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Laut Landrat Martin Wolf (CSU) spitzt sich die Situation im Kreis Pfaffenhofen zu – vermutlich im Juli wird man notgedrungen mit der Belegung von kreiseigenen Sporthallen beginnen müssen

Audio-Podcast: "Jetzt wird es konkrete Realität"

Von Tobias Zell

Angesichts des nicht abreißenden Zustroms von Asylbewerbern bleibt dem Landkreis Pfaffenhofen nichts anderes mehr übrig, als auch Turnhallen als Unterkünfte für Flüchtlinge zu nutzen. Das erklärte Landrat Martin Wolf (CSU) heute im Interview mit unserer Zeitung. Die Situation spitzt sich seinen Worten zufolge zu und man trete nun in eine „neue Phase“ ein. Wolf geht davon aus, dass vermutlich ab Juli notgedrungen mit der Einquartierung von Flüchtlingen in kreiseigenen Turnhallen begonnen werden muss. „Jetzt wird es konkrete Realität.“

Es gebe massive Anzeichen dafür, dass man nun bei der Unterbringung von Asylbewerbern „vom Regelbetrieb in einen Notfallbetrieb umschalten“ müsse, sagt Wolf. Die Zuwanderung habe sich zum einen noch einmal erhöht. Und die noch freien Wohnungen und Häuser zur Einquartierung von dem Landkreis zugewiesenen Flüchtlingen gehen nun offenbar langsam zu Ende. 

Zudem verweist Wolf auf ein aktuelles Schreiben aus dem bayerischen Sozialministeriums. In dem sei dem Landkreis sinngemäß mitgeteilt worden, dass man ab jetzt bei der Zuweisung von Flüchtlingen keinen zeitlichen Spielraum mehr habe. Bislang habe man hin und wieder einen kurzen Aufschub erwirken können. Und bis dato sei es, betont Wolf, auch stets gelungen, die entsprechenden Plätze zu schaffen – nicht zuletzt dank der Max-Immelmann-Kaserne in Oberstimm und dank der Nutzung des Geländes der ehemaligen Patriot-Stellung im Feilenmoos.

Mittlerweile kommen aber in München so viele Flüchtlinge an, dass die Regierung dem Landkreis Pfaffenhofen mitgeteilt habe, dass es nun zu „Zwangszuweisungen“ komme, berichtet Wolf. Das bedeute, dass ab der nächsten Woche künftig wöchentlich im Schnitt sieben Flüchtlinge vom Landkreis Pfaffenhofen aufgenommen werden müssen.

Wolf spricht angesichts dieser Entwicklung von einer „Zuspitzung“ und zeigt an einem einfachen Rechenbeispiel auf: Wenn der Landkreis zum Beispiel noch ein Haus angeboten bekomme, in dem 28 Flüchtlinge Platz finden, dann wäre die Situation für vier Wochen gelöst. Man sei jedenfalls sehr darauf angewiesen, weiterhin Wohnungen oder Häuser zu finden, betont Wolf und appelliert damit erneut an die Bürger, dem Landratsamt freie Objekte zu offerieren, um sie zur Einquartierung von Flüchtlingen anmieten zu können.

Gelingt eine Unterbringungen in Häusern und Wohnungen nicht, zeichnet sich laut Wolf jetzt ganz konkret die Belegung von Turnhallen ab. Auch Container seien weiter ein Thema. Doch es sei nicht einfach, passende kommunale Flächen dafür zu finden. Außerdem müsse man zur Unterbringung von 30 Leuten 20 Container aufstellen. Und auch das Wohnklima sei nicht optimal in den Containern. 

Man spreche jetzt die bevorstehende Unterbringung in Turnhallen ganz klar an, betont der Landrat angesichts der Lage. Doch auch die Nutzung von Sporthallen sei nicht ganz einfach; zum Beispiel wegen der nicht vorhandenen Abtrennungen. „Aber ich sehe keine andere Möglichkeit. Wir können nicht zaubern.“  Vorgespräche mit Hilfsorganisationen seien bereits geführt, sagt Wolf und berichtet von einem „Krisentisch“. Denn wenn der „Notfall“ eintritt, braucht man ja auch genügend Hilfs- und Betreuungspersonal für die in den Turnhallen einquartierten Flüchtlinge. 

Beginnen werde man mit der Belegung von kreiseigenen Turnhallen, erklärt Wolf. Er geht davon aus, dass frühestens im Juli die erste Sporthalle in Beschlag genommen werden muss. Der genaue Zeitpunkt hänge nicht zuletzt davon ab, ob es gelinge, noch Häuser oder Wohnungen zu finden, sagt er, stellt aber zur Turnhallen-Belegung klar: „Jetzt wird es konkrete Realität.“ Dabei weiß er freilich, dass es „sozialen Sprengstoff“ bergen kann, wenn zum Beispiel Turnhallen dann der Bevölkerung nicht mehr zur Verfügung stehen.

Bislang war man davon ausgegangen, dass im Kreis Pfaffenhofen bis zum Jahresende rund 1200 Flüchtlinge aufgenommen werden müssen. Das entspräche rund einem Prozent der Landkreis-Bevölkerung. Doch Wolf prognostiziert: Wenn die Entwicklung in dieser Dynamik weitergehe und der Zustrom von Asylbewerbern nicht unterbrochen werde, dann werde man möglicherweise schon Mitte nächsten Jahres bei zwei Prozent sein – also bei etwa 2400 Flüchtlingen, die es unterzubringen gilt. Einen Masterplan hat angesichts dieser Herausforderungen niemand. Da werde man improvisieren müssen, räumt Wolf ein. Und es brauche viele Menschen, die auf „Hilfe-Modus“ umstellen.

Das komplette Interview mit Landrat Martin Wolf hören Sie hier: "Jetzt wird es konkrete Realität"


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