In Bayern entstehen neun stationäre Lkw-Kontrollstellen, eine davon an der A9 bei Fahrenzhausen.
(ty/zel) Die Fakten sind alarmierend: Im vergangenen Jahr ist in Bayern die Zahl der Unfälle mit Lkw-Beteiligung um 8,7 Prozent auf 4459 gestiegen. Dabei starben 36 Menschen, 1785 wurden verletzt. Mehr als zwei Drittel – 68,3 Prozent – dieser Crashs wurden von Lastwagen-Fahrern verursacht. Hauptursachen waren insbesondere fehlender Sicherheitsabstand, nicht angepasste Geschwindigkeit, technische Mängel und Übermüdung. Um im Freistaat noch stärker gegen Lkw-Unfälle vorzugehen und so für mehr Sicherheit im Straßenverkehr zu sorgen, setzt Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) nicht nur auf mobile Kontrollen, sondern auf stationäre Lkw-Kontrollstellen. Unter anderem an der A9 bei Fahrenzhausen.
Dort war heute Nachmittag zum Pressetermin geladen worden. Betont wurde dabei, dass moderne Technik – wie zum Beispiel mitunter auch ein riesigen Röntgen-Gerät für Lastwagen – zum Einsatz kommt, sowie dass Polizei, Zoll und das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) eng zusammenarbeiten. Insgesamt sollen in Bayern neun stationäre Lkw-Kontrollstellen in Anlehnung an ein österreichisches Modell eingerichtet werden. Wie Minister Herrmann deutlich machte, könne die Polizei damit noch besser sowie tageszeit- und witterungsunabhängig ihrer Arbeit nachgehen. „Die abgesperrten und gut beleuchteten Kontrollbereiche bedeuten auch deutlich mehr Sicherheit für unsere Einsatzkräfte“, betonte er.
Drei der neun anvisierten Standorte für diese neuen stationären Lkw-Kontrollstellen sind nach den Worten von Herrmann bereits vorgesehen: an der A9 bei Ahornberg in Oberfranken, an der A8 bei Bad Feilnbach in Oberbayern und eben an der A9 bei Fahrenzhausen. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, diese Lkw-Kontrollstellen schnellstmöglich einzurichten", versicherte Herrmann.
Der Zoll greift mitunter auf ein Spezialfahrzeug zurück, mit dem ganze Lkw-Ladungen durchleuchtet werden können.
Für die restlichen sechs Kontrollstellen erarbeite derzeit eine Experten-Gruppe der bayerischen Polizei zusammen mit den Autobahn-Direktionen konkrete Vorschläge. Im Endausbau will man in jedem Präsidiumsbereich der bayerischen Polizei – mit Ausnahme von München – eine solche stationäre Lkw-Kontrollstelle haben, erklärte der Minister beim Ortstermin nahe Fahrenzhausen. Einen genauen Zeitplan bis zur vollständigen Realisierung gibt es noch nicht.
Besonders wichtig ist für Herrmann die enge Zusammenarbeit der Polizei bei den Lkw-Kontrollen mit anderen Behörden, wie etwa dem Bundesamt für Güterverkehr (BAG) und dem Zoll. Eine bedeutsame Rolle spielt auch die Ausstattung der Einsatzkräfte mit hochmoderner Ausrüstung – zum Beispiel spezielle Auswerte-Geräte für elektronische Fahrtenschreiber, um Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten konsequent verfolgen zu können. Oder eben ein Spezial-Lkw, der im Grunde ein mobiles Röntgengerät ist und mit dem sogar die Ladung der größten Laster durchleuchtet werden kann.
Wenn ein Lkw geröntgt wird, ist Abstand geboten.
Außerdem hat die Polizei im Rahmen des Verkehrssicherheits-Programms „Bayern mobil – sicher ans Ziel“ analoge Verkehrsmess-Technik auf digitale Überwachungs-Anlagen umgestellt. Mit den neuen Abstands-Messgeräten könnten die Gesetzeshüter noch besser Abstands-Verstöße von Lkw verfolgen und so genannte Elefantenrennen ahnden, sagte Herrmann.
Darüber hinaus sind für die neuen stationären Lkw-Kontrollstellen auch spezielle Fahrzeug-Waagen vorgesehen, um eine etwaige Überladung festzustellen. Denn überladene Lastwagen seien nicht nur ein rollendes Sicherheitsrisiko, sondern schaden auch den Straßen, so der Minister. Nicht zuletzt sollen bei den Kontrollen freilich auch die Fahrtauglichkeit des jeweiligen Lkw-Lenkers sowie der technische Zustand der Brummis und die Ladungssicherung eingehend überprüft werden.
Wie der Minister heute darlegte, hat die bayerische Polizei im vergangenen Jahr allein im Güterverkehr über 192 000 Verkehrsteilnehmer kontrolliert. Mehr als 55 000 Lkw-Fahrer mussten dabei beanstandet werden; rund 8000 Fahrzeuge wiesen technische Mängel auf, mehr als 2700 Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten wurden festgestellt. Das sei eine „relativ hohe Beanstandungs-Quote“, sagte Herrmann. Sie liege deutlich höher als bei Pkw.
Heute Nachmittag fand übrigens nicht nur ein Termin für Medienvertreter statt, es wurde auch gleich Ernst gemacht. Unter der Federführung der Freisinger Verkehrspolizei nahmen etwa 35 Einsatzkräfte innerhalb von rund vier Stunden insgesamt 46 Schwerlast-Fahrzeuge unter die Lupe. Spezialisten der Polizei sowie Vertreter von BAG und Zoll nutzten dabei zum ersten Mal diesen neuen Kontrollplatz an der A9. Vorgeschaltet war eine Abstands-Messung, die bereits rund fünf Kilometer vorher – auf Höhe von Allershausen – erfolgte. Polizei-Motorräder und Streifenwagen leiteten die Lkw-Fahrer dann zu der Kontrollstelle.
Der Minister informiert sich über das Ergebnis einer Lkw-Kontrolle.
Die Bilanz hier lautete gegen 15 Uhr wie folgt: 13 Ordnungswidrigkeiten-Anzeigen wegen Unterschreitung des Mindestabstands von 50 Metern, eine Verwarnung wegen Überschreitung der Lenkzeit, zwei Beanstandungen wegen mangelnder Ladungssicherheit, eine Anzeige wegen Tempo-Überschreitung um 21 km/h und eine Anzeige wegen fehlender gewerberechtlicher Erlaubnis. Außerdem gab es eine Anzeige nach dem Gefahrgutrecht, weil der Lkw-Fahrer wichtige Schutzausrüstung nicht mitführte.
Franz Groß von der Verkehrspolizei Freising, der die Aktion leitete, zeigte sich sehr zufrieden mit dem Ablauf dieser ersten gemeinsam durchgeführten Kontrolle auf dem neu eingerichteten Areal. Sozusagen zur Kontrollstellen-Premiere durfte Minister Herrmann dann unter den Augen von Günter Gietl, dem Chef des Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord, noch einen Kuchen in Form eines Sattelzugs anschneiden – und verköstigen. Gebacken hatte den mit „Duplo“ beladenen Laster eine junge Beamtin, die federführend mit Social-Media-Aktivitäten beim Präsidium betraut ist.
Im Zuständigkeitsbereich des in Ingolstadt ansässigen Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord, zu dem auch der Landkreis Pfaffenhofen gehört, ereigneten sich im vergangenen Jahr insgesamt 2529 Verkehrsunfälle, an denen Schwerverkehrs-Fahrzeuge beteiligt waren. Dabei wurden 829 Personen verletzt und 13 getötet.
