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Etat umfasst heuer 159 Millionen Euro, Verschuldung könnte bald 40 Millionen Euro betragen. Ein Blick in das Zahlenwerk und die Kreistag-Debatte zum Nachlesen.

(ty) Es hat im Laufe der vergangenen Jahre und Jahrzehnte schon etliche "Rekord-Haushalte" des Landkreises Pfaffenhofen gegeben. Auch heuer kann man das Zahlenwerk, das gut 159 Millionen Euro umfasst, wieder mit diesem fast inflationären Titel bedenken – jedoch scheint mancher gar nicht so glücklich über diese neuerliche Höchstmarke zu sein. Zumindest zierten sich Landrat Albert Gürtner (FW) und Kreiskämmerer Walter Reisinger bei der gestrigen Kreistag-Sitzung anscheinend doch etwas, den Begriff "Rekord-Haushalt" all zu oft beziehungsweise allzu deutlich in den Mund zu nehmen. Rekord-Etat – das heißt nämlich auch: immer mehr Ausgaben in den verschiedensten Bereichen. Und es gibt nicht wenige Kreistags-Mitglieder, die ihre Ohren spitzen, wenn es um stattliche Ausgaben-Mehrungen geht. 

Doch viele Kosten-Steigerungen scheinen unabwendbar. Zum einen, weil Bauprojekte immer teurer werden und sogar drohen, aus dem Ruder zu laufen. Zum anderen, weil vom Freistaat offenbar immer mehr Aufgaben auf die Kommunen übertragen werden beziehungsweise nicht alle Kosten erstattet werden. Wer viel leistet, muss auch Geld ausgeben – und voraussichtlich sogar in den nächsten Jahren deutlich mehr Schulden machen. Das konnte man auch aus den Ausführungen von Reisinger schließen. Sowohl er als oberster Verwalter der Kreis-Finanzen als auch Landrat Gürtner verwiesen darauf, dass die Großprojekte der nächsten Jahre – insbesondere die General-Sanierung der Ilmtalklinik in Pfaffenhofen und der Neubau der Realschule in Geisenfeld – den Schulden-Stand anschwellen lassen. 

Außerdem klettern die laufenden Ausgaben, nicht zuletzt die Personal-Kosten. Standen diesbezüglich im Jahre 2012 noch 12,2 Millionen Euro zu Buche, sind heuer 22,6 Millionen Euro vorgesehen. Wenngleich der Anteil der Personal-Kosten am so genannten Verwaltungs-Haushalt sich über die Jahre stets im Bereich von 16 oder 17 Prozent bewegt hat. Zusätzliches Personal braucht es zum Beispiel wegen zusätzlicher Aufgaben im Gesundheits- und Sozialbereich.

Man kann von Seiten der Kommunalpolitik noch gar nicht endgültig abschätzen, wie sich das laufende Jahr entwickelt. Die Ausgaben in verschiedenen Bereichen steigen deutlich schneller und stärker, als man das noch im Jahr 2021 erwartet hatte. Auch die in jüngster Zeit nach oben schnellende Inflationsrate und die scheinbar explodierenden Kosten für Bauvorhaben machen viele Projekte schwer kalkulierbar. Wie hoch der nächste Tarif-Abschluss im öffentlichen Dienst sein wird, bleibt ebenfalls abzuwarten. Auch im Jahr 2022 rechne man in vielen Bereichen mit deutlichen Kosten-Steigerungen, so eine Botschaft von Reisinger.

Wenn die derzeitigen Planungen des Landkreises eintreten, wird man Ende dieses Jahres mit rund 17,4 Millionen Euro verschuldet sein. Das bedeutet gegenüber dem Stand zum Ende des vergangenen Jahres (rund 7,8 Millionen Euro) eine Zunahme um fast zehn Millionen Euro. Dies scheint jedoch nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zu noch viel mehr Schulden zu sein. Um letztlich alle derzeit geplanten Vorhaben realisieren zu können, würde der Schulden-Stand des Landkreises nach jüngsten Planungen bis zum Jahre 2025 auf rund 30 Millionen Euro in die Höhe schießen und könnte laut Reisingers Prognosen bis zum Jahre 2027 sogar die 40-Millionen-Euro-Marke erreichen, wie die nachfolgende Grafik des Kämmerers veranschaulicht.

Landrat Gürtner erklärte, dass dieser neuerliche Rekord-Haushalt die Schwerpunkte Gesundheit und Bildung habe. Die geplante Neuverschuldung von zehn Millionen Euro bezeichnete er als "moderat" und "vertretbar". Der Kreis bleibe Partner der Gemeinden und der Bürger; jeder Euro komme den Menschen zugute. Die Kreisumlage bleibe stabil, sagte er angesichts der minimalen Erhöhung um 0,5 auf nunmehr 43 Punkte – der zweitniedrigste Hebesatz in Oberbayern. "Wir wollen weiter investieren", proklamierte Gürtner.

Auf der Basis des gestern vom Kreistag mit überwältigender Mehrheit beschlossenen Haushalts kassiert der Landkreis heuer fast 81,5 Millionen Euro von den Kommunen ein. Das ist ein großer finanzieller Brocken, von dem beim Landkreis jedoch weniger als die Hälfte verbleibt. Die an den Bezirk Oberbayern zu leistende Umlage macht heuer rund 41,7 Millionen Euro aus. Der Bezirk wiederum finanziert damit vor allem spezielle Sozialausgaben, die zu einem nicht unwesentlichen Teil wieder in den Landkreis Pfaffenhofen zurückfließen. Dabei handelt es sozusagen um einen finanziellen Kreislauf, der dem Aufbau der Kommunal-Verwaltung und der Aufgaben-Verteilung innerhalb der "kommunalen Familie" geschuldet ist.

Weitere Einnahmen des Landkreises sind neben der Kreis-Umlage unter anderem die so genannte Schlüssel-Zuweisung des Freistaats in Höhe von 16,35 Millionen Euro, Einnahmen aus Verwaltung und Betrieb von 21,2 Millionen Euro und aus der Grunderwerb-Steuer (4,5 Millionen Euro). Unterm Strich wird für heuer im Verwaltungs-Haushalt mit Einnahmen in Höhe von 132,6 Millionen Euro gerechnet. Und eben mit Ausgaben in selber Höhe. Der Verwaltungs-Etat ist so etwas wie das Giro-Konto des Landkreises; über ihn werden die laufenden Einnahmen und Ausgaben abgerechnet. 

Daneben gibt es den so genannten Vermögens-Haushalt mit einem Volumen von heuer 26,7 Millionen Euro. Er ist, um im Bild zu bleiben, so etwas wie das Sparbuch des Landkreises: Von diesem Geld werden Investitionen getätigt, in der Regel vor allem Baumaßnahmen. Vorgesehen sind heuer zum Beispiel für die weitere Sanierung des Gymnasiums in Pfaffenhofen 5,0 Millionen Euro, für den Neubau der Realschule in Geisenfeld schon mal drei Millionen Euro, für Straßen- und Radweg-Projekte rund 5,6 Millionen Euro sowie etliche Millionen Euro für die Ilmtalklinik – darunter 4,5 Millionen Euro für den Erweiterungs-Bau in Zusammenhang mit der Sanierung des Krankenhauses.

Martin Rohrmann, Fraktions-Sprecher der CSU und damit Oppositionsführer, befand, dass dem diesjährigen Landkreis-Haushalt "die Würze" und eine "Handschrift" fehle. In den bislang rund zwei Jahren unter der Regie des bunten Kreistags-Bündnisses von Freien Wählern, SPD, Grünen, Bürgerliste und ÖDP sei fast nichts passiert. Die Stellen-Mehrungen seien zu hinterfragen. Er forderte eine klare Strategie, zum Beispiel in Sachen Ilmtalklinik. Zuerst habe man den Vertrag mit dem Geschäftsführer verlängert, dann habe er offenbar doch keine besseren Zahlen geliefert. Nun gebe es zwei Geschäftsführer und noch höhere Kosten, aber keinen Fortschritt. 

Wenngleich man nicht alle Maßnahmen gutheiße und der Etat farblos sei, stimme man dem Haushalts-Paket ausdrücklich zu, so Rohrmann – eine Ablehnung wäre seinen Worten zufolge lediglich ein politischer Reflex. Offenbar erinnerte er sich daran, dass zahlreiche Entscheidungen in jüngster Vergangenheit und über die Jahre hin, auch zur Klinik-GmbH, mit Zustimmung seiner Fraktion getroffen worden waren – und dass namhafte CSU-Kreisräte seit Jahren im Aufsichtsrat der Ilmtalklinik-GmbH sitzen.

SPD-Frontmann Markus Käser hielt Rohrmann entgegen, dass weder die aktuellen Zeiten noch die Ilmtalklinik sich für Geplänkel eignen würden. "Uns wird die Arbeit nicht ausgehen", meinte er und lieferte auch noch einen Kalender-Spruch: "Nur im Wörterbuch steht Erfolg vor Fleiß."

Claus Staudhammer monierte als Sprecher der AfD-Fraktion, dass in Zusammenhang mit dem diesjährigen Landkreis-Haushalt nicht über Einspar-Potenziale gesprochen worden sei und dass diesbezüglich auch nichts ausgeschöpft werde. Gürtner hatte zuvor an die Adresse der AfD erklärt: "Da fehlen nicht die Informationen sondern die Bereitschaft." Von allen Fraktionen außer der AfD sei das Gesprächs-Angebot, das Kreis-Kämmerer Reisinger zum Haushalt unterbreitet habe, nämlich angenommen worden. Staudhammer hielt dem entgegen: Reisinger habe eingeladen, nicht aber der Landrat.

Thomas Neudert (FDP) räumte wichtige Investitionen in die Zukunft ein, wies aber aber auch darauf hin, dass die Rücklagen sinken und die Neuverschuldung steigt. Nächstes Jahr werde man nicht mehr so gute Rahmenbedingungen haben prophezeite er und mahnte zum Sparen.

Michael Franken, Fraktions-Sprecher der Bürgerliste und Bürgermeister von Reichertshofen, lobte die sehr gute Zusammenarbeit zwischen dem Landkreis und den Kommunen.

Martin Schmid, SPD-Kreisrat, Bürgermeister von Vohburg und Sprecher aller Rathaus-Chefs im Landkreis, erklärte dass der "Kompromiss" zur leichten Erhöhung der Kreisumlage in Ordnung sei – da seien sich alle Bürgermeister einig. Er sprach diesbezüglich von einem fairen Miteinander. Ob es dann dem Selbstverständnis eines eingesessenen bayerischen Bürgermeisters geschuldet war oder der daraus möglicherweise resultierenden Gefahr, die Grenze zur Hybris zu überschreiten, oder ob es sich schlicht um einen (freud'schen) Versprecher handelte, als er proklamierte, es seien ja die Bürgermeister, die den Landkreis-Haushalt finanzieren, das bleibt wohl der persönlichen Einschätzung eines jedes Zuhörers überlassen. Freilich wird die Kreis-Umlage von den Gemeinden bezahlt.

"Passt scho", so kommentierte Andreas Aichele (CSU) den Haushalt – er ist in seinen Augen solide, aber mehr auch nicht. Aichele erinnerte an den Spruch: "Spare in der Zeit, dann hast du in der Not." Obwohl momentan Vollbeschäftigung im Landkreis herrsche, wolle man zehn Millionen Euro neue Schulden machen. Man könne nur hoffe, dass keine Not komme. "Wofür sind Sie angetreten?", fragte er an die Adresse von Landrat Gürtner und erinnerte an das 100-Punkte-Programm des bunten Bündnisses. Wenn da noch was kommen solle, dann müsse man langsam mal anfangen.

Am Ende stimmten bis auf Alois Federl, früheres Mitglied der AfD-Fraktion, alle anwesenden Kreisräte dem Landkreis-Haushalt 2022, dem Finanzplan 2021 bis 2025 und dem Investitions-Programm 2022 bis 2025 zu.


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