Der Pfaffenhofener Stadtjurist Florian Erdle ist Herrnbräu-Fastenprediger in Ingolstadt – dort muss er ausgerechnet zwischen der Kommunalwahl und einer höchstwahrscheinlichen Stichwahl um den OB-Posten ran.
Von Tobias Zell
Während man Angestellten kommunaler Verwaltungen mitunter eine gewisse Spaßfreiheit attestiert, tritt er regelmäßig den Gegenbeweis an. Florian Erdle, berufsmäßiger Stadtrat und Stadtjurist von Pfaffenhofen, hat es nicht nur mit den Paragrafen, sondern vor allem mit geschliffenen Worten, beißender Ironie und mehrdeutigen Untertönen. Und während die Pfaffenhofener freiwillig oder unfreiwillig das ganze Jahr über immer wieder in den Genuss seiner Wort-Akrobatik kommen, müssen die Ingolstädter bis zum Herrnbräu-Starkbierfest warten.
Am 18. März in der Schanzer Rutsch’n – ausgerechnet zwei Tage nach der Kommunalwahl und noch vor der als wahrscheinlich geltenden Stichwahl um den OB-Posten auf der Schanz. Doch diese Ungewissheit, was die künftige Besetzung des Chefsessels im Rathaus angeht, bringt den Fastenprediger Erdle nicht aus dem Konzept – er nimmt ohnehin keine Rücksicht.
Der Rutschn-Auftritt in Ingolstadt stellt natürlich jedes Mal wieder eine große Aufgabe dar, räumt Erdle ein, „aber an den Aufgaben wächst der Mensch bekanntlich“. Nur eine Befürchtung müsse man im Dunstkreis von Schanz und Schutter, Rathausplatz und Landgericht, Gerolfing und Milchstraße, ERC und GKO nicht haben, stellt er gleich klar – und zwar, dass einem die Themen für eine dreiviertelstündige Rede ausgehen könnten. „Ingolstadt bietet in jeglicher Hinsicht so viel, dass es höchstens schwierig ist, eine Satire nicht zu schreiben“, findet er. „Das muss eine Stadt erst einmal schaffen.“
„Ob allerdings mein Ruhm als Schanzer Starkbierredner dazu beigetragen hat, dass kürzlich auch die stets verlässliche Ingolstädter Verkehrspolizei wohnhausnah mit mir Kontakt aufgenommen und mit hoher Trefferquote den einzigen überzeugten Antialkoholiker der Pfaffenhofener Innen- stadt mit Assistenzaufgaben bei der Überprüfung der Funktionsfähigkeit eines polizeieigenen Alkomat-Geräts betraut hat, müsste die hochverehrte Firma Kimmelzwinger & Co. beantworten“, witzelt Erdle – und allen, die es mit Namen nicht so haben, sei verraten: Walter Kimmelzwinger ist der Chef des hiesigen Polizeipräsidiums.
Aber, wie gesagt. Eine Besonderheit gibt es heuer, wenn der Antialkoholiker Erdle zu seiner Starkbier-Rede anhebt: Sie liegt zeitlich womöglich zwischen zwei Wahlen. Nun könnte man meinen, dass sich Erdle angesichts dieser Unsicherheit, wen er denn als Verlierer peinigen oder als möglichen Sieger ins Rampenlicht witzeln könnte, schon mal die Haare rauft. Doch keinesfalls, der Jurist zeigt sich vielmehr überaus unbeeindruckt. „Bei meiner gewohnt myokardisch-zeitnahen Arbeitsweise, die nicht befürchten muss, dass etwa ein im Dezember bühnenreif verfasster Text durch Ereignisse im Februar überarbeitungsbedürftig würde, stellt mich die kurzfristige Reaktion auf womöglich geänderte Rahmenbedingungen durch den 16. März nicht wirklich vor ein Problem“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. „Ich verunglimpfe jeden, das ist mir wurscht.“
Doch es gibt dennoch etwas, was Florian Erdle vor eine kleine Herausforderung stellt, wie er verrät. „Als nicht ganz unspannend erweist sich diesmal die terminliche Koinzidenz, dass die bayerischen Gemeindewahlen auch in meiner Heimatstadt stattfinden und der dortige Gemeindewahlleiter, ein gewisser Erdle, damit beschäftigt sein wird, dienstlich die Pfaffenhofener Wahlen möglichst rechtssicher abzuwickeln, und parallel, wenn auch nicht gleichzeitig, privat die Ingolstädter Ergebnisse möglichst treffsicher aufzuspießen.“ Dass Erdle indes seine beruflichen Aufgaben in Zusammenhang mit der Pfaffenhofener Kommunalwahl mit den Vorbereitungen für die Ingolstädter Starkbier-Rede verwechselt, ist eher nicht zu erwarten – so unterhaltsam das sein könnte.