Nach dem Wirbel um den Ausschluss von Asylbewerbern aus Ingolstädter Diskotheken will die NPD jetzt vom Ingolstädter Oberbürgermeister das Plazet für eine eigene Schutztruppe – Das aber wird es selbstredend nicht geben – Noch nicht einmal eine Antwort
(ty) „Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Ich bin deutscher Staatsbürger. Ich kriege aber ums verrecken keine blonden Haare oder hellere Hauttyp hin. Ich würde gerne mit meinem afrodeutschen Freund Rakim am Wochenende im Amadeus feiern. Habt ihr ein paar Tipps für mich, wie wir die Türsteher überzeugen können uns reinzulassen?“ Das schreibt ein Deutscher mit offensichtlich ausländischen Wurzeln in Facebook.
Auslöser: Die hoch emotionale Diskussion um das Hausverbot für Asylbewerber in einer Ingolstädter Diskothek. Nach mehrfachen Belästigungen der weiblichen Gäste hatte der Betreiber der Disco sich entschlossen, seinen Laden für Asylbewerber dicht zu machen. Und nicht nur er alleine. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Von Diskriminierung bis Rassenhass reicht die Palette an Vorwürfen, denen er sich ausgesetzt sieht. Auf der anderen Seite erntet er aber auch viel Zustimmung in den sozialen Netzwerken. Gemäßigte Zustimmung ebenso wie massiv rechtslastige. Denn rechtes Gedankengut wuchert hier im sozialen Netz nahezu unverblümt. Und wirft die Frage auf, wie ausländerfeindlich Ingolstadt wirklich ist.
Zu allem Überfluss meldet sich jetzt auch noch die NPD offen zu Wort und will dem Oberbürgermeister der Stadt, Christian Lösel, an den sie einen Brief gerichtet hat, mit der Gründung einer Bürgerwehr „entgegenkommen“. Auf eine Antwort wird die umstrittene Partei jedoch lange warten. Denn die wird nicht kommen, wie uns der städtische Pressesprecher Gerd Treffer sagt. Die Stadt wolle diesem Ansinnen und der Partei keine Plattform bieten.
„Wie Ihnen sicher bekannt ist, kommt es seit einigen Monaten zu Ausschreitungen im Umfeld der von Ihnen einquartierten Asylbewerber“, schreibt Stefan Faber, der Kreisvorsitzender der NPD Ingolstadt, an den Oberbürgermeister. Aktuell stehe ein 33-jähriger Asylbewerber vor Gericht, der in einer Altstadt-Diskothek versucht habe, zwei Frauen zu vergewaltigen. „Hellhäutige Frauen sind für Ihre Schutzbefohlenen scheinbar ein begehrtes Statussymbol“, heißt es da wörtlich. In etlichen Fällen seien Frauen von Asylbewerbern auch bis zu ihrer Haustür verfolgt worden.
Den Gedanken einer Bürgerwehr habe Faber bereits einigen Wirten und Besuchern vorgetragen. Und das Echo sei enorm groß gewesen. „Daher bitte ich Sie, die Bürgerwehr Ingolstadt zu genehmigen.“ Dieses Schreiben ging übrigens auch an die Freiwilligen Feuerwehren, an Schützenvereine und Hundevereine.
Eine Besorgnis erregendes Ansinnen, das Erinnerungen an dunkle Zeiten der deutschen Geschichte wachruft. Das finden nicht nur die Grünen, die sich gestern aus aktuellem Anlass in einer Pressemitteilung vehement gegen jede Art der Diskriminierung ausgesprochen haben. Auch das Netzwerk Rassismus- und Diskriminierungsfreies Bayern hat ob der Ereignisse in Ingolstadt seinen Protest in einem Schreiben ans städtische Ordnungsamt formuliert: „Das Netzwerk hat das öffentlich formulierte Einlassverbot für Flüchtlinge in die Diskothek Amadeus mit Erschrecken zur Kenntnis genommen. Wir fordern Sie auf, gegen diese Form der rassistischen Zugangsbeschränkung vorzugehen und Maßnahmen zu ergreifen, damit in Zukunft ähnliche Fälle nicht wieder vorkommen.“
Das Netzwerk verwahrt sich ausdrücklich dagegen, ob einzelner Übergriffe „ganze Gruppen nach rassistischen Kriterien auszuschließen. Das widerspräche den Grundwerten unserer Gesellschaft. Unterschrieben hat diesen Brief auch der Bayerische Flüchtlingsrat.
Auf das angesprochene Verfahren gegen einen Asylbewerber vor dem Amtsgericht geht auch die Neuburger Rundschau in ihrem Artikel ein. „Der junge Mann muss sich verantworten, weil er am zweiten Weihnachtsfeiertag im Amadeus auf der Damentoilette zwei junge Frauen belästigt haben soll. Laut Anklageschrift soll er mit geöffneter Hose zuerst die eine angegangen und dann, als deren Freundin ihr zu Hilfe kam, auch die andere noch begrapscht haben. Beiden soll er den Mund zugehalten und versucht haben, sie gewaltsam gefügig zu machen“, schreibt das Blatt.
Sollte der Sachverhalt so stimmen, was zu entscheiden Sache des Gerichts ist, dann darf man natürlich nicht verschweigen, wie oft derartige „Annäherungsversuche“ auch von deutschen Gästen unternommen werden. Ohne allerdings die Konsequenz eines generellen Hausverbotes.
Und genau das wird im Facebook fleißig und teilsweise sehr emotional diskutiert. Welche Rechte hat der Besitzer eines Lokals, wie weit darf er gehen? „Dass eine Diskothek oder ein Club strenge Tür macht, ist nichts Neues, und es ist auch typisch und wesensmäßig für diesen Sektor. Hausrecht etc. – auch klar. Aber die systematische – und offen kommunizierte – ,Politik’, dass eine bestimmte definierte Gruppe draußen bleiben muss, ob man sie jetzt über Hautfarbe oder den Status Asylbewerber definiert, das ist Rassismus“, schreibt etwa ein Ingolstädter Anwalt im sozialen Netzwerk. Und stößt damit auf das Bauchempfinden anderer. Wobei Formulierungen wie „Eine Runde Mitleid für die armen Flüchtlinge. Immer diese bösen Deutschen. Wenn sich die Politik mal so um die einheimische Bevölkerung kümmern würde, dann hätten wir keine Probleme“ zu der eher harmlosen Sorte zählen.