Nachdem es im Februar 2014 bereits in Ingolstadt strafrechtlich relevante Vorkommnisse gegeben hatte, musste ein Zug mit Löwen-Fans in Petershausen gestoppt werden: Bundespolizisten setzten damals Pfefferspray und Schlagstock ein – zu Recht, wie nun entschieden wurde.
(ty) Zwei Einsatz-Maßnahmen der Bundespolizei nach dem Zweitliga-Fußballmatch zwischen dem FC Ingolstadt und dem TSV 1860 München am 14. Februar 2014 hatten Nachspiele vor Gericht. In beiden Fällen klagten vier 1860-Fans gegen Einsatz-Maßnahmen in Petershausen und in München. Doch sowohl das bayerische Verwaltungsgericht als auch das Amtsgericht München haben entschieden, dass der Einsatz sowie die Maßnahmen der Bundespolizei rechtmäßig waren.
Medial fanden die Vorkommnisse am 14. Februar 2014 große Aufmerksamkeit. Nachdem es bereits am Bahnhof sowie im Stadtgebiet und auch im Stadion von Ingolstadt zu strafrechtlich relevanten Vorkommnissen gekommen war, musste damals ein Regionalzug mit Löwen-Fans auf der abendlichen Rückreise in Petershausen gestoppt werden. Einsatzkräfte der Bundespolizei waren angegriffen worden und setzten Schlagstock und Pfefferspray ein.
Am 10. August dieses Jahres fand vor der 7. Kammer beim bayerischen Verwaltungsgericht München unter dem Vorsitz von Richterin Gertraud Beck dazu eine mündliche Verhandlung statt. Vier Anhänger des TSV 1860, darunter eine mehrfach einschlägig mit diversen Fußballdelikten in Erscheinung getretene Frau, zweifelten an der Rechtmäßigkeit des Einsatzes und klagten gegen die Bundesrepublik Deutschland.
Bei der Verhandlung ging es konkret um die Prüfung der Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen in Petershausen – vor allem um den Einsatz von Pfefferspray und des so genannten Einsatzmehrzweckstocks. Bereits bei der Zeugeneinvernahme konnte sich die Vorsitzende dabei Zwischenbemerkungen – Man sollte sich bei einem Polizei-Einsatz raushalten und man brauche keine Bürgerwehr – nicht verkneifen.
Auf Nachfrage schilderte die Zeugin unter anderem, dass die Polizei wahllos Pfefferspray gesprüht habe. Hierzu stellte das Gericht klar, dass dieser Vorfall nicht wegen des Rauchens eskalierte, sondern weil ein Fan zuvor einen Polizeibeamten geschlagen hatte. In weiteren Ausführungen erklärte die Vorsitzende: Für den Pfefferspray-Einsatz könne sie die Rechtmäßigkeit prüfen, für den Einsatz des Schlagstocks nicht, da kein "Schlagen" stattfand. Dies sei bereits bei einem Prozess gegen die Polizisten, der mit Freispruch endete, geprüft worden. Der Fortsetzungstermin vor der 7. Kammer am 12. Oktober endete letztlich mit der Feststellung der Rechtmäßigkeit des Polizei-Einsatzes und der Abweisung der Klage.
Das zweite Urteil zur Einsatzmaßnahme „Identitätsfeststellung“ sorgt laut einem Sprecher der Bundespolizei nun über München hinaus für Rechtssicherheit. Und zwar für jene Fälle, in denen "Fußball-Randalierer" in Zügen straftätig werden und im weiteren Reiseverlauf an einem Bahnhof (Stichwort Eingreifbahnhof) deswegen kontrolliert werden.
Das Amtsgericht München verhandelte am 15. November die im obigen Verfahren abgetrennte polizeiliche Maßnahme der Identitätsfeststellung in Folge der Petershausener Vorfälle nach Ankunft des Regionalzugs am Münchner Hauptbahnhof.
Auch das Amtsgericht München entschied nun zugunsten der Bundesrepublik Deutschland. Der Antrag der vier Anhänger des TSV 1860 wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Die Schlüsselsätze der Urteilsbegründung lauten: „Der Antrag ist unbegründet.“ Und: „Die hier verfahrensgegenständlichen polizeilichen Maßnahmen im Bereich des Hauptbahnhofs München waren rechtmäßig. Die Maßnahmen zielten auf die Feststellung der Identität derjenigen Person, die im Rahmen der Rückreise mit dem Zug aus Ingolstadt der Begehung von Straftaten verdächtig waren. Die Maßnahmen waren von § 163b StPO gedeckt.“
Weitere gekürzte Auszüge aus dem Urteil:
- „Aus den Ausführungen der Antragsteller ergibt sich nichts, das geeignet wäre, die Richtigkeit der Ausführungen der Bundespolizei in Frage zu stellen. Die Ausführungen der Bundespolizei stützen sich auf mehrere Polizeiberichte und Protokolle von Vernehmungen der eingesetzten Beamten, die den Geschehensablauf glaubhaft und detailreich wiedergeben.“
- „Die mit dem hier verfahrensgegenständlichen Polizei-Einsatz am Münchner Bahnhof beabsichtigte Personalienfeststellung der Verdächtigen war erforderlich, da unter dem Personenkreis zahlreiche Straftaten begangen wurden, nicht nur Verbalaggressionen, sondern auch massive Gewaltanwendung aus dem Personenkreis der ,Fans’ war festzustellen.“
- „Da es um eine große Menschenmasse ging, waren die Absperrung und das Schaffen einer Kontrollstelle geeignet und verhältnismäßig. Eine weniger einschneidende Maßnahme kam nicht in Betracht, zumal angesichts der großen Menschenmasse das Ansprechen einzelner Personen zwecks Personalienfeststellung nicht erfolgversprechend gewesen wäre, zumal abgesehen davon zahlreiche dieser Personen gewalttätig waren."
Im Urteil wird explizit auch auf eine der Klägerinnen eingegangen, die sogar namentlich genannt wurde: „Die Antragstellerin (...) ist eine der Personen, um deren Identitätsfeststellung es hier ging. Immerhin wurde sie mit Strafbefehl des Amtsgerichts Ingolstadt wegen Beleidigung verurteilt, wegen einer Verbalaggression gegenüber den am Bahnhof Ingolstadt eingesetzten Polizeibeamten und die geeignet war, die spätere Eskalation des Verhaltens der aggressiven Fans zu fördern.“
Die von den Klägern angestrengten Verfahren sind damit zugunsten der Bundespolizei entschieden worden. „Der Münchner Einsatzleiter, der mehr als zwei Jahre mit der Unsicherheit leben musste, ob er richtig entschieden hatte, darf es zudem als Erfolg verbuchen, dass er die Maßnahme im weiteren Verlauf abgebrochen hatte“, heißt es von der Bundespolizei. Das Urteil stellte klar: "Da von Seiten der Gewalttäter unter den Fans die Situation zunehmend eskalierte, wurde seitens der Polizei zur Vermeidung von Gefahren insbesondere auch gegenüber Unbescholtenen, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit abgebrochen."