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 Die Verfehlung des ehemaligen Landtags-Kandidaten Stefan Einsiedel und die tragischen Folgen – Eine traurige Lebensgeschichte 

(ty) Er hat einen großen Fehler gemacht, als er im vergangenen Jahr mit anonymen Briefen an diverse Medien seine Parteifreunde diskreditiert hat. Weit größer, als er es wohl je für möglich gehalten hat. Denn Stefan Einsiedel, bis dahin einer der Hoffungsträger der CSU, war über Nacht zur Unperson geworden in der Partei. Mehr noch. Selbst nach seiner öffentlichen Entschuldigung blieb der 34-Jährige im Focus seiner neuen Feinde. Gerüchte über ihn und sein Privatleben machten die Runde. Unsere Redaktion wurde mit anonymen SMS und Mails bombardiert. Mit nahezu unglaublichen Anschuldigungen. Und das zu einem Zeitpunkt, als die Affäre Einsiedel eigentlich längst erledigt schien. Aber der innerparteilichen Hinrichtung sollte offenbar die private folgen. Und auch die hatte offenbar Erfolg. Politisch am Ende, den Job verloren und auch im Privatleben stark gehandicapt schreibt Einsiedel jetzt in einem Abschiedsbrief auf Facebook, dass er nicht mehr weiß, wie er ins Leben zurückfinden soll. Deswegen begibt er sich erst einmal auf eine Pilgerfahrt nach Jerusalem. Eine tragische Geschichte um eine politische und juristische Verfehlung, aber auch eine tief traurige Lebensgeschichte.

Zur Erinnerung: Einsiedel, der kurzzeitig Landtags-Listenkandidat der Ingolstädter CSU war, hatte bekanntlich Parteifreunde in anonymen Schreiben an verschiedene Medien angeschwärzt. In diesem Zusammenhang wurde ihm vorgeworfen, das Programm einer China-Reise der Jungen Union von Oberbayern ge- beziehungsweise verfälscht haben. So wollte er damals offenbar einen anderen Eindruck vom Charakter und Programm dieser Reise erwecken.

Aufgeflogen war am Ende alles, weil Einsiedel die Adressen der anonymen Briefe an die Medien mit der Hand geschrieben hatte. Ein Gutachten entlarvte ihn schließlich als Verfasser der Schmähbriefe und letztlich musste er alles zugeben. Einsiedel entschuldigte sich und sprach von einer „idiotischen“ Aktion, während die von ihm Denunzierten JU-Mitglieder Anzeige erstatteten. Von seiner Landtags-Kandidatur musste Einsiedel, der bis dahin als Hoffnungsträger der Ingolstädter CSU gegolten hatte, unter Druck zurücktreten. Seine politische Karriere war damit beendet.

Nachdem Einsiedel eine Unterlassungserklärung unterschrieben hatte, zogen seine Parteifreunde zwar die Anzeige gegen ihn zurück. Doch die Staatsanwaltschaft legte den Fall eben nicht zu den Akten, sondern sah offensichtlich ein Offizialdelikt, das eben von Amts wegen verfolgt wird. Nun ging es um die Frage, ob Einsiedel durch das Abändern des Reiseprogramms Urkundenfälschung begangen hat oder nicht.

Nach langen Ermittlungen und einem nicht akzeptierten Strafbefehl  hat das Amtsgericht letztlich entschieden, das Verfahren gegen ihn einzustellen – mit der Auflage, dass Einsiedel 1500 Euro an Ärzte ohne Grenzen bezahlt.

Das war das juristische Ende der Affäre, nicht aber das menschliche.  „Liebe Freunde“, schreibt Stefan Einsiedel jetzt im sozialen Netzwerk, „viele von Euch sind mir in den vergangenen Monaten mit freundschaftlichem Rat, Verständnis und Ermutigung zur Seite gestanden – dafür bin ich Euch sehr dankbar.  Leider bin ich trotz alledem nun an einem Punkt angelangt, an dem ich einfach nicht mehr weiterkomme. So hoffe ich nun auf Euer Verständnis, wenn ich auf ungewöhnliche Weise ein schwieriges Dilemma aufzulösen versuche. Ich musste im letzten Jahr leider feststellen, dass öffentliches Schweigen und private Versöhnungsbereitschaft oft als Schwäche oder Schuldeingeständnis ausgelegt werden. Eigentlich hatte ich gehofft, mit meinem Rücktritt als Landtagskandidat, dem Entschuldigungsschreiben an die Teilnehmer der China-Reise und mit den Geldzahlungen an den Anwalt der JU Oberbayern meinen guten Willen zu unterstreichen. Mittlerweile ist klar, dass mich meine Versöhnungsbereitschaft nicht entlastet, sondern beruflich und privat schwer beschädigt hat.“

Die Gerüchte um ihn, die unsere Redaktion erreicht hatten, blieben natürlich auch Stefan Einsiedel selbst nicht verborgen. Und so schreibt er: „Ich habe auch erklärt, wie immer abstrusere Gerüchte über private ,kriminelle Neigungen’ kursierten, wie diese in Parteikreisen verbreitet wurden und letzten Endes zum Verlust meines Jobs beitrugen. Ich habe bis vor kurzem gehofft, mich in der Zeit meiner Arbeitslosigkeit auf meine Doktorarbeit konzentrieren zu können und dann diesen Albtraum endgültig hinter mir zu lassen. Mittlerweile muss ich feststellen: das Ausmaß der Fehlinformationen und Verleumdungen hat Dimensionen angenommen, die ich nicht mehr bewältigen kann. Gerüchte und Verdächtigungen überschatten die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz und beschädigen das Vertrauen von Kooperationspartnern für meine Doktorarbeit. Ich habe einfach nicht mehr die Kraft, dies weiter zu ignorieren. Es belastet mich, meine Familie und Freunde sehr und verbreitet sich durch das Stillschweigen der Verantwortlichen wie ein lautloses Krebsgeschwür immer weiter.“

Wie es für ihn weitergehen soll, das weiß Stefan Einsiedel offenbar selbst nicht.  „In den letzten Monaten habe ich nach einem Weg gesucht, falsche Verdächtigungen auszuräumen, meine Kritik sachlich und fair vorzubringen, ohne damit Parteifreunde in Erklärungsnot zu bringen und ohne meine eigene Schuld zu bestreiten. Die Landesleitung schweigt, doch ich habe viele wohlgemeinte Ratschläge bekommen, von denen mir keiner richtig zu sein scheint. Ich will nicht mit Gegenangriffen und der Veröffentlichung von Insiderwissen kontern, habe weder vor meinen Namen zu wechseln oder Bayern zu verlassen.“

Er habe das Vertrauen verloren, dass es richtig sei, Fehler einzugestehen und einfach um Vergebung zu bitten. Ebenso habe er das Vertrauen in die Unabhängigkeit der bayerischen Justiz verloren. „Aber noch mehr schmerzt mich, dass ich das Vertrauen vieler Parteifreunde und Wähler enttäuscht habe. Ich habe damit die christlichen Grundwerte verletzt, die immer Grundlange meines Handelns sein sollten. Daher begebe ich mich nun auf den Weg, den Menschen seit Jahrhunderten in ausweglosen Situationen beschritten, wenn sie Neuorientierung, Trost und Zuversicht suchten: Ich bin aufgebrochen, um auf den historischen Routen in Richtung Jerusalem zu pilgern. Ich bin allein und zu Fuß unterwegs, mit etwas Proviant im Rucksack und dem traditionellen katholischen Pilgerbrief. Ich weiß nicht, ob ich mein Ziel tatsächlich erreichen werde und wie lang ich unterwegs sein werde. Aber ich spüre im Herzen, dass dies der beste Weg ist. So muss ich nicht länger durch Schweigen die falschen Vorwürfe bestätigen, aber auch nicht durch Gegenklagen neuen Hass erzeugen.“ Mit seiner Pilgerreise hofft er „diejenigen um Verzeihung zu bitten, die ich enttäuscht habe und gleichzeitig denen vergeben, die mir Unrecht getan haben.“


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