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Das Pfaffenhofener Kabarett-Ensemble "Stachelbär" hat sein neues Programm präsentiert – Ein bunter Strauß an Szenerien und Figuren,  aber vielleicht etwas zu brav

Ausschnitt zum Anhören: Herker, Hendl und HH

Von Tobias Zell 

„Wer vieles bringt, wir manchem etwas bringen“, ließ einst schon Goethe im „Faust I“ den Direktor beim „Vorspiel auf dem Theater“ sagen. Das Pfaffenhofener Kabarett-Ensemble „Stachelbär“ agiert seit Jahren nach diesem Motto. Verschiedene Szenen, unterschiedliche Charaktere in wechselnden und wiederkehrenden Rollen, mal hintersinnig, mal kalauernd, mal etwas derber, mal hoch-intellektuell, mal politisch, mal gar nicht, mal g’scherter, mal moderater, mal lustiger, mal flacher. Gestern Abend lud die fünfköpfige Truppe zur Premiere ihres neuen Programms in den hiesigen Stockerstadel. Am Ende hörte man viel Applaus. 

„Gebt ihr ein Stück, so gebt es gleich in Stücken!“, sagt der faustische Theater-Direktor. „Solch ein Ragout, es muss Euch glücken; leicht ist es vorgelegt, so leicht als ausgedacht. Was hilft’s, wenn Ihr ein Ganzes dargebracht? Das Publikum wird es Euch doch zerpfücken.“ Das Publikum im Stockerhof wirkte zuweilen äußerst angetan von dem Stachelbär-Ragout, phasenweise war die Gag-Dichte indes überschaubar. Die Meinungen gingen letztlich auseinander. „Denen fällt nicht mehr viel Neues ein“, befand der eine. „So gut wie seit Jahren nicht mehr“, attestierte der andere.

 

Volker Bergmeister in Aktion.

In der Tat beginnt der Abend mit einer Art Vorspiel auf dem Theater. Die Eröffnung der Gartenschau ist das Thema, man wartet auf die Rede von Bürgermeister Thomas Herker (SPD). Er möchte wissen, sagt einer, wen der heute wieder beleidigt.  Man spricht auch über die „Stachelbären“, die gleich auftreten. Das politische Gewissen von Pfaffenhofen sollen die sein. Einer ist sogar bei den Windrad-Gegnern. Selbstironisch, ja selbstkritisch ist das; man könnte aber auch sagen: selbstreferenziell. „Wenn die Beeren Stacheln tragen“, steht auf dem an einem Bauzaun befestigten Werbe-Banner, das die Kulisse bildet und einen den ganzen Abend lang daran erinnert, dass sich fast alles um die anstehende kleines Landesgartenschau dreht. 

In verschiedenen Szenen und bei wechselnder Besetzung arbeiten sich Volker Bergmeister (abgebrüht und treffsicher), Michael Eberle (keiner echauffiert sie so wunderbar), Roland Andre (unaufgeregt unterhaltsam), Claus Drexler (vielseitig, wie man ihn kennt) und Brigitte Moser (die Göttin der Mimik) dann kabarettistisch durch die Vorkommnisse der jüngsten Vergangenheit in Stadt und Umland. Nicht unter der Gürtellinie und niemals beleidigend, das sei betont. Ein bisserl stachliger hätten die Bären – oder Beeren – ruhig sein dürfen. Kabarett darf, soll, muss sich was trauen. An die Grenze geht man hier aber nicht nur nicht, man bleibt in sicherer Entfernung. Ja, manchem mag das zu brav sein. 

 

Michael Eberle als neunmalkluger Preuße.

So klein kann in Pfaffenhofen gar nichts sein, dass es nicht groß ist, heißt es in Anspielung auf die permanent gerührte Werbetrommel und den Aktionismus, den man in der Kreisstadt verbreitet. Rathauschef Herker und Markus Käser, der Obersozi in Stadt und (Um-)Land, sind mehrfach das Thema. Die vorherrschenden Themen zuletzt im Landkreis werden ebenfalls aufgespießt: Aufregung um Windräder, die geplante Erweiterung der Hähnchenmast im Wolnzacher Ortsteil Eschelbach auf rund 145 000 Tiere – und die Ilmtalklinik, die wie ein Bermuda-Dreieck ist, weil alles da verschwindet: Personal, Geld und der gute Ruf. 

Ihr Fett kriegt natürlich auch die CSU weg. Deren Kreischef, der Landtagsabgeordnete Karl Straub, wird als „der Verhaltensauffällige aus Wolnzach“ tituliert – viel mehr Aufmerksamkeit schenkt man ihm nicht. Der Landrat wird zum „Kurzzeit-Wolf“, weil er bekanntlich im Falle seiner Wiederwahl nur mehr drei Jahre machen will. Er tritt an gegen Norbert Ettenhuber (Grüne) aus Baar-Ebenhausen, den „Raufbold a. D.“ – der bekanntlich vor sechs Jahren seine Kandidatur zurückzog, nachdem er in eine handfeste Auseinandersetzung verwickelt war. Die Ermittlungen gegen ihn wurden aber seinerzeit eingestellt.  Überrascht zeigen sich die Stachelbären, dass auch FDP-Mann Franz Niedermayr Landrat werden will. Ein bisschen Angst hat man indes vor den Russen, denn die entscheiden neuerdings jede Wahl.

 

Hackedicht, aber dichtend: Volker Bergmeister und Roland Andre als Promille-Philosphen.

Aber wir waren ja bei der CSU-Schelte. Vielleicht sei deren Taktik ja, Herker einzuschläfern, um dann bei der nächsten Wahl einen aus dem Hut zu zaubern. Wobei: Bislang haben sie ja noch nicht mal einen Hut. Zudem müsse man bei den Pfaffenhofener Christsozialen auch eher von „Oppositzion“ sprechen – denn anscheinend reiche es ihnen, dass sie noch im Stadtrat sitzen. 

Und der Herker, wenngleich er nicht „Everybody’s Darling“ und damit „Everybodys Depp“ sein mag sowie hin und wieder verbal entgleist, regiert derweil unbeirrt vor sich hin. „Hat der Machold groß getönt, hat der Herker ihn gefönt“, hieß es in Anspielung auf die eben nicht eingetretenen Folgen der unter Herkers Federführung verhinderten Sparkassen-Fusion. Ob er im Jahr 2020 Landrat werden will oder doch Bürgermeister bleibt? Wenn, dann macht er gleich beides. Weil unter Herker, da rührt sich was. Eine neue Schule wird gebaut und ein neues Hallenbad. Die Umgehungsstraße wird er nach Einschätzung der Stachelbären wohl nicht mehr erleben. Dafür ist er praktisch ein Sankt Martin. Er hat zwar nicht seinen Mantel, aber immerhin den Spielplatz von Förnbach geteilt.

 

Gar nicht lady-like: Michael Eberle in einer seiner Rollen.

Die Gartenschau wird ausgiebig und von allen Seiten stachelbärig beleuchtet. Die Suffköpfe am Stehtisch leiden unter der Insektenplage. Der Hundehalter beklagt, dass sein Vierbeiner nicht auf Gelände darf, und lässt ihn deshalb mehrmals täglich ans Drehkreuz kacken. Zum Angebot „Hochzeit auf der Gartenschau“ eskaliert das Gespräch eines Ehepaars (Claus Drexler und Brigitte Moser), das seit 25 Jahren verheiratet ist. Sie fühlt sich nämlich nicht mehr so schön, wenn sie in den Spiegel schaut. Da kann er – vorerst –beruhigen: Im Spiegel sieht man doch alles verkehrt herum. Und außerdem will er zum Fußball. 

Kein gutes Haar lassen die Protagonisten an dem mächtigen Bauwerk auf der Ilminsel. Nicht alles, was viereckig ist, sei schon Bauhaus-Stil. Von einem „Dampfer“ könne in Anspielung auf die Gebäudeform schon gar keine Rede sein. Das sei eher ein Dämpfer, und zwar für den guten Geschmack. Der Architekt sollte gezwungen werden, selbst hier einzuziehen – um sich bei allen Passanten persönlich zu entschuldigen. Auch der Neubau der Arlmühle gefällt nicht, ein „Betonklotz“ sei das. Die singende Klofrau sorgt sich indes um ihr Geschäft – oder eben nicht – und bewirbt sich um Gesangs-Auftritte auf der Gartenschau. Für einen echten Brüller sorgt ein Lesefehler in der Gartenschau-Broschüre: „Sch(w)ule im Grünen – die Gartenschau zum Anfassen.“

 

Die etwas andere Lesart: Moser, Drexler, Andre.

Wie gesagt: Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen. Schauspielerisch, in Sachen Gestik und Mimik, macht dem Fünfer-Pack auf der Bühne keiner was vor. Da wird sich herrlich aufgeregt, der Preuße gschaftelt fachgerecht auf, die Besoffenen wirken dichter als jeder Betrunkene es könnte. Zwischendurch wird es skurril. Und so manche Wortakrobatik trifft den Nerv der Sprachfans: Aus dem CSU-Slogan „Laptop und Lederhos’n“ wird mit Blick auf Käser, der ja Chef der Bayern-SPD werden will: „Leb top in Lederhos’n.“ Ein Sozi und ein Bazi sei der Käser, dem alles zuzutrauen sei – deshalb könne er auch gewinnen. 

Eberle regt sich herrlich auf.

Zum Abschluss gibt’s wieder ein paar Gstanzl, musikalisch begleitet von den Dellnhauser Musikanten, die auch zwischendurch für zünftige Töne sorgen. Am Ende bleibt die Frage, die jeder für sich selbst beantworten muss: Ist dieser Abend 22 Euro wert? Ein Ticket für Urban Priols Jahresrückblick „Tilt“ kostet ungefähr das gleiche – ebenso wie eine Karte für Django Asüls „Letzte Patrone“ oder für Günter Grünwalds „Deppenmagnet“. Aber da geht’s freilich auch nicht um Pfaffenhofen, Herker, Käser und die Gartenschau.

 

Brigitte Moser als Putzfrau.

Weitere Auftritte der Stachelbären mit ihrem neuen Programm „Mia, ihr und Bier 2017“ sind für 17. März, 18. März und 31. März sowie für 1. und 2. April angesetzt. Beginn der rund dreistündigen Darbietung ist jeweils um 20 Uhr im Stockerhof an der Münchner Straße in Pfaffenhofen. Karten gibt’s bei Tabak Breitner und in der Geschäftsstelle des PK. Weitere Infos unter www.kabarett-stachelbaer.de

Hier hören Sie einen Ausschnitt aus dem Programm: Herker, Hendl und HH


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