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Umfangreicher Antrag von FW, SPD, Grünen, Bürgerliste und ÖDP dürfte nicht nur in der morgigen Kreistag-Sitzung für Gesprächsstoff sorgen. Was das Bündnis alles vorhat, fassen wir hier zusammen.

(ty) Einen umfangreichen Antrag unter dem Motto "Gemeinsam Klima schützen!" hat die Koalition von Freien Wählern, SPD, Grünen, Bürgerliste und ÖDP in den Pfaffenhofener Kreistag eingebracht. Nach dem Willen des bunten Bündnisses soll die Verwaltung damit beauftragt werden, "gemeinsam mit den Kommunen und der Bevölkerung eine Klimaschutz-Strategie zu entwickeln sowie geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um auch im Landkreis Pfaffenhofen die Pariser Klimaschutz-Ziele einzuhalten und Klima-Neutralität bis 2040 zu erreichen". Binnen 18 Jahren also soll der Kreis "in schnellen, konkreten Schritten" sowie "überprüfbar und transparent" klimaneutral werden. Der Antrag, der auch den Appell "Es ist höchste Zeit, gemeinsam zu handeln!" enthält, steht auf der Tagesordnung für die Kreistag-Sitzung am morgigen Montag.

Das bunte Bündnis weist in einem thematisch und inhaltlich sehr weit gehenden "klimapolitischen Konzept" – auf das sich der Antrag bezieht – darauf hin, dass der Kreistag während seiner vergangenen Periode zwar Ideen und Maßnahmen für den Klimaschutz im Landkreis gesammelt habe. Doch: "Das reicht nicht aus. Um die Herausforderungen zu stemmen, ist eine neue und umfassende Klimaschutz-Strategie mit weitreichenden und verbindlichen Zielen für den Landkreis und seine Gemeinden erforderlich." Daneben fehle "eine Strategie zur Anpassung und Abmilderung des Klimawandels im Landkreis".

Diese beginne bei einer klimagerechten Bauleitplanung, führe zu überarbeiteten Starkregen-Schutz-Konzepten und ende in einer Trendwende beim Flächen-Verbrauch. Der Landkreis solle sich in wesentlichen öffentlichen Bereichen wie Energiewende, Mobilität und Klimaschutz deutlich stärker engagieren, so die bunte Koalition. Der Antrag wurde von den Fraktions-Vorsitzenden Max Hechingen (FW), Markus Käser (SPD), Birgit Janecek (Grüne), Michael Franken (Bürgerliste) und Reinhard Haiplik (ÖDP) unterzeichnet. In dem "klimapolitischen Konzept" werden auch die von den Fraktionen identifizierten aktuellen Herausforderungen für die Kommunalpolitik beschrieben.

Auf dem Weg zur Klima-Neutralität im Landkreis sieht das bunte Bündnis sechs "notwendige Meilensteine und Grundlagen". Erstens soll es einen politischen Grundsatz-Beschluss nach dem Motto "Klima-neutraler Landkreis bis 2040" geben. Zweitens wird die Erarbeitung einer gemeinsamen landkreisweiten Klimaschutz-Strategie inklusive eines integrierten Klimaschutz- und Klimawandel-Anpassungs-Konzepts gefordert. Drittens soll eine "Landkreis-Klima-Allianz" gestartet werden. Viertens wird die Einführung einer Klimaschutz- und Energie-Agentur genannt. Fünftens wollen die Koalitionäre ein "laufendes CO2- und Energie-Monitoring". Und sechstens soll eine interkommunale Auszeichnung für die "Klima-Kommune des Jahres" eingeführt werden.

 

Zur Begründung führt das bunte Bündnis in dem Antrag aus: "Um die Klimaziele von Paris und aus dem Bundes-Klimaschutz-Gesetz einzuhalten, wird ein Maximum lokaler gemeinsamer Anstrengung erforderlich sein. Beispielsweise liegt der aktuelle Energie-Verbrauch (Wärme, Strom, Mobilität) im Landkreis Pfaffenhofen bei insgesamt rund fünf Milliarden Kilowattstunden pro Jahr. Rund 84 Prozent davon aus klimaschädlichen, fossilen Quellen. 4,2 Milliarden Kilowattstunden müssen also durch erneuerbare, saubere Energieformen und Effizienz-Maßnahmen ersetzt werden. Um eine derart große Herausforderung zu stemmen, ist eine neue und umfassende Klimaschutz- und Klimawandel-Anpassungs-Strategie mit weitreichenden und verbindlichen Zielen für den Landkreis und seine Gemeinden erforderlich."

Signalisiert wird, dass die Auswirkungen des Klimawandels bereits vor Ort angekommen sind. "Unsere Region bleibt von den unvermeidbaren Veränderungen der Klimakrise nicht verschont. Sie sind auch bei uns spür- und messbar", heißt es in dem Antrag. Das 1,5-Grad-Ziel werde deutlich verfehlt. Man erwarte künftig mehr Extrem-Wetter-Ereignisse, nassere Winter und trockenere Sommer. "Die Temperaturen in den Städten steigen auf ein gesundheits-gefährdendes Maß, die Bedingungen für die Land- und Forstwirtschaft verschlechtern sich zusehends". Laut bayerischer Staatsregierung sei die Durchschnitts-Temperatur im Freistaat zwischen 1931 und 2010 um rund 1,1 Grad gestiegen, im sensiblen Alpenraum seien die Temperaturen in den vergangenen 100 Jahren sogar doppelt so stark gestiegen wie im weltweiten Durchschnitt.

In dem Antrag stecke durchaus Zündstoff, heißt es aus gut informierten Kreisen. Dass etwas getan werden müsse, stehe außer Frage, so die Stimmung. Jedoch gilt die Umsetzung des umfangreichen Antrags als große Aufgabe – organisatorisch, personell und finanziell. Entscheidend dürfte auch sein, ob es gelingt, die Gemeinden mit ins Boot zu holen. Geklärt werden muss dabei wohl nicht zuletzt, wofür der Kreis überhaupt zuständig ist und wofür die Kommunen. Einige Bürgermeister befürchten dem Vernehmen nach, dass die Finanzierung vor allem über die Kreis-Umlage erfolgt und dass diese in den kommenden Jahren deutlich steigt. Bekanntlich hat der Landkreis umfangreiche Investitionen zu stemmen; darunter die Generalsanierung der Ilmtalklinik in Pfaffenhofen und der Neubau der Realschule in Geisenfeld.

Wie aus der Beschluss-Vorlage für die morgige Kreistag-Sitzung hervorgeht, wird offenbar noch Gesprächs- und Vorbereitungs-Bedarf gesehen. Jedenfalls schlägt die Landkreis-Verwaltung "aufgrund der Komplexität des Antrags sowie auf Bitten der Bürgermeister und der einzubindenden Akteure hinsichtlich Kreisumlagen-Entwicklung und möglicher Kooperations-Projekte im interkommunalen Bereich" vor, ein Arbeits-Gremium aus Vertretern der den Antrag stellenden Fraktionen, Vertretern des bayerischen Gemeindetags im Landkreis und der Landkreis-Verwaltung zu bilden, um für den Kreistag eine Beschluss-Vorlage vorzubereiten.

Aus Sicht des bunten Bündnisses ist indes klar: "Unser Landkreis sollte sich in wesentlichen öffentlichen Bereichen wie Energiewende, Mobilität und Klimaschutz deutlich stärker engagieren." Klimaschutz sei "oberstes politisches Ziel", heißt es in dem Konzept-Papier. Nötig sei ein massiver Zubau im Bereich von Photovoltaik-, Windkraft- und Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen. Die Sanierungsquote für Altbauten im Kreis liege bei rund einem Prozent. "Um realistisch im Jahr 2040 den Gebäude-Bestand mit erneuerbaren Energien beheizen zu können, muss die Menge an sanierten Gebäuden pro Jahr verfünffacht werden."

Weiter erklärt die bunte Koalition: "Auf dem Weg zur Mobilitätswende nehmen in unserem Landkreis – mit einer der höchsten Fahrzeug-Dichten Deutschlands – die fossilen Verbrennungs-Motoren jährlich zu statt ab (110 000 Pkw auf 126 000 Einwohner)." Man strebe daher eine Mobilitätswende und einen flächendeckenden öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) an. Neben der Umsetzung des landkreisweiten ÖPNV-Konzepts und der Erstellung eines Radwege-Konzepts müsse der Fokus vor allem auf klimaneutralem Pkw-Verkehr liegen.

Die Fraktions-Vorsitzenden der bunten Kreistags-Koalition mit Landrat Albert Gürtner (FW, Dritter von links): Birgit Janecek (Grüne), Reinhard Haiplik (ÖDP), Max Hechinger (FW), Markus Käser (SPD), Michael Franken (Bürgerliste). Foto: Archiv

Unter der Überschrift "Unser Weg zur Klima-Neutralität im Landkreis" erläutert das bunte Bündnis die sechs oben genannten Meilensteine wie folgt: 

♦ "Politischer Grundsatz-Beschluss: Klimaneutraler Landkreis bis 2040": Der Kreistag soll sich demnach zum Ziel setzen, dass der Landkreis bis 2040 klima-neutral ist. Der Landkreis solle hierzu in Zusammenarbeit mit den Kommunen alle nötigen Maßnahmen erarbeiten, um dieses Ziel zu erreichen. "Es ist dazu in erster Linie ein klares Bekenntnis aller politischen Entscheidungsträger im Landkreis für die Energiewende und den starken Ausbau der verschiedenen erneuerbaren Energien erforderlich", heißt es dazu. Der Kreistag solle insofern den Kommunen empfehlen, sich zur landkreisweiten Klima-Neutralität bis 2040 zu bekennen. Anerkannt werde, dass jede Gemeinde hierbei eine unterschiedliche Ausgangs-Situation habe. Diese sei bei der Ausgestaltung der konkreten Maßnahmen im Sinne des Landkreis-Ziels zu berücksichtigen.

♦ "Erarbeitung einer landkreisweiten Klimaschutz-Strategie": Gemeinsam mit allen Kommunen soll aus Sicht der bunten Koalition schnellstmöglich ein integriertes Klimaschutz-Konzept inklusive Klimawandel-Anpassungs-Konzept unter Beteiligung von Bürgern für den Landkreis erstellt werden. Eine Kostenteilung zwischen Kommunen und Landkreis ähnlich wie beim Energie-Nutzungs-Plan werde angestrebt. Konkrete Zielsetzung seien mit den Kommunen abgestimmte Ausbauziele für ein Maximum an heimischen erneuerbaren Energien und CO2-Einspar-Maßnahmen.

♦ "Start einer Landkreis-Klimaschutz-Allianz": Zur gemeinde-übergreifenden Kooperation ist nach Dafürhalten der bunten Koalition eine geeignete Klimaschutz- und Energiewende-Allianz über die am Landratsamt bereits angesiedelte Fachstelle "Energie und Klimaschutz" zu organisieren. "Die Gemeinden brauchen den regelmäßigen Austausch, Bildungs-Angebote usw", heißt es dazu. "Dieser Verbund kann als Koordinator, Vermittler und Netzwerker für die Kommunen agieren. Die Kommunen treten dieser Klima-Allianz selbstverständlich freiwillig bei." Mit der Klimaschutz-Allianz solle auch Unternehmen die Möglichkeit gegeben werden, sich an der Transformation im Landkreis zu beteiligen.

♦ "Einführung einer Klimaschutz-Agentur als Beratungs- und Projektierungs-Unterstützung für kommunale Strom-, Wärme- und Mobilitäts-Projekte": Klimaschutz und Energiewende sind aus Sicht der Koalitionäre zentrale Bausteine der Wirtschafts- und Struktur-Förderung im Landkreis. Die Kommunen, die beim Ausbau der erneuerbaren Energien oder beim Klimaschutz selbst aktiv werden wollen, bräuchten neutrale professionelle Beratungs- und Projektierungs-Unterstützung. Es sei daher zu prüfen, welche Organisations- und Gesellschaftsform hierfür am geeignetsten erscheint und welche Kommunen darin mitwirken wollen.

♦ "Laufendes CO2- und Energie-Monitoring": Das bunte Bündnis will im Landkreis eine CO2-Verursacher-Bilanz und eine Energie-Erzeugungs-Bilanz für mehr Transparenz und Vergleichbarkeit einführen. "Nur mit vergleichbaren Zahlen können wir gezielt und gemeinsam die Herausforderung schaffen", wird dazu erklärt. Der Landkreis solle in diesem Zusammenhang im Zwei-Jahres-Rhythmus einen Klimaschutz- und Energie-Bericht erstellen, im Rahmen dessen die Daten des Energie-Nutzungs-Plans und die Maßnahmen des Klimaschutz-Konzepts fortgeschrieben werden.

♦ "Interkommunale Auszeichnung "Klima-Kommune des Jahres": Zur stärkeren Anregung der Energiewende und des Klimaschutzes soll aus Sicht der bunten Koalition durch die Fachstelle für Energie und Klimaschutz eine interkommunale Auszeichnung zur "Klima-Kommune des Jahres" ausgelobt werden. "Prämiert werden sollen Maßnahmen zur CO2-Einsparung und Klimaschutz-Innovationen", heißt es weiter.

Außerdem schlägt die bunte Koalition in ihrem "klima-politischen Konzept für den Landkreis Pfaffenhofen" noch etliche Einzel-Maßnahmen vor, die wir nachfolgend dokumentarisch auflisten.

 

Erneuerbare Energien

  • Gemeinsamer Einsatz für die Umsetzung der Windkraft-Potenzial-Flächen im Landkreis
  • Unterstützung der Kommunen durch landkreisweite Energie-Ausschreibung für erneuerbaren Strom- und Gasbezug mit maximaler regionaler Wertschöpfung
  • Ausweitung der Energie- und Bauberatung / Fördermittel-Beratung für Bürger
  • Erneuerbare-Energie-Produktion auf Landkreis-Liegenschaften beschleunigen
  • Verstärkte Energie-Effizienz-Maßnahmen bei Landkreis-Liegenschaften
  • Gemeinsames Investitions-Förderprogramm "Erneuerbare Energien"
  • Einrichtung einer Beratungs- und Koordinierungs-Funktion für Antrags-Verfahren

Mobilität

  • Mobilitäts-Garantie durch Umsetzung des ÖPNV-Konzepts bis zum Jahr 2023. "Dazu gehört auch der Einstieg in den teilweise kostenfreien Nahverkehr im ganzen Landkreis für bestimmte Bevölkerungs-Gruppen", so die bunte Koalition.
  • Car-Sharing-Angebote im ländlichen Raum schaffen
  • Ausbau der E-Lade-Infrastruktur: Umsetzung des Master-Plans
  • zügige Umsetzung des Radwege-Konzepts

Ökonomie

  • Förderung von Initiativen zur Kreislauf-Wirtschaft wie beispielsweise einer Genossenschaft zur Vermarktung von regionalen Produkten
  • Unterstützung der "Boden-Allianz" Pfaffenhofen für eine nachhaltige und resilientere Landwirtschaft und ökologische Bodenbewirtschaftung
  • Produktion und Vertrieb von Regionalstrom, Kooperation mit regionalen Stadtwerken

Bildung

  • Regelmäßiger Klima-Gipfel
  • Netzwerk: Aufbau regionaler Klimaschutz-Kooperationen und Organisation eines Klima-Forums
  • Klima- und Energie-Kongress im Landkreis
  • "Energie-Rad-Tour" durch den Landkreis
  • Umwelt-Filmwoche in Kooperation mit regionalen Kinos
  • Förderung des Projekts "Energiespar-Füchse" an den Schulen im Landkreis
  • Einsatz für zukunftsweisende Schulkonzepte wie ABU-Schwerpunkt FOS-BOS (ABU steht für Agrar-Wirtschaft, Bio- und Umwelt-Technologie).

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