Für einen Sonderbericht wurden die Ergebnisse der Befragung von rund 5000 Bürgern im Freistaat ausgewertet.
(ty) Wie ist es um die (gefühlte) Sicherheit im Freistaat bestellt? „Die Menschen in Bayern leben nicht nur in Sicherheit, sondern sie fühlen sich auch sicher“, resümiert Robert Heimberger, Präsident des bayerischen Landeskriminalamts (LKA), die Ergebnisse einer groß angelegten nationalen Dunkelfeld-Opferbefragung, bei der auch knapp 5000 bayerische Bürger und Bürgerinnen ab dem Alter von 16 Jahren zu ihren Kriminalitätserfahrungen und -einstellungen befragt wurden. Die kriminologische Forschungsgruppe der bayerischen Polizei (KFG) veröffentlichte jetzt die Ergebnisse einer Sonderauswertung des „Deutschen Viktimisierungssurveys 2012“.
Mit dem länderspezifischen Datensatz des „Deutschen Viktimisierungssurveys 2012“, einer Studie des Bundeskriminalamts (BKA) in Kooperation mit dem Freiburger Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht (MPI) , sei es erstmals möglich, repräsentative Aussagen zur Kriminalität im Dunkelfeld in Bayern zu treffen. Die Länderauswertung der KFG zeigt, dass im Jahr 2012 lediglich rund 13 von 1000 bayerischen Bürgern innerhalb eines Jahres Opfer einer Straftat wurden.
Bei der telefonischen Befragung wurden Opfererlebnisse für zwölf verschiedene Delikte erhoben. Darunter sind neben Diebstahlsdelikten (Fahrraddiebstahl, Kraftraddiebstahl, Kfz-Diebstahl, Wohnungseinbruchdiebstahl und Diebstahl von persönlichen Gegenständen), Betrugsdelikte (Konsumenten- und Zahlungskartenbetrug) und Gewaltdelikte (Körperverletzung und Raub) sowie Internetdelikte (Schädigung durch Schadsoftware, Phishing und Pharming).
Das Ausmaß der Opfererlebnisse fällt in den Deliktsbereichen unterschiedlich hoch aus: Schwere Formen der Kriminalität wie etwa Raub, Körperverletzung und Wohnungseinbruchdiebstahl kommen selten vor. So berichten lediglich drei von 1000 bayerischen Bürgern, innerhalb eines Jahres beraubt worden zu sein, acht von 1000 waren von einem Wohnungseinbruch und 24 von 1000 von einer Körperverletzung betroffen. Allerdings sei der Anteil der Personen, die wiederholt Opfer werden, gerade bei Körperverletzung und Wohnungseinbruchdiebstahl besonders hoch.
Daraus ergibt sich nach Ansicht von Dr. Figen Özsöz, die für die bayerische Länderauswertung verantwortlich zeichnet, ein gesonderter (präventiv)-polizeilicher Handlungsbedarf, da diese Straftaten das psychische Wohlbefinden, das Sicherheitsgefühl und damit die Lebensqualität der Betroffenen im erheblichen Maße beeinträchtigen könnten. Mit Abstand am häufigsten werden Opfererlebnisse im Zusammenhang mit der Nutzung des Internets angegeben, dabei insbesondere Datenverluste oder Schäden durch Schadsoftware.
Jüngere Menschen zwischen 16 und 34 Jahren sind mit Ausnahme von Zahlungskartenbetrug und Wohnungseinbruchdiebstahl von allen untersuchten Straftaten häufiger betroffen als Ältere ab 65 Jahren. Männer weisen im Vergleich zu Frauen höhere „Viktimisierungsraten“ mit Körperverletzung, Internetdelikten sowie Konsumenten- und Zahlungskartenbetrug auf. Migranten sind vor allem häufiger Opfer von Gewaltdelikten (Körperverletzung und Raub), Konsumentenbetrug und Fahrraddiebstahl als Einheimische. Vor dem Hintergrund der aktuell hohen Flüchtlingszahlen empfiehlt Özsöz, auf das erhöhte Viktimisierungsrisiko der Migranten seitens der Polizei und Politik ein verstärktes Augenmerk zu richten.
Wer schon einmal Opfer einer Straftat wurde, fühlt sich folglich stärker von Kriminalität bedroht als derjenige, der keine Viktimisierung erlebt hat. Allerdings gibt es eine Reihe von individuellen Faktoren wie etwa allgemeine Ängstlichkeit, subjektive Einschätzung des Viktimisierungsrisikos und Bewältigungsstrategien die das Ausmaß der Kriminalitätsfurcht mitbestimmen. Insgesamt lasse sich innerhalb der bayerischen Bevölkerung „eine geringe allgemeine Kriminalitätsfurcht feststellen“. Lediglich eine kleine Minderheit von zwölf Prozent äußert starke Ängste vor Kriminalität.
Darüber hinaus wirken – so heißt es weiter – nicht alle Straftaten gleichermaßen furchteinflößend. Bei einer Gegenüberstellung der Deliktsbereiche Körperverletzung, Wohnungseinbruch, Raub und sexuelle Belästigung erweisen sich Raub (16 Prozent) und Wohnungseinbruch (15 Prozent) als diejenigen Delikte, vor denen sich alle Befragten am meisten fürchten.
Frauen zeigen den Angaben zufolge insgesamt und vor allem in Bezug auf sexuelle Belästigung ein höheres Kriminalitätsfurchtniveau als Männer (14 Prozent gegenüber sechs Prozent). Der Wohnungseinbruch sei das Deliktsfeld, bei dem die Geschlechterunterschiede am geringsten ausfallen. Generell werde das Sicherheitsgefühl durch Straftaten, welche die körperliche Unversehrtheit oder eine Verletzung der Privatsphäre betreffen, am stärksten und nachhaltigsten beeinträchtigt.
Die Studie zeige weiterhin, dass die Polizei in der bayerischen Bevölkerung großes Vertrauen genießt. So bewertet die überwiegende Mehrheit der Personen (87 Prozent), die in den zwölf Monaten vor der Befragung eine persönliche Begegnung mit der Polizei hatte, diese als zufriedenstellend. Eine zukünftig wichtige Aufgabe für die Polizei wird nach Ansicht von Özsöz darin bestehen, dieses Vertrauen weiterhin auf hohem Niveau aufrechtzuerhalten, indem sie ihre Tätigkeit nicht nur auf die objektive Sicherheitslage ausrichtet, sondern auch der subjektiv empfundenen Bedrohung vor Kriminalität entgegenwirkt – insbesondere weil die Kriminalitätsfurcht auch einen unmittelbaren Einfluss auf die polizeiliche Arbeit hat. Denn Menschen mit wenig Sorge vor Kriminalität schenken der Polizei größeres Vertrauen, trauen ihr mehr Erfolge zu, sind mit der polizeilichen Arbeit insgesamt zufriedener und entsprechend eher bereit, die Polizei bei der Aufklärung von Straftaten zu unterstützen.
Bei der eingangs erwähnten Dunkelfeldstudie handelt es sich um eine bundesweite Bevölkerungsumfrage zu kriminalitätsbezogenen Erfahrungen und Wahrnehmungen. Konzipiert wurde sie vom Bundeskriminalamt gemeinsam mit dem Freiburger Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht. Die Datenerhebung erfolgte durch das Institut für angewandte Sozialwissenschaft. Im Fokus der Befragung stehen insbesondere die Erfahrungen der Bürger als Opfer von Kriminalität, ihr Anzeigeverhalten, ihre Kriminalitätsfurcht und Einstellungen zu Polizei und Justiz.
Ziel ist es, über die polizeiliche Kriminalstatistik hinausgehende Erkenntnisse zur Kriminalitätswirklichkeit und damit über die Sicherheitslage zu gewinnen. Dabei wurden im Jahr 2012 insgesamt 35 503 deutschsprachige Personen im Alter von mindestens 16 Jahren wie auch zur Wohnbevölkerung gehörende Migranten, die nicht ausreichend deutsch, sondern türkisch und russisch sprechen, telefonisch befragt. Die bayerische Stichprobe besteht aus 4969 Befragten. Die oben dargelegten Daten beziehen sich ausschließlich auf die zentralen Ergebnisse der Dunkelfeldbefragung in Bayern.