Pfaffenhofens Landrat Martin Wolf über die jüngste Flut, das Katastrophen-Management und weitere Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser
Von Alfred Raths
Die Hochwassergefahr in der Hallertau ist gebannt. Viele Worte des Dankes sind gesprochen worden. Das Landratsamt, die Bürgermeister, die Feuerwehren, die Wasserwacht, das THW, das BRK, die Polizei, nicht zu vergessen die Bundeswehr, und ungezählte Helfer – sie alle haben unermüdlich zusammengearbeitet und mancher Einsatz hat sie gar auf die eine oder andere Art zusammengeschweißt. Trotzdem gilt es, sich nach einem solchen Katastropheneinsatz Gedanken darüber zu machen, ob man es nicht noch besser hinbekommen hätte oder andere, optimalere Vorsorge hätte leisten müssen. Im Interview mit unserer Zeitung hält Pfaffenhofens Landrat Martin Wolf (CSU) Rückschau und gibt zugleich einen Ausblick darauf, wie es nach den Fluten im Kreis Pfaffenhofen in Sachen Hochwasserschutz weitergehen wird.
Herr Wolf, wie ist das Katastrophen-Management gelaufen, gibt es noch Optimierungsbedarf?
Martin Wolf: Bei unserem Bilanzgespräch mit allen Einsatzbeteiligten vorgestern konnten wir eine sehr positive Bilanz ziehen. Die wesentliche Erkenntnis daraus ist, dass es richtig war, dass das Landratsamt frühzeitig, also am Samstagabend, seine koordinierende Rolle bereits eingenommen hat. Praktisch einen Tag vor dem Ausruf des Katastrophenfalles. Das war im Feuerwehrhaus von Reichertshofen, wo als Brennpunkt die dortige Eisenbahnbrücke frühzeitig erkennbar war.
Kritische Stimmen bemängeln die schleppende Realisierung der Hochwasserfreilegung. In Rohrbach etwa stehen zwei Pumpwerke, in denen seit Jahren die technische Ausstattung fehlt, und die Hochwasserfreilegung läuft dort mangels finanzieller Ausstattung durch den Freistaat immer noch auf Sparflamme.
Wolf: Die leistungsstarken Pumpen des THW konnten auch in Rohrbach schnell und gut die kritische Zeit überbrücken. Klar aber ist, dass wir die Hochwasserfreilegungen entlang von Paar und Ilm aktuell zu bewerten haben, um dann zu sehen, wo örtlich angeschoben werden muss und noch staatliche Gelder benötigt werden. Seitens der Staatsregierung gibt es Zusagen, dass der ursprünglich bis 2023 geplante Finanzrahmen jetzt erweitert und auch schneller umgesetzt wird. Gemeinsam mit den Landkreisgemeinden werden wir für den gesamten Landkreis Ist und Soll bei den Hochwasserfreilegungen abgleichen.
Gibt es denn auch Widerstände bei der Hochwasserfreilegung?
Wolf: Wir haben im Landkreis an mehreren Stellen Eigentümer, die nicht bereit sind, ihr Grundstück zu verkaufen. Das öffentliche Interesse daran ist jedoch gegeben, dennoch kann eine Enteignung immer nur das letzte Mittel sein. Wir hoffen jetzt auf die Einsicht der Eigentümer nach den aktuellen Ereignissen.
Haben Sie Kenntnis von besonderen Schwachpunkten im Landkreis hinsichtlich des Hochwasserschutzes?
Wolf: Eine schnellstmögliche Nachbesserung des Dammes ist in Ilmendorf dringend geboten. Dort gibt es noch vor der Sommerpause einen Ortstermin zusammen mit dem Wasserwirtschaftsamt, um heuer den Damm auf einer Länge von bis zu fünf Kilometern zu erhöhen. Ansonsten haben wir überall dort Schwachpunkte, wo die Freilegung beziehungsweise die Binnenentwässerung noch nicht abgeschlossen ist. Ein gewisses Risiko wird es für den Einzelnen jedoch immer geben. Bedauerlich ist auch, dass in Pfaffenhofen nach dem zweiten Platzregen keine Vorkehrungen gegen die Wassermassen möglich waren. Selbst vorsorgliche Warnungen, würden sie – notwendigerweise – häufig ausgesprochen, verfehlen ihre Wirkung, weil sie gerade dann nicht mehr ernst genommen werden, wenn sie es sollten.
Es gab mitunter harsche Kritik und Vorbehalte von einigen Bürgermeistern im Landkreis zum Sofortgeld, das an die vom Hochwasser geschädigten Bürger ausbezahlt wird. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Wolf: Es ist ein hervorragendes Modell auch für weitere Katastrophenfälle – schnell und unbürokratisch. Ein Instrument der Hilfe, das wir brauchen. Ich denke, dass auch die Förderhöhe als erste Hilfe genau gepasst hat, maßgeschneidert sozusagen. Dazu gibt es ja immer noch die Soforthilfen für Haushalt/Hausrat und Ölschäden an Gebäuden sowie beispielsweise die Soforthilfe bei Ernteschäden oder Soforthilfe für gewerbliche Unternehmen und freie Berufe.
Sind Sie noch immer verärgert über die teils sehr negativen Reaktionen und Äußerungen einiger Bürgermeister zum Sofortgeld?
Wolf: Mein Ärger darüber ist mittlerweile wieder verraucht, weil sich zeigt, dass die Soforthilfe gut läuft und die Bürgermeister sich konstruktiv in der Umsetzung zeigen. Wichtig ist, dass den Geschädigten geholfen ist.
Ist der Landkreis Pfaffenhofen für das nächste Hochwasser gewappnet?
Wolf: Der Landkreis ist bestes aufgestellt, technisch und organisatorisch wie auch personell, und es war beeindruckend, wie alle Helfer zusammengearbeitet haben – bis an die Grenzen ihrer Kräfte. In naher Zukunft wollen wir natürlich auch durch die eine oder andere Baumaßnahme noch bessere Hochwasservorkehrungen erreichen.