In der Gemeinde Wolnzach hat das Finanzamt eine Sonderprüfung vorgenommen – mit handfestem Ergebnis. Bürgermeister Jens Machold (CSU) will aber nicht darüber reden: Seit Wochen verweigert er unserer Zeitung die Auskunft, einen Fragenkatalog vom 19. November ignoriert er
Von Tobias Zell
Beim Markt Wolnzach ist das Ingolstädter Finanzamt vorstellig geworden. Wie vom Pfaffenhofener Landratsamt bestätigt wurde, hat in Wolnzach eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung stattgefunden. Und zwar mit handfestem Ergebnis: Denn offenbar war nicht alles korrekt verbucht worden, weshalb nun der Vorsteuer-Abzug der Gemeinde berichtigt werden musste – auf gut Deutsch: Es geht um eine Nachzahlung. Ob hier geschludert wurde oder gar getrickst oder ob man in Wolnzach einfach eine andere Sichtweise vertrat als die Finanzbehörde, bleibt vorerst unklar. Der Wolnzacher Bürgermeister Jens Machold (CSU),will nämlich seit Wochen keinerlei Fragen unserer Zeitung zu diesem Thema beantworten.
Auch auf mehrfache Anfrage unserer Redaktion hin schweigt sich Machold nach wie vor eisern zum Thema aus. Er gab anfangs den Unwissenden, reagierte auf einen schriftlichen Fragenkatalog überhaupt nicht und kündigte zuletzt dann doch noch Antworten an, die er aber bis dato erneut schuldig geblieben ist. Offenbar ist dem Rathauschef das Thema derart unangenehm, dass er den Anspruch der Presse auf Auskunft ignoriert, sich damit angreifbar macht und zudem nachhaltig den Eindruck zementiert, dass er von Transparenz nicht sonderlich viel hält.
Auskünfte über die nicht korrekte Wolnzacher Steuer-Praxis gab es bislang nur vom Landratsamt, das in seiner Funktion als kommunale Aufsichtsbehörde mit dem Fall indirekt befasst ist. Die Kreisbehörde bestätigte uns am Freitag, „dass beim Markt Wolnzach eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung des Finanzamts Ingolstadt stattgefunden hat“. Diese Prüfung erstreckte sich demnach auf den Bereich des Unternehmens Wasserversorgung, Schwimmbad und Volksfestbetrieb. Ergebnis der Prüfung ist nach Angaben der Kreisbehörde eine Vorsteuer-Berichtigung, „da ursprünglich auf das Wasserwerk gebuchte Positionen (Fahrzeuge und Versicherungen) zwar beim vom Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband erstellten Jahresabschluss entsprechend der Nutzungsanteile umgebucht, die Vorsteuer aber insoweit nicht berichtigt wurde“.
Offenbar geht es bei dem ganzen Fall vordringlich um Fahrzeuge, die auf Rechnung des Wasserwerks gekauft, aber dann auch für Bauhof-Zwecke genutzt wurden und werden. Weil das Wasserwerk als eigener Betrieb gewerblicher Art anzusehen ist, kann bei den von ihm getätigten Käufen die Umsatzsteuer abgezogen werden. Die Gemeinde kann das indes nicht, sie hat den vollen Brutto-Preis zu bezahlen. Auf diese Weise spart man sich also schlicht die Mehrwertsteuer. Doch die Sache hat einen Haken: Wenn die Fahrzeuge nämlich nicht ausschließlich für das Wasserwerk-Unternehmen genutzt werden, sondern auch für den gemeindlichen Bauhof zum Einsatz kommen, dann darf – vereinfacht gesagt – wohl auch nicht, wie aber geschehen, die volle Umsatzsteuer abgezogen werden, sondern nur ein entsprechender Anteil. Und das wurde also offenbar in Wolnzach nicht korrekt verrechnet, wodurch sich die vom Finanzamt verfügte Vorsteuer-Berichtigung erklären würde.
Die nun vom Finanzamt beanstandete Vorgehensweise hat nach Auskunft des Landratsamts aber keine Auswirkungen auf die Kalkulation von Beiträgen oder Gebühren beim Wasserwerk. Der Wasserpreis, den die Bürger zu bezahlen haben, wurde also offenbar nicht beeinflusst. Deshalb sieht man bei der Kommunalaufsicht am Landratsamt auch keine Notwenigkeit für Konsequenzen. „Aufsichtliche Maßnahmen sind nicht geboten“, sagte ein Sprecher der Kreisbehörde auf Anfrage.
Offen ist indes noch, welche Konsequenzen das Finanzamt gezogen hat und ob auch Sanktionen verhängt wurden. Klar scheint nur, dass die Vorsteuer berichtigt wurde, also eine Nachzahlung ansteht. Ob die Finanzbehörde darüberhinaus weitere Maßnahmen ergreift, ist derzeit unklar. Im Landratsamt konnte man darauf noch keine Antwort geben. Bei der Staatsanwaltschaft Ingolstadt ist die Angelegenheit bis dato kein Thema, wie eine Nachfrage vor einigen Tagen ergeben hatte.
Und Bürgermeister Jens Machold zieht es bekanntlich vor, nichts zur öffentlichen Aufhellung der Angelegenheit beizutragen. Unserer Zeitung, der der Fall schon seit Längerem bekannt ist, verweigert er seit Wochen jegliche Auskunft. Wie konsequent der Rathauschef dabei jegliche Anfrage ignoriert, zeigt die folgende Chronologie unserer vergeblichen Versuche, von ihm Auskünfte zu bekommen.
Als wir vor einigen Wochen erstmals telefonisch bei ihm nachfragten, ob es stimme, dass der Gemeinde oder dem Wasserwerk eine Steuer-Nachzahlung droht, erklärte Machold, er wisse von nichts. Wenige Tage später – Machold wollte sich in der Zwischenzeit informieren – wollten wir, wie abgesprochen, erneut bei ihm nachfragen, doch ab diesem Zeitpunkt war der Bürgermeister für uns telefonisch nicht mehr zu erreichen. Deshalb schickten wir am Mittwoch, 19. November, nachdem Machold zwar laut Sekretärin im Haus, aber für uns wieder nicht zu sprechen war, per E-Mail eine offizielle Presse-Anfrage an den Bürgermeister – mit der Bitte um zitierfähige Beantwortung bis Freitag, 21. November, 11 Uhr. Hier die ihm übermittelten Fragen:
- Ist es richtig, dass dem Markt Wolnzach beziehungsweise seinem Kommunalunternehmen/Wasserwerk eine Steuernachzahlung ins Haus steht/stand? Wenn ja, warum und in welcher Höhe?
- Ist es richtig, dass es dabei um den Fuhrpark geht?
- Ist es richtig, dass ein Großteil der gemeindlichen Fahrzeuge über das Wasserwerk läuft? Wenn ja, wie sind hier die Zahlungs- und Abrechnungsmodalitäten?
- Fließen dafür, dass diese Fahrzeuge, die über das Wasserwerk laufen, aber von der Gemeinde genutzt werden, entsprechende Gegenzahlungen?
- Welche Fahrzeuge hat die gemeinde Wolnzach in ihrem Fuhrpark, welche laufen über das Wasserwerk?
- Ist es richtig, dass die für den gemeindlichen Bedarf benötigten Fahrzeuge über das Wasserwerk angeschafft werden, um sich Steuern zu sparen – weil die kommune nicht, das Wasserwerk aber schon abzugsberechtigt ist?
- Ist es richtig, dass sich das Finanzamt mit diesem Themenbereich befasst (hat)? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
- Wenn das oben genannte Modell zutrifft (Wasserwerk kauft Fahrzeuge, stellt sie der Kommune zur Verfügung, die sich wiederum Steuern spart): Welche Auswirkungen hat das auf den Wasserpreis für die Bürger? Bekanntlich hat das Wasserwerk kostendeckend zu arbeiten und zu wirtschaften. Durch den Ankauf der Fahrzeuge entstehen aber ja auf Seiten des Wasserwerks Kosten, die rechnerisch über die Einnahmen aus den Wassergebühren gegenfinanziert werden müssten.
- Zahlen die Bürger durch dieses Modell einen höheren Wasserpreis?
Machold reagierte überhaupt nicht auf diese Anfrage. Am besagten Freitag, an dem wir die Antworten erbeten hatten, schickten wir ihm deshalb kurz vor 12 Uhr noch eine SMS, in der wir nachfragten – wieder keine Reaktion. So vergingen weitere Tage, bis wir am 24. November per E-Mail den Wolnzacher Bürgermeister erneut an unsere Fragenliste erinnerten und baten, uns mitzuteilen, ob er denn gedenke, diese zu beantworten – und falls ja: bis wann.
Ebenfalls am 24. November wandten wir uns mit einem ähnlichen Fragenkatalog an das Landratsamt in seiner Eigenschaft als kommunale Aufsichtsbehörde. Von dort kam daraufhin die Antwort: „Zur Prüfung des Sachverhalts hat die Kommunalaufsicht des Landratsamts Unterlagen beim Markt Wolnzach angefordert.“ Nun meldete sich plötzlich Machold bei unserer Zeitung – offenbar wachgerüttelt vom Interesse des Landratsamts an der Angelegenheit. Telefonisch erklärte der Bürgermeister jetzt gegenüber unserer Redaktion, man habe den Fragenkatalog an den kommunalen Prüfungsverband weitergeleitet und hoffe, ihn schnellstmöglich beantworten zu können.
Passiert ist daraufhin allerdings wieder nichts. Am vergangenen Freitag, 5. Dezember, fragten wir deshalb erneut bei Machold nach, der daraufhin sinngemäß erklärte, es gebe nun etwas Neues. Das Gegenteil hätte er indes auch schlecht behaupten können, denn in der jüngsten Gemeinderats-Sitzung hatte es bereits eine Anfrage einer SPD-Rätin zu der Sonderprüfung des Finanzamts gegeben. Machold jedenfalls kündigte nun an, unserer Zeitung über seinen Kämmerer noch am Freitag eine Stellungnahme zukommen zu lassen. Erreicht hat uns diese bis jetzt nicht. Und unser Fragenkatalog vom 19. November ist nach wie vor unbeantwortet.