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Morgen beginnt am Ingolstädter Landgericht der Aufsehen erregende Prozess gegen Stefan B. – unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen, nachdem der Angeklagte im Gefängnis niedergestochen worden war und es auch Drohungen von außen gibt

(ty) Einen Prozess dieser Dimension hat das Landgericht Ingolstadt wohl noch nicht erlebt. Am morgigen Montag beginnt um 9 Uhr die Verhandlung gegen den mutmaßlichen Mörder der zwölfjährigen Franziska aus Möckenlohe. Auf der Anklagebank sitzt der 26-jährige Stefan B., der das Kind am 15. Februar vergangenen Jahres missbraucht und getötet haben soll. Das bundesweite Medieninteresse ist riesig. Und die Sicherheitsvorkehrungen sind es ebenso. Aus zwei Gründen: Stefan B. waren in der Justizvollzugsanstalt Kaisheim von einem 31-jährigen Mitgefangenen 17 Stichverletzungen zugefügt worden – er musste ins Krankenhaus, der Prozessbeginn verschoben werden.  

Nicht zuletzt durch diesen Übergriff alarmiert, haben Polizei und Landgericht die Sicherheitsvorkehrungen extrem erhöht. In Ingolstadt gab es bislang keinen Prozess unter derart strengen Sicherheitsauflagen. Kein Wunder, denn für Stefan B. war es nicht nur im Knast recht ungemütlich geworden. Es gibt auch massive Drohungen von außen.

„Die Erhöhung der Sicherheitsvorkehrungen ergibt sich auf Grund des Übergriffs auf den Angeklagten in der JVA Kaisheim. Es gab aber auch außerhalb der JVA Drohungen gegen den Angeklagten“, bestätigte Gerhard Reicherl, Pressesprecher des Landgerichts, gegenüber unserer Zeitung. 

20 Verhandlungstage sieht das Gericht für den Prozess vor, der Stefan B. ab gemacht wird. Über 100 Zeugen und knapp 20 Sachverständige werden wohl zu Wort kommen. Morgen Vormittag wird die Anklage verlesen und dem Angeklagten wird die Möglichkeit gegeben, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Ob er das tut, ist zumindest fraglich. Denn seit seiner ersten Vernehmung gleich nach der Tat, als er sich zu dem Mord bekannt hatte, nicht aber zu den Vorwürfen des Missbrauchs, hat Stefan B. geschwiegen zu den ihm zu Last gelegten Sachverhalten. 

Die Eltern der getöteten Zwölfjährigen treten in dem Verfahren als Nebenkläger auf, werden wohl aber nicht persönlich an der Verhandlung teilnehmen, sondern sich anwaltlich vertreten lassen. Der Fall Franziska wird allerdings nicht gleich zu Beginn verhandelt, denn dem Angeklagten werden mehrere Verbrechen zur Last gelegt. Für Stefan B. geht es nicht nur um die brutale Tat vom 16. Februar vergangenen Jahres. Bereits 2013 soll er eine 21-jährige Bekannte vergewaltigt haben und Anfang Januar 2014 sich unter anderem an einer weiteren 13-Jährigen vergangen zu haben. Kern des Verfahrens jedoch ist und bleibt der Mord an der zwölfjährigen Franziska.

Es war der 16. Februar 2014, als Angler am Rathei-Weiher bei Neuburg eine schreckliche Entdeckung machten. Sie fanden im Uferbereich die Leiche der kleinen Franziska. Noch am Abend des selben Tages wurde nach einer wilden Verfolgungsjagd bei Donauwörth der 26-jährige Stefan B. verhaftet, der dringend verdächtigt wurde, das Mädchen getötet zu haben. Was sich in den kommenden Tagen herausstellte, erschütterte die ganze Republik.  

Stefan B. soll das Kind an einer Skaterbahn in Nassenfels beobachtet und auf dem Weg nach Hause verfolgt haben. Kurz nach Nassenfels soll er das Mädchen schließlich in sein Auto gezerrt haben, mit ihr an den Weiher gefahren sein, um das Kind dort zu missbrauchen und mit einem Holzscheit erschlagen. Die Obduktion der Schülerin hatte ergeben, dass sie geschlagen, gewürgt und auch sexuell missbraucht worden war, bevor sie starb.

Trotz umfangreicher Suchaktionen konnten jedoch weder die Tatwaffe, noch das Handy des Opfers gefunden werden, das eventuell weitere Aufschlüsse hätte liefern können. 

Aufgrund von Indizien, Zeugenaussagen und des Teilgeständnisses von Stefan B. lässt sich der Tathergang weitgehend rekonstruieren: Die zwölfjährige Franzi war am 16. Februar vom Skaterpark in Nassenfels mit ihrem Fahrrad auf dem Nachhauseweg zu ihrem Elternhaus in Möckenlohe. Unterwegs versandte das Mädchen eine Mitteilung über ihr Handy, dass ihr ein grüner Pkw folgt. Die Kripo geht davon aus, dass der später festgenommene Stefan B. die Schülerin kurz darauf in sein Auto zerrte, zum Rathei-Weiher bei Neuburg brachte und dort brutal missbrauchte und ermordete.

Auf die Spur des Täters kam die Polizei bereits im Rahmen der Suche nach dem vermissten Mädchen. Die Eltern hatten am Sonntag, 16. Februar, Anzeige erstattet, nachdem die Tochter nicht nach Hause gekommen und nicht wie angenommen bei einer Freundin übernachtet hatte. Als dann an jenem Sonntag gegen 16.30 Uhr Angler die Leiche eines Mädchens fanden, wurde sofort die Verbindung zu der Vermisstenmeldung hergestellt. Es ging eine Fahndung nach einem grünen Toyota raus, da der von Zeugen in Nassenfels bemerkt worden war – als Stefan B. das Mädchen offenbar bereits beobachtete.   

Gegen 21 Uhr konnte die Polizei den grünen Toyota im Stadtbereich ausmachen. Der Fahrer flüchtete mit hoher Geschwindigkeit Richtung Donauwörth. Nach einer wilden Verfolgungsjagd mit mehreren Polizeifahrzeugen und Hubschrauber konnte die Polizei den 26-Jährigen in einem Vorort von Donauwörth stellen. Stefan B. ist bei der Polizei hinlänglich bekannt. Gegen ihn wurden bereits mehrfach Ermittlungen wegen Aggressionsdelikten im Straßenverkehr, Körperverletzung und Sexualstraftaten geführt. Erst im Dezember 2013 war er nach einer einschlägigen Verurteilung aus der Haft entlassen worden. Seit seiner Festnahme sitzt er erneut ein, in U-Haft. Und wurde dort selbst zur Zielscheibe.

In der Justizvollzugsanstalt Kaisheim war Stefan B., wie berichtet, kürzlich von einem 31-jährigen Mitgefangenen angegriffen worden. 17 Stichverletzungen wurden ihm zugefügt, er musste ins Krankenhaus. Und der Prozess, der ihm gemacht werden sollte, musste verschoben werden. 

Nicht zuletzt durch diesen Übergriff aufgeschreckt, haben Polizei und Landgericht die Sicherheitsvorkehrungen extrem erhöht. In Ingolstadt gab es bislang keinen Prozess unter derart strengen Sicherheitsauflagen. Kein Wunder, denn für Stefan B. ist es nicht nur im Knast recht ungemütlich geworden. Es gibt auch massive Drohungen von außen.

„Die Erhöhung der Sicherheitsvorkehrungen ergibt sich auf Grund des Übergriffs auf den Angeklagten in der JVA Kaisheim. Es gab aber auch außerhalb der JVA Drohungen gegen den Angeklagten“, bestätigt Gerhard Reicherl, Pressesprecher des Landgerichts.  

Der Vorsitzende des Schwurgerichtes, Jochen Bösl, hat die Sicherungsverfügung zu diesem Verfahren deswegen spürbar erweitert.  Um auszuschließen, dass Besucher oder auch Pressevertreter irgendetwas mit in den Gerichtssaal nehmen, was geeignet wäre, als Waffe benutzt zu werden, muss sich jeder, der das Landgericht an den Prozesstagen betreten will, einer strengen Zugangskontrolle unterziehen. Bösl hat eine gesonderte Zugangskontrolle angeordnet, der sich sämtliche Zuhörer sowie auch die Nebenkläger und Zeugen unterziehen müssen. Die Zuhörer und Zeugen müssen sich bei der Einlasskontrolle zudem mit einem gültigen amtlichen Personalausweis oder Reisepass ausweisen. 

„Die Zuhörer, Zeugen und Nebenkläger sind durch Abtasten der Kleidung und Durchsicht der Behältnisse – auch unter Zuhilfenahme eines Metalldetektors sowie einer Metalldetektorschleuse – auf Waffen und Gegenstände zu durchsuchen, die geeignet sind, zur Störung der Hauptverhandlung verwendet werden zu können“, heißt es in den Sicherheitsbestimmungen zu diesem Verfahren wörtlich. Bei der Durchsuchung müssen alle Besucher ihre Mäntel und Jacken ablegen. Und auf Verlangen des Kontrollpersonals müssen sogar Pullover und Schuhe ausgezogen werden. Wenn jemand den Verdacht des Justizpersonals erregt, dürfen bei ihm sogar Durchsuchungen am Körper vorgenommen werden.

Die Sicherheitsvorkehrungen gehen aber noch weiter. Denn die Zuhörer müssen ihre Ausweise an der Zugangskontrolle abgeben, ihre Personalien werden akribisch erfasst, um etwaige Störer später ausfindig machen zu können. Die Listen mit den Personalien werden am Ende des Sitzungstages Jochen Bösl oder einem der Beisitzer übergeben. Sofern nicht benötigt, werden sie spätestens am folgenden Tag vernichtet. Zuhörer, die sich nicht in der vorgeschriebenen Weise ausweisen können oder sich weigern, ihre Ausweise ablichten zu lassen oder beanstandete Gegenstände in Verwahrung zu geben, haben keinen Zutritt zum Gerichtssaal.  

Das Verfahren gegen Stefan B. beginnt morgen um 9 Uhr im Sitzungssaal 11 des Landgerichtes Ingolstadt. Die weiteren Sitzungstermine sind: 25. Februar, 2., 3., 9.,11., 23. März, 13., 15., 17., 20., 22., 24., 27., 29. April sowie 11., 15., 19., 26. und 28. Mai. 

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