Logo
Anzeige
Anzeige

Brief an Seehofer mit Folgen: Strafverfahren gegen den Gerolsbacher Gemeinderat Stefan Maurer wegen Verleumdung wird gegen Zahlung einer Geldbuße von 1200 Euro eingestellt

Von Tobias Zell

Während die Verhandlung am Pfaffenhofener Amtsgericht mit gut halbstündiger Verspätung begann, ging dann alles ganz schnell. Das Strafverfahren wegen Verleumdung gegen den Gerolsbacher Gemeinderat Stefan Maurer (UB) wird gegen Zahlung einer Geldbuße von 1200 Euro zugunsten einer gemeinnützigen Sache eingestellt. Zu entrichten ist diese Summe bis Ende Mai an den hiesigen Verein „Familien in Not“. Damit waren sowohl Maurer als auch die Staatsanwaltschaft einverstanden und der Amtsrichter hielt das offensichtlich auch für eine gute Lösung und entschied so.

Ausgelöst hatte Maurer den juristischen Vorgang, der ihn heute schlimmstenfalls viel teurer hätte zu stehen kommen können, durch einen Brief an den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU). In dem Schreiben vom21. Juli 2012 äußerte er sich in Zusammenhang mit dem Neubau des Gerolsbacher Rathauses juristisch angreifbar über den hiesigen Bürgermeister Martin Seitz (CSU) sowie über die Art der Finanzierung und Abwicklung des Neubaus. Unter anderem sprach Maurer von „Machenschaften“, „Tricksereien“ und „Mauscheleien“. Und diese Wortwahl brachte ihn vor Gericht.

Zu der Verhandlung war es allerdings erst gekommen, weil Maurer einen auf Betreiben der Staatsanwaltschaft erlassenen Strafbefehl nicht akzeptiert hatte. Bei dieser Entscheidung spielte für Maurer aber weniger die Höhe der in Zusammenhang mit dem Akzeptieren des Strafbefehls fälligen Summe eine Rolle, sondern ihm ging es schlicht darum, dass die ganze Angelegenheit vor dem Richter öffentlich behandelt wird. Er wolle seine Sicht der Dinge darstellen und die von ihm geäußerte Kritik erläutern, sagte Maurer im Vorfeld unserer Zeitung. 

Maurer hatte also im Juli 2012 in dem Schreiben an Seehofer, das unserer Redaktion vorliegt, die Gründung eines gemeinde-eigenen Kommunalunternehmens zum Neubau des Rathauses von Gerolsbach scharf kritisiert. Durch diesen Schritt würden die Pro-Kopf-Verschuldung vertuscht, Haushaltsrecht umgangen und Vorschriften ausgehebelt, monierte Maurer, der übrigens sehr wohl wusste, was er da schrieb – denn er ist von Beruf Verwaltungsbeamter und kennt sich schon deshalb mit Gesetzen, Vorschriften, Gemeindeordnung und Ähnlichem bestens aus.

„Da das Kommunalunternehmen nun Bauherr wurde, wurden alle Aufträge für das Rathaus ‚unter der Hand’ vergeben, da sich das Kommunalunternehmen ja nicht an Ausschreibungsvorschriften halten muss“, schrieb Maurer an Seehofer und legte nach: Für den ganzen Rathausbau habe es „keine einzige vernünftige öffentliche Ausschreibung“ gegeben. Und weiter: „Mit dieser Methode sicherte sich Bürgermeister Martin Seitz, der auch Verwaltungsratsvorsitzender des Kommunalunternehmens sowie gleichzeitig Bauunternehmer und Bauträger ist, für seine Firma lukrative Aufträge für den Rathausbau auf Regiebasis.“ 

„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident“, schreibt Maurer, „ich finde es schade, dass diese Machenschaften und Tricksereien den Bürgern durch Ihre Anwesenheit bei der ‚Rathauseinweihung’ quasi von oberster Stelle als abgesegnet verkauft werden.“ Aktueller Hintergrund des Brief war nämlich damals der geplante Seehofer-Besuch in Gerolsbach. Maurer schloss seine Ausführungen mit folgendem Absatz: „Solche Mauscheleien bei öffentlichen Auftragsvergaben und Umgehungen von Regelungen schaden dem Ansehen und der Glaubwürdigkeit der Politik und speziell der CSU (Spezlwirtschaft, Amigos etc.) sehr. Es ist schwer, einerseits an eine ehrliche und finanziell solide Landespolitik mit Schuldenabbau etc. zu glauben, wenn die höchsten Repräsentanten andererseits durch ihre Anwesenheit bei solchen ‚Einweihungen’ die oben genannten Machenschaften für gut heißen.“ 

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft erfüllen Vorwürfe wie „Tricksereien“, „Machenschaften“ und „Mauscheleien“ den Tatbestand der Verleumdung. Maurer habe die verächtlichen und herabwürdigenden Vorwürfe zudem „wider besseres Wissen“ geäußert, so Oberstaatsanwalt Christian Veh, der aber nur die Wortwahl monierte, sondern auch inhaltlich widersprach: So seien zum Beispiel die Aufträge nach Beratung vergeben worden.

Maurers Anwalt Sieghard Pichl führte aus, man könnte sich eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer „maßvollen Geldauflage“ an eine karitative Einrichtung vorstellen. Die von Maurer in dem Schreiben an Seehofer geäußerte Kritik sei aber teilweise durchaus berechtigt gewesen, betonte Pichl und verwies auf den Prüfbericht des Landratsamts, aus dem Beanstandungen hervorgehen. Sein Mandat sehe indes auch ein, dass die in dem Brief gebrauchte Wortwahl „teilweise überzogen“ und „sehr ungünstig“ gewesen sei. 

„Die Wortwahl ist das Problem“, entgegnete der Richter. „Der Ton macht halt die Musik.“ Und in diesem Fall habe Maurer „deutlich über das Ziel hinausgeschossen“. Oberstaatsanwalt Veh räumte sinngemäß ein, dass politische Auseinandersetzungen zwar mit härteren Bandagen geführt werden und man sich da mitunter auch etwas mehr gefallen lassen müsse. Aber in dem Brief sei „eine gewisse Grenze überschritten“ worden. 

Veh erinnerte zudem daran, dass die Staatsanwaltschaft bereits angeboten hatte, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage einzustellen – und man stehe auch zu dem, was man einmal offeriert habe. Wenngleich es schade sei, dass man sich von Seiten Maurers nicht früher dazu entschlossen habe – denn dann hätte man sich in der Tat das weitere Verfahren und die heutige Verhandlung sparen können.

Das Verfahren gegen Stefan Maurer wird also gegen Zahlung von 1200 Euro an den Pfaffenhofener Verein „Familien in Not“ (zu entrichten bis 30. Mai) eingestellt. „Vielleicht trägt das auch zur Befriedung bei“, so Veh. Das bleibt indes abzuwarten, denn Freunde werden UB-Gemeinderat Maurer und CSU-Bürgermeister Seitz in diesem Leben nicht mehr.

Wie indes bekannt wurde, sind die Ermittlungen in weiteren Punkten gegen Maurer von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden. Seitz hatte der Staatsanwaltschaft noch weitere seiner Meinung nach strafbare Handlungen zur Kenntnis gegeben, so Maurers Anwalt Pichl. Die Ermittlungen in all diesen Punkten seien jedoch eingestellt worden, wie er heute auf Nachfrage von Oberstaatsanwalt Veh erfahren hat.


Anzeige
RSS feed