Drittklässler-Papa Martin Haimerl aus Hettenshausen fordert Konzentration auf Hauptfächer. CSU-Abgeordneter Straub hat Verständnis und will Lösung finden.
(ty) Lernrückstände wegen der Corona-Auswirkungen, nicht zuletzt für ihr eigenes Kind, beklagen beziehungsweise befürchten die Eltern eines achtjährigen Grundschülers aus Hettenshausen und machen sich für eine andere Gestaltung des Unterrichts stark. Sie fordern vorerst eine Konzentration auf die Hauptfächer. Es sei schockierend, mit welcher Routine nach einem halben Jahr Unterrichts-Versäumnis der Schul-Alltag wieder aufgenommen werde. "Den Kindern drei Stunden Religion, drei Stunden Sport, Musik und Kunst zu lehren, während beängstigende Defizite in den Hauptfächern bestehen, kann ich nicht nachvollziehen", so Familienvater Martin Haimerl. Er hofft auf den Einsatz des Landtags-Abgeordneten Karl Straub (CSU). Der zeigt Verständnis und will sich für eine Lösung engagieren, hat nach eigenem Bekunden auch bereits Schritte eingeleitet.
"Wir sind in Sorge um die Zukunft unseres Sohnes", erklärt Drittklässler-Papa Martin Haimerl nach einem Elternabend zum Start ins neue Schuljahr gegenüber unserer Zeitung. Er sieht Politik und Schule in der Pflicht, die Hauptfächer zu priorisieren. "Nachdem die Klasse bereits einen Test in den Fächern Deutsch und Mathe zur Beurteilung geschrieben hatte, konnte uns die Lehrerin eine Einschätzung zum Wissensstand der Schüler geben", berichtet er. Leider sei diese Rückmeldung "wenig erfreulich" gewesen.
Er fasst zusammen: "Um allen Kindern gerecht zu werden, muss der Stoff vom zweiten Halbjahr der letzten Klasse komplett wiederholt und gefestigt werden." Haimerl führt dazu weiter aus: "Unsere Kinder haben in der zweiten Klasse weder Aufsätze geschrieben noch die Schreibschrift vollständig gelernt. Das Schriftbild der Kinder und die Satzführung sind großteils mangelhaft." Das Dividieren, Maßeinheiten und das Thema Uhrzeit sowie noch vieles mehr musste seinen Worten zufolge im Home-Schooling von den Eltern – neben Beruf und Familie – gelehrt werden.
"Dass dies nicht überall funktioniert hat, ist nachvollziehbar", so Haimerl. Er sei für ihn "wirklich schockiert", mit welcher Routine nach einem halben Jahr Unterrichts-Versäumnis der Schul-Alltag wieder aufgenommen werde. "Den Kindern drei Stunden Religion, drei Stunden Sport, Musik und Kunst zu lehren, während beängstigende Defizite in den Hauptfächern bestehen, kann ich nicht nachvollziehen", kritisiert er.
Von der Lehrerin sei den Eltern aufgezeigt worden, wie beeinträchtigt der Unterricht durch die vor dem Hintergrund der Corona-Krise geltenden Hygiene-Vorschriften sei. Das Hände-Waschen vor dem Unterrichts-Beginn und nach den Pausen nehme zirka 15 Minuten der Unterrichts-Stunde in Beschlag – und die Regeln müssten laufend neu kommuniziert werden. "All diese Zeit fehlt den Kindern, um den versäumten Stoff aufzuholen", so der Familienvater.
"Auf Anfrage bei der Schule wurde unserem Anliegen großer Zuspruch entgegengebracht, aber das Kultus-Ministerium sei nicht bereit, die Nebenfächer einfach mal Neben-Fächer sein zu lassen und sich auf die Hauptfächer zu fokussieren", berichtet Haimerl weiter und reagiert mit Unverständnis.
Er fragt sich jedenfalls ganz konkret: Warum könne man in solch einer Ausnahme-Situation nicht so flexibel sein und Kunst-, Musik-, Religions- oder Sport-Lehrern die Möglichkeit geben, Kinder bei der Aufarbeitung der Defizite zu unterstützen? Ganz sicher könne man jedem Grundschul-Lehrer zumuten, nach Absprache mit dem Klassen-Lehrer Übungsblätter mit den Buben und Mädchen zu bearbeiten.
"Ich habe mit vielen Eltern darüber gesprochen", versichert Haimerl gegenüber unserer Redaktion. Sein Fazit lautet: "Die Normalität, zu der man in den Schulen übergegangen ist, wohl wissend, dass Schulen auch jederzeit wieder geschlossen werden können, ist uns allen unbegreiflich." Mit seinem Anliegen hat sich Haimerl auch schon mit dem Landtags-Abgeordneten Karl Straub aus Wolnzach in Verbindung gesetzt – freilich in der Hoffnung auf Unterstützung.
"Herr Haimerl hat sich an mich gewandt mit dem Wunsch, den aktuellen Schul-Unterricht in der Corona-Krise konzentriert auf die Hauptfächer zu legen", bestätigte der CSU-Politiker heute auf Anfrage unserer Zeitung und räumte zugleich ein: "Dieser, wie sich jetzt herausstellt, auch von anderen Schulkind-Eltern geäußerte Wunsch ist nachvollziehbar und verständlich."
Elementare Lerninhalte könnten bislang über Home-Schooling nur bedingt vermittelt werden, so Straub, der nach eigenem Bekunden in dieser Sache auch schon aktiv geworden ist. "Ich habe mich bereits vergangene Woche an das bayerische Kultusministerium gewandt und dort um Auskunft darüber gebeten, wie man die Wünsche der Eltern nach dem Fokus auf die Hauptfächer realisieren kann, ohne die Kinder damit womöglich zu überfordern." Eine Antwort dazu stehe allerdings noch aus, sagt Straub.
Er hat aber noch weitere Maßnahmen ergriffen. "Überdies habe ich in einem zweiten Schritt die Mitglieder des Landtags-Bildungs-Ausschusses informiert, damit auch sie sich mit der Thematik befassen", so Straub. "Insbesondere soll auch der Übergang in die nächsten Klassen gut funktionieren. Eine Lösung muss daher auch für die so genannten Nebenfächer gefunden werden." Straub bekräftigt jedenfalls, eine finden zu wollen.
Deshalb sei er, in einem dritten Schritt, auch schon an das Pfaffenhofener Schulamt herantreten. "Womöglich gibt es auf diesem Weg ebenso schnelle wie individuelle Lösungen vor Ort, die den Kindern während der Corona-Einschränkungen so gut wie möglich entgegenkommt", sagt der CSU-Abgeordnete.
Haimerl hofft darauf. "Kein Kind wird in seiner Zukunft beeinträchtigt, wenn in einer Jahrgangsstufe keine Note im Fach Kunst, Musik, Religion oder Sport im Zeugnis steht", findet er. Jedoch hätten seiner Meinung nach fehlende Grundlagen in Sprache, Schrift oder Mathematik, gerade bei lernschwachen Sprösslingen, gravierende Auswirkungen. "Ich spreche hier für alle Grundschüler, Kinder die sechs bis zehn Jahre alt sind und nicht die Möglichkeiten haben, sich Wissen über Medien oder selbstständig in Büchern anzueignen", so Haimerl. "Die Kinder benötigen alle Hilfe, die sie bekommen können, und wir müssen tätig werden – sofort."