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Der Landkreis Pfaffenhofen und der polnische Kreis Tarnów wollen ihre Partnerschaft intensivieren – etwa durch Austausch von Arbeitskräften und Praktikanten, im Gesundheits-, Rettungs- und Feuerwehrwesen sowie im Katastrophenfall

Von Tobias Zell

Um ihre seit fast 15 Jahren bestehende Freundschaft in Zukunft weiter zu intensivieren, haben der Landkreis Pfaffenhofen und der polnische Kreis Tarnów einen Partnerschaftsvertrag geschlossen. Pfaffenhofens Kreischef Martin Wolf und Tarnóws Vize-Landrat Zbigniew Karcinski unterzeichneten gestern im Rahmen einer gemeinsamen Sitzung der beiden Kreistage im Pfaffenhofener Stockerhof die entsprechende Vereinbarung. Zugleich wurde im Kreis Pfaffenhofen ein Partnerschafts-Komitee eingerichtet, das die Zusammenarbeit fördern und die Begegnung intensivieren soll. 

Altlandrat Rudi Engelhard (CSU) steht diesem neuen Komitee vor. Er hatte im Jahr 2001 mit dem damaligen Landrat von Tarnów, Michal Wojtkiewicz, im Kloster Scheyern eine erste Vereinbarung über die Zusammenarbeit der beiden Kreise geschlossen, die nun durch einen Vertrag mit weiteren Punkten ersetzt wurde. Wojtkiewicz, inzwischen Abgeordneter des polnischen Parlaments, wurde gestern die goldene Ehrenmedaille des Landkreises Pfaffenhofen verliehen – die höchste Auszeichnung, die der Kreis zu vergeben hat.

Alle dafür: Die Mitglieder beider Kreistage stimmten für den Partnerschafts-Vertrag.

Die rund 20-köpfige Delegation aus dem Kreis Tarnów ist am Donnerstagabend mit dem Bus angereist und bleibt bis Sonntag. Unter anderem stehen ein Besuch beim hiesigen Babynahrungs-Hersteller Hipp und ein Ausflug nach München auf dem Programm. Vize-Landrat Karcinski dankte für die Gastfreundschaft und lud die Mitglieder des Pfaffenhofener Kreistag zum Gegenbesuch ein. Der könnte im Sommer nächsten Jahres erfolgen, wie Landrat Wolf erklärte. Denn man habe vor, das erste Juli-Wochenende fortan zum „Wochenende der Partnerschaft und des Austauschs“ zu erklären. 

Bei der gestrigen gemeinsamen Sitzung der Kreistage wurden auch die beiden Landkreise in kurzen Image-Filmen vorgestellt. Die Region Tarnów liegt etwa 80 Kilometer östlich von Krakau; der Landkreis ist 1500 Quadratkilometer groß und zählt rund 200 000 Einwohner, die in sechs Städten und etwa 200 Dörfern leben. Drei Flüsse durchziehen den Landstrich, darunter die Weichsel. Der Kreis Tarnów ist eine Agrar-Region, Spezialitäten sind Obst, aber auch Karpfen und Bohnen. Es gibt zahlreiche Kiesgruben und eine bedeutsame Glas-Industrie. Der polnische Kreis beheimatet den größten Kunstdünger- und Kunststoff-Hersteller des Landes, ist bekannt durch seine Pilgerorte und zählt 110 Soldaten-Friedhöfe, die an die Toten des Ersten Weltkriegs erinnern.

Pavel Smolen (Vorsitzender des Landkreisrats von Tarnów, von links), Zbigniew Karcinski (Vize-Landrat von Tarnów), Pfaffenhofens Landrat Martin Wolf, Pfaffenhofens Altlandrat Rudi Engelhard, Dritter Landrat Josef Finkenzeller und Vize-Landrat Anton Westner.

Die Erneuerung und Vertiefung der Partnerschaft zwischen den beiden Landkreisen falle in eine Zeit, in der Europa in aller Munde sei, sagte Wolf, der neben Vize-Landrat Karcinski – der Landrat konnte wegen der Hochzeit seines Sohnes nicht mitkommen –  und dem Abgeordneten Wojtkiewicz auch Pawel Smolen als Vorsitzenden des Landkreisrats sowie Waclaw Prazuch, Sekretär im Tarnówer Landratsamt, begrüßte.

Prazuch, der früher einige Jahre zum Hopfenzupfen in die Hallertau gekommen war, ist damals von Wojtkiewicz ausgesandt worden, um diese erste polnisch-deutsche Partnerschaft einzuleiten. Ohne ihn würde es diese nicht geben, betonte Wolf und überreichte Prazuch den Ehrenteller des Kreises Pfaffenhofen. Das Wichtigste für alle seien Freundschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit, betonte Prazuch.

Sie begründeten die Partnerschaft: Rudi Engelhard (links), damals Landrat von Pfaffenhofen, und der polnische Parlaments-Abgeordnete Michal Wojtkiewicz, damals Landrat von Tarnów.

Die Erneuerung und Vertiefung der Partnerschaft zwischen den beiden Kreisen falle in eine Zeit, in der Europa in aller Munde sei, sagte also Wolf und erinnerte an die schwere Krise im polnischen Nachbarland Ukraine, die Sorge der osteuropäischen Länder vor einem neuen Vormachtstreben Russlands, die fragile Wirtschaft Griechenlands und dramatischen Szenen in Südeuropa und auf dem Mittelmeer.  Es seien mutige Entscheidungen gefordert, so Wolf. „Europa steht vor einer Nagelprobe oder vielleicht gar am Scheideweg.“ Doch je enger die Staatengemeinschaft zusammenstehe, desto besser werde man den Gefahren entgegentreten können. Es sei deshalb von besonderer Bedeutung, „dass alle Kräfte, die für Freiheit, Frieden und Demokratie sind, in Europa zusammenrücken, und dass der Gedanke der europäischen Einheit und des Miteinanders zwischen den Staaten der EU nicht nur von den europäischen Gremien, sondern auch von der Bevölkerung getragen wird“. 

Und mit Blick auf Tarnów sagte Wolf: Es sei daher eine ehrenvolle Aufgabe und eine besondere Herausforderung, die Partnerschaft mit den polnischen Freunden weiter zu pflegen, zu stärken und zu vertiefen. „Sie ist beispielhaft dafür, dass aus früheren Feinden Freunde werden können, dass man Grenzen überwinden und zueinanderfinden kann – auch und gerade in einer zivilen Bürgergesellschaft.“ Je mehr man sich kennenlerne, desto besser und solidarischer werde man sich verhalten. 

Waclaw Prazuch, Sekretär im Tarnówer Landratsamt (links), war einst zum Hopfenzupfen in der Hallertau und leitete später als Abgesandter des Kreises Tarnów die Partnerschaft mit dem Kreis Pfaffenhofen ein. Dafür bekam er von Landrat Martin Wolf den Ehrenteller des Kreises Pfaffenhofen.

Tarnóws Vize-Landrat Karcinski lobte den Landkreis Pfaffenhofen als Vorbild bei der Errichtung einer wirkungsvollen Selbstverwaltung in seiner Heimat. Die nun vertraglich neu besiegelte Partnerschaft trage zur europäischen Einigung bei, befördere die deutsch-polnischen Beziehungen und intensiviere die Zusammenarbeit der beiden Kreise. Karcinski gab sich zuversichtlich, dass die Partnerschaft auch messbare Ergebnisse und Vorteile für beide Seiten bringe. 

Der einstimmig von den Mitgliedern der beiden Kreistage beschlossene Vertrag ersetzt die Vereinbarung aus dem Jahr 2001, tritt heute in Kraft und ist auf fünf Jahre geschlossen. Neben den bisherigen Zielen einer Zusammenarbeit enthält das neue Papier unter anderem folgende Punkte: Unterstützung beim Austausch von Arbeitskräften und Praktikanten; Erfahrungsaustausch und Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Gesundheitswesens und der öffentlichen Sicherheit; besondere Unterstützung der Feuerwehren und des Rettungswesens sowie gegenseitige Technische Hilfe, insbesondere in Katastrophenfällen. Ein erstes konkretes Ergebnis gibt es bereits: Ein gebrauchtes Feuerwehr-Fahrzeug aus Schweitenkirchen wird nach Tarnów verkauft.

Michal Wojtkiewicz wurde mit der goldenen Ehrenmedaille des Landkreises Pfaffenhofen bedacht.

Das Partnerschafts-Komitee soll unter der Regie von Altlandrat Engelhard den Geist des neuen Partnerschafts-Vertrags fördern, sagte Wolf. „Das Komitee wird ein Gremium sein, das mit der Aufgabe betraut ist, die Menschen zusammenzubringen.“ Es solle Interessenten  und an der Zusammenarbeit interessierte Kräfte zusammenführen und die Möglichkeit der Begegnung der Menschen intensivieren, neue Freundschaften möglich machen sowie Kontakte zu öffentlichen Stellen weiter ausbauen, führte der Landrat aus. Das Komitee soll sich selbst organisieren; es gibt keine Regularien. 

Die Mitarbeit erfolge auf freiwilliger Basis. Für die Arbeit des Komitees soll alljährlich ein Budget im Pfaffenhofener Kreishaushalt zur Verfügung stehen. Besonders willkommen in dem Komitee sind nach Angaben aus dem Landratsamt polnisch-stämmige Bürger, die ihren festen Wohnsitz im Landkreis Pfaffenhofen haben; aber auch andere Interessierte seien eingeladen. Bei Interesse oder für nähere Infos kann man sich unter der Rufnummer (0 84 41) 27 – 433 melden.


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