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Der SPD-Kreischef mag sich aus sechs Gründen nicht damit abfinden, dass das Landratsamt einen Laden in bester City-Lage vorübergehend als Behördenbüros nutzen will – der Landrat verweist auf den Bedarf und bittet um Verständnis

Von Tobias Zell

In der Debatte um einen leerstehenden 50-Quadratmeter-Laden in bester City-Lage von Pfaffenhofen, den Landrat Martin Wolf (CSU) übergangsweise als Büro für seine Behörde nutzen will, lässt SPD-Kreischef Markus Käser nicht locker. Er hält diesen Schritt aus mehreren Gründen für einen „Griff ins Klo“, und fordert Wolf erneut auf, seine Entscheidung zu revidieren oder den Kreistag über den Fall abstimmen zu lassen. Zudem verweist Käser auf Büroräume in direkter Nachbarschaft zum Landratsamt, die laut entsprechender Kennzeichnung zur Vermietung stehen.

Im Erdgeschoss an der Ecke des alten Rentamts, direkt im Herzen der Stadt, war zuletzt ein Goldschmied mit seinem Laden eingemietet. Der hat kürzlich den Vertrag gekündigt, die Räume sind frei geworden. Der Landkreis, dem das Rentamt gehört, will diese Gelegenheit beim Schopfe packen, um während der bereits laufenden Generalsanierung des Landratsamts den eigenen Raumbedarf besser decken zu können. Das brachte SPD-Kreischef Markus Käser in Rage, der den Fall öffentlich gemacht und damit eine Debatte angestoßen hat. „Hier wird eine der besten kleinen Ladenflächen in A-Lage am Hauptplatz für eine Büro-Erweiterung umgenutzt“, empörte sich Käser.

Konkret geht es um rund 50 Quadratmeter: einen 27 Quadratmeter großen Verkaufs- und einen 22 Quadratmeter umfassenden Nebenraum. In einem persönlichen Statement, verbreitet über den Landkreis-Blog der Sozialdemokraten, führt Käser nun sechs Punkte aus, warum seiner Meinung nach die Entscheidung des Landrats, die Ladenfläche als Büro zu nutzen, ein Griff ins Klo ist. Erstens gebe es aktuell mindestens vier Unternehmer,  darunter auch eine Existenzgründerin, die genau diese Raumgröße in der Innenstadt suchen. Zweitens würden für das erfolgreiche städtische Existenzgründer-Projekt "Studio-Laden" händeringend Läden gesucht.

Drittens investiere man „ein Heidengeld und sechs Fachkräfte“ in das Landkreis-Unternehmen KUS  (Kommunalunternehmen für Strukturentwicklung im Landkreis), um unter anderem Wirtschaftsförderung, also auch Einzelhandels-Ansiedlung, zu betreiben, so Käser weiter. „Viertens kämpfen unsere Einzelhandels-Vereinigungen und Wirtschaftsverbände ehrenamtlich um jeden Quadratmeter Einzelhandels-Fläche.“ Fünftens „leben alle Zentren vom intakten Mix aus Filialisten und inhabergeführten Geschäften“, zählt der SPD-Kreischef weiter auf. „Und sechstens wissen doch alle Politiker, zumindest aus den Texten ihrer Sonntagsreden, dass unsere Zentren die ,Heiligen Kühe’ der Stadtentwicklung sind, für die wir alles tun, um sie zu schützen und weiterzuentwickeln.“

Mit diesem Foto will Käser dokumentieren, dass gleich neben dem Landratsamt Büroräume zu vermieten sind. Es handelt sich um das Gebäude, in dem im Erdgeschoss der "Subway"-Schnellimbiss untergebracht ist.

Deshalb fehlt Käser jegliches Verständnis für die Idee des Landrats. „Gerade dort, wo wir es selbst in der Hand haben, einen kleinen Beitrag zu leisten, weil das Gebäude dem Landkreis selbst gehört, sollen wir also in A-Lage am Hauptplatz eine Ladenfläche in Amtsbüros umnutzen?“ Die Antwort gibt er gleich selbst: „Das geht gar nicht.“ Noch einmal wendet sich der SPD-Kreischef und Kreistags-Fraktionsvize direkt an Wolf: „Ich bitte Sie dringlich, diese Entscheidung zu revidieren oder den Kreistag darüber entscheiden zu lassen. Ich denke auch, dass Wirtschaftsbeirat und KUS gemäß ihrer Satzungen in dieser Sache nicht stillhalten können.“

Landratsamt-Sprecher Karl Huber hatte gegenüber unserer Zeitung auf die aktuell „große Unterdeckung“ an Räumen verwiesen und sprach von „massivem Bedarf“, nicht zuletzt wegen der Generalsanierung des Landratsamts, aber auch angesichts der zusätzlichen Aufgaben, die die Behörde zu bewältigen habe – zum Beispiel beim Thema Asyl. Deshalb sei man nach Abwägung zu dem Entschluss gekommen, die besagten Geschäftsräume vorübergehend, zwei bis drei Jahre, selbst zu nutzen. „Für uns sind diese Räume wichtig, weil sie direkt am Landratsamt liegen“, so Huber.

Das will Käser so nicht stehen lassen: Die Kreisverwaltung versuche, den Eindruck zu vermitteln, man brauche diese Räume dringend wegen des Personalaufbaus unter anderem in punkto Asyl. „Ich bitte die Verwaltung, den Kolleginnen und Kollegen im Kreistag dann aber auch mitzuteilen, dass sie eigentlich die Auslagerung des Personalrats in diese Räume geplant hatte.“ Mit der Einrichtung eines Tourismusbüros in dem besagten 50-Quadratmeter-Laden, „welches vielleicht wenigstens pro Woche zwei oder drei Besucher gebracht hätte, wäre die Kuh eventuell noch vom Eis zu ziehen gewesen“, meint Käser. Aber mit der Umnutzung der Ladenfläche in bester Lage als reine Behörden-Büros will er sich keinesfalls abfinden. 

Wolf schrieb an die Kreistags-Fraktionschefs

Zu Wort gemeldet hat sich inzwischen auch Landrat Wolf. Zwar nicht öffentlich, aber in einer E-Mail an die Fraktionschefs des Kreistags, die Käser wiederum öffentlich gemacht hat. „Der Landkreis und das Landratsamt stehen zu ihrer Verantwortung hinsichtlich Stärkung des Stadtzentrums der Kreisstadt“, schreibt Wolf da. Allein die Entscheidung, das Landratsamt trotz der beengten Situation im Zentrum von Pfaffenhofen zu sanieren und auszubauen und nicht auf dem kreiseigenen Grundstück an der Pettenkofer Straße in der Nähe der Außenstelle zu bauen, sei dafür ein deutlicher Beleg, so der Landrat.

„Im landkreiseigenen Rentamt sind und bleiben die Ladengeschäfte für Blumen und Textilien weiterhin mit insgesamt rund 110 Quadratmeter vermietet“, betont Wolf. Es sei nicht beabsichtigt, an der bestehenden Vermietungssituation etwas zu ändern. „Allein das durch Auszug freigewordene Juwelier-Geschäft mit rund 50 Quadratmetern soll für die Zeit des Umbaus des Landratsamts für zwei bis drei Jahre selbst genutzt werden.“ Dies sei „für einen geordneten und wirtschaftlichen Ablauf der Umbauarbeiten dringend erforderlich, da in der Innenstadt bereits Teile der Kreisverwaltung in fünf Einzel-Immobilien (insbesondere angemietete Wohnungen und Gewerbeimmobilien) ausgelagert sind“.

Rechts im Bild der Eingang zu den besagten 50 Quadratmetern Ladenfläche in bester City-Lage am Hauptplatz.

Erwähnt wissen will Wolf auch, dass das Landratsamt seiner Meinung nach durch die Neugestaltung der Eingangshalle und die durchgehend von 8 bis 18 Uhr geöffnete Servicestelle bereits zu einer deutlichen Aufwertung des oberen Hauptplatzes beigetragen hat. „In diesem Zusammenhang werden von den Besuchern der Innenstadt auch die öffentlichen Toiletten-Anlagen im Landratsamt gerne angenommen, vor allem auch von Passanten, die keine Besucher des Landratsamts sind. Dieses Angebot wird stark genutzt und ist für den Landkreis mit erheblichen Mehrkosten verbunden“, schreibt Wolf an die Fraktionschefs und bittet abschließend um Verständnis dafür, „dass wir für einen überschaubaren und vorübergehenden Zeitraum die freigewordenen Räume im Rentamt im Rahmen des Eigenbedarfs in Anspruch nehmen“.

Diese Anmerkungen greift SPD-Kreischef Käser bissig auf. „Dass die Toiletten im Landratsamt so gut angenommen werden, ist natürlich erfreulich“, ätzt er an die Adresse von Wolf. „Und dass Sie diese Tatsache, für einen erwähnenswerten Beitrag zur Innenstadt-Belebung halten, zeigt zumindest, dass Euch im Landratsamt der Humor nicht abhanden gekommen ist.“ Der Fall Rentamt ist nach Ansicht von Käser jedenfalls ein Griff ins Klo.

Kritik von IGLI und WSP, Unterstützung von CSU und JU

Unterstützung bekam der SPD-Chef bekanntlich von der städtischen Wirtschafts- und Servicegesellschaft (WSP) und vom Verein „Lebendige Innenstadt“ (IGLI). „Auch wenn ich die bauliche Situation rund um das Landratsamt verstehen kann und ich mich über viele Arbeitsplätze in der Innenstadt freue, finde ich es aus Sicht der Einzelhandelsentwicklung bedauernswert, dass eine Ladenfläche in sehr guter Lage für die nächsten Jahre leider nicht mehr zur Verfügung steht“, sagte WSP-Geschäftsführer Matthias Scholz.

Auch IGLI-Präsident Fabian Stahl zeigt zwar Verständnis für die Platznot der Behörde, stellte aber auch klar, dass freie Räume in einer solchen Lage grundsätzlich lieber dem Einzelhandel zur Verfügung stehen sollten. „Nur so kann eine Innenstadt auch lebendig sein und attraktiv für Besucher einer Stadt gehalten werden“, so Stahl. „Wir setzen uns für jeden Quadratmeter Einzelhandelsfläche in unserer Innenstadt ein“, postete die IGLI auf Facebook.

Der Kreisverband der Jungen Union (JU) sowie die beiden CSU-Kreisgeschäftsführer unterstützen dagegen die Pläne von Wolf, die im Rentamt frei gewordenen Ladenflächen vorübergehend als Büros der Kreisverwaltung zu nutzen. „Das ist nicht nur sinnvoll, sondern geboten, wenn die Behörde aufgrund wachsender Aufgabengebiete, zum Beispiel in der Asylpolitik, effizient und erfolgreich arbeiten soll“, so JU-Kreischef und CSU-Kreisgeschäftsführer Christian Moser. Dem Eigentümer einer leer stehenden Wohnung könne man es schließlich auch nicht verdenken, wenn er bei Eigenbedarf die Nutzung der eigenen Wohnung der Anmietung einer fremden vorziehe. „Martin Wolf hat 2011vor seiner Wahl angekündigt, eine bürgerfreundliche und funktionsfähige Verwaltung gewährleisten zu wollen“, ergänzt Fabian Flössler, Co-Kreisgeschäftsführer der CSU. „Diesen Maßstab hielt er bei der Eröffnung einer Außenstelle in Vohburg für die Landkreisbevölkerung aus dem Norden ein – und er gilt auch jetzt, wenn es ihm darum geht, dass das Landratsamt besser arbeiten können soll.“

Käser will auf diese Schützenhilfe für Wolf aus den eigenen Reihen gar nicht mehr eingehen, sondern stattdessen dafür sorgen, dass sich die Kreispolitik ganz offiziell mit dem Fall befasst. Außerdem will er einen Antrag in den Kreistag einbringen, um diesen „Irrweg“ zu stoppen.


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