Aktueller Situationsbericht: In den vergangenen zwei Jahren haben die Bauern in Bayern durchschnittlich 30 Prozent ihres Einkommens verloren
(ty) Die wirtschaftliche Situation der 108 000 landwirtschaftlichen Familienbetriebe im Freistaat ist seit mehr als zwei Jahren von erheblichen Verlusten geprägt. „In den vergangenen 24 Monaten haben die Bauern in Bayern durchschnittlich 30 Prozent ihres Einkommens verloren“, sagte der bayerische Bauernpräsident Walter Heidl anlässlich der Präsentation des Situationsberichts des Deutschen Bauernverbandes (DBV) in Berlin. Der Bericht basiert auf den Ergebnissen der landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe aus dem Wirtschaftsjahr 2015/16 (Juli 2015 bis Juni 2016).
In Bayern lag der monatliche Durchschnittsverdienst einer selbstständigen Familienarbeitskraft demnach bei 2123 Euro brutto. Davon müssen, darauf weist der Bayerische Bauernverband (BBV) hin, nicht nur die Kosten für die landwirtschaftliche Sozialversicherung (Krankenversicherung und Alterskasse) getragen werden, sondern auch Lebenshaltung, Altersversorge sowie Investitionen im Betrieb. „Die Bäuerinnen und Bauern bestellen Felder und Wiesen, sie kümmern sich tagtäglich verantwortungsbewusst um ihre Tiere und erzeugen hochwertige Lebensmittel – und doch bleibt ihnen selbst zum Leben nicht mehr viel übrig“, beklagt BBV-Chef Heidl.
Nachdem die Einkommen zwischen Juli 2014 und Juni 2015 bereits um durchschnittlich 22,5 Prozent zurückgegangen waren, habe sich der Negativ-Trend auch im Wirtschaftsjahr 2015/16 fortgesetzt: Unterm Strich stehen nochmals durchschnittlich 8,8 Prozent Minus für die bayerische Landwirtschaft. „Es sind äußerst harte Zeiten für die Bauern“, fasst Heidl zusammen. In den vergangenen Monaten wurden deshalb bereits verschiedene politische Hilfsprogramme auf den Weg gebracht.
„Diese Bemühungen, die Bauern zu unterstützen, sind richtig – und doch können sie die Einkommensverluste nicht ausgleichen“, sagt Heidl. Nach DBV-Berechnungen entstehen den deutschen Bauern alleine durch das Russland-Embargo Einbußen in Höhe von mindestens 800 Millionen Euro. „In einer solch schwierigen Situation zeigt sich, wie wichtig eine starke EU-Agrarpolitik und die Direktzahlungen für die Familienbetriebe sind.“
Die Folgen der russischen Import-Sperre für Lebensmittel aus dem Westen sowie der Machtkampf unter den vier großen Handelskonzernen in Deutschland „haben sowohl im Jahr 2015 als auch 2016 die Einkommen auf den Bauernhöfen weiter schrumpfen lassen“, sagte Heidl. Hinzukomme, dass die vierte globale Rekord-Ernte in Folge sowie hohe Lagerbestände und der niedrige Ölpreis die Erlöse im Ackerbau in den Keller gedrückt haben.
„Für Bauern kommen damit viele negative Faktoren zusammen“, resümiert der BBV-Chef. „Es ist eine außergewöhnliche Situation und eine außerordentlich harte Zeit für die Landwirtschaft.“ Seine Forderung: „Gerade der Lebensmittel-Einzelhandel muss endlich Verantwortung für die regionale Lebensmittelerzeugung übernehmen. Was wir brauchen, sind bessere Preise für uns Bauern.“
In Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, wo im Vergleich zu Bayern mehr spezialisierte Betriebe und größere Strukturen in der Landwirtschaft zu finden sind, musste bei den Wirtschaftsergebnissen in den vergangenen zwei Jahren ein Rückgang von 50 Prozent verzeichnet werden. Aufgrund der oftmals diversifizierten Einkommensstrukturen der bäuerlichen Familienbetriebe in Bayern seien die Veränderungen bei den Ergebnissen im Freistaat etwas geringer.
Dem Situationsbericht des Deutschen Bauernverbands (DBV) liegen die Daten von 12 826 deutschen Betrieben zugrunde, darunter ein Drittel aus Bayern. Die Ergebnisse des DBV-Situationsberichts sind nach eigenen Angaben repräsentativ, da sie nach der letzten Agrarstruktur-Erhebung hochgerechnet werden. Daten für die Regierungsbezirke oder für einzelne Landkreise in Bayern seien aber nicht verfügbar, da hierfür der Stichprobenumfang zu gering sei.