "Dort haben Gesellen Anspruch auf einen tariflichen Mindestlohn von 13,50 Euro pro Stunde. Diese Lohn-Untergrenze wurde von der Politik für die ganze Branche zur Pflicht gemacht." Zum Vergleich: Der gesetzliche Mindestlohn liege aktuell bei 9,35 Euro pro Stunde. "Klar ist aber auch", meint Müller: "Je mehr Menschen sich in den Gewerkschaften engagieren, desto mehr lässt sich gegenüber den Arbeitgebern herausholen."