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"Schlüsseltechnologie": IG-Metall-Bauftragter Bernhard Stiedl hofft auf das unbemannte Fliegen - nicht zuletzt, um den Cassidian-Standort zu sichern

Von Tobias Zell

Bernhard Stiedl, der Unternehmensbeauftragte der IG Metall für die EADS-Sparte Cassidian warnt nach dem Stopp des Drohnen-Projekts „Euro Hawk“ vor einem Komplettausstieg aus dem unbemannten Fliegen. Damit würde sich Deutschland auch aus einer Schlüsseltechnologie für die industrielle Zukunft der zivilen Luftfahrt verabschieden, sagt er. „Das wäre so, als würde die deutsche Automobilindustrie auf die Entwicklung des Elektromotors verzichten, mit allen negativen Folgen für die Wirtschaft und die Arbeitsplätze.“ Am Cassidian-Standort Manching hängen laut Stiedl bis zum Jahr 2020 bis zu 1500 neue Arbeitsplätze vom unbemannten Fliegen ab – und die würden durch den Ausstieg eben nicht entstehen, betont er im Gespräch mit unserer Zeitung.

„Für Deutschland wäre es eine Katastrophe, wenn nach dem Stopp des ‚Euro Hawk’ die Politik jetzt einen Komplettausstieg aus dem unbemannten Fliegen beschließen würde“, so Stiedl. Das Aus des „Euro Hawk“ hat seiner Einschätzung nach vorläufig nur „geringe negative Beschäftigungseffekte“ für den weltgrößten Cassidian-Standort Manching. Das unbemannte Fliegen sei jedoch die Zukunft des militärischen Luftfahrtzentrums von Cassidian. „Konkret heißt das, dass bis zum Jahr 2020 bis zu 1500 Arbeitsplätze von Tätigkeitsfeldern der unbemannten Flugzeuge bei Cassidian abhängen.“

Die IG Metall fordert, nach der anstehenden Bundestagswahl eine gesellschaftliche Debatte über unbemanntes Fliegen zu führen. Die Erfahrungen mit dem „Euro Hawk“ zeigen nach Worten von Stiedl, wie wichtig die Eigenentwicklung eines unbemannten Flugzeuges ist, um vollen Zugang zu der Technologie zu haben. Die bereits getätigten Investitionen könnten jetzt in einer Eigenentwicklung weiterverwendet werden.

Harsche Kritik von links: "Es geht ums Töten"

Für seine Äußerungen wider den kompletten Ausstieg aus dem unbemannten Fliegen ist Stiedl indes von der Zeitung „Junge Welt“ harsch kritisiert worden. Das Blatt versteht sich nach eigenen Angaben als linke, marxistisch orientierte, überregionale Tageszeitung. „Hauptsache Arbeitsplätze. Das scheint die Leitlinie der IG-Metallspitze zu sein – auch beim Thema Kriegsgerät“, schreibt die Zeitung und glaubt zudem, dass die Entwicklung unbemannter Flugzeuge nichts mit der zivilen Luftfahrt zu tun habe. „Es geht ums Töten. Und zwar unabhängig davon, ob es sich um Aufklärungs- oder Kampfdrohnen handelt.“ Das mit Verweis auf die Arbeitsplätze gutzuheißen, sei „ein Schlag ins Gesicht der vielen aufrechten Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, die stets dabei sind, wenn es gegen Krieg und Militarisierung auf die Straße geht“, schreibt das Blatt und findet: „Stiedls Äußerungen konterkarieren auch sämtliche friedenspolitische Positionen, die auf den Gewerkschaftstagen der IG Metall diskutiert und beschlossen wurden.“

Stiedl selbst will die Schelte der „Jungen Welt“ nicht überbewerten und gibt sich gelassen. Er sei gewohnt, dass „aus dem extrem linken Spektrum“ seine Sicht verkürzt dargestellt werde und dass man da auch für Argumente nicht offen sei.

„Mein Job ist es, die Interessen der Menschen zu vertreten“, sagt der IG-Metall-Beauftragte. Und dabei gehe es eben auch um eine langfristige Sicherung des Standorts Manching – für die Arbeitsplätze und die Familien der Beschäftigten. Angesichts sinkender Verteidigungs-Etats der Länder, sprich: unter Umständen dadurch rückläufige Bestellungen für Kampfflugzeuge, brauche es Alternativen. Und da sieht Stiedl eben das unbemannte Fliegen als Chance.

Manching ist mit 4500 Beschäftigten der weltweit größte Cassidian-Standort.

„Natürlich ist es Aufgabe einer Gewerkschaft, sich um die Jobs ihrer Mitglieder zu sorgen. Es kann ihr aber nicht egal sein, wenn die Produkte dazu dienen, Menschen zu töten und westliche Großmachtpolitik durchzusetzen“, heißt es dagegen in der „Jungen Welt“. Das zu ignorieren, hat nach Meinung des Blattes nichts mit Vertretung von Beschäftigten-Interessen zu tun. „Im Gegenteil: Krieg und Rüstung schaden den Arbeitern aller Länder. Das ist die bittere Erkenntnis aus der Geschichte, insbesondere Deutschlands.“

Stiedl unterstreicht derweil im Gespräch mit unserer Zeitung, dass der Einsatz von Drohnen nicht automatisch mit militärischen Einsätzen gleichgesetzt werden dürfe. Unbemanntes Fliegen könne bei Grenzüberwachungen, beim Umweltschutz, zur Überwachung von Pipelines oder Stromleitungen ebenso eingesetzt werden, wie etwa zu Erkundungsflügen über Waldbrandgebiete oder nach atomaren Zwischenfällen über eventuell verstrahltes Terrain. „Die militärische Nutzung ist ja nur ein ganz kleiner Bereich.“

"Dann darf man auch keine Laster produzieren"

Stiedl wünsche sich freilich auch eine Welt ohne Militäreinsätze, wie er unterstreicht. Aber die Realität sehe eben anders aus. „Dann darf man auch keine Laster produzieren, weil mit denen werden auch Soldaten rumgefahren“, sagt er. Außerdem gehe es ihm vor allem darum, zu betonen, dass gerade die nicht-militärischen Alternativen beim unbemannten Fliegen zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten böten.

Die „Junge Welt“ will das alles nicht gelten lassen: „Statt der Rüstungslobby Flankenschutz zu geben, sollte sich die IG Metall als Teil der Friedensbewegung gegen die Kriegsmittelproduktion und für den Stopp von Rüstungsexporten engagieren, dabei aber auch die Forderung nach gleichwertigen Ersatzarbeitsplätzen aufwerfen“, heißt es da. Stiedl kann da nur noch sagen: „Uns geht es ja gerade auch um Alternativen zur militärischen Nutzung. Aber das will man ja offenbar bei der ‚Jungen Welt’ nicht hören.“

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