Ab heute gibt es Führungen durch den Pfaffenhofener Bunker – und das ist gut so. Denn es gab auch andere Nutzungsideen, zum Beispiel die Flutung zum Tauchparadies oder die Einrichtung eines einschlägigen Etablissements
Audio-Podcast: "Atombombensicher geplant" – Interview mit Stadtarchivar Sauer zum Bunker
Von Tobias Zell
Die Stadt Pfaffenhofen ist seit heute um ein – im wahrsten Sinne des Wortes – unterirdisches Angebot reicher. Denn der rund 1500 Quadratmeter umfassende Fernmeldebunker, ein Relikt des Kalten Kriegs, ist seit heute im Rahmen von Führungen der Öffentlichkeit zugänglich. Eine vergleichbare besuchbare Anlage gebe es im gesamten süddeutschen Raum nicht, betonte Stadtarchivar und Historiker Andreas Sauer.
Den Auftakt zu den Führungen durch den Bunker bildete heute Vormittag die Eröffnung einer Ausstellung zur 14. Ausgabe der Schriftenreihe „Stadtgeschichte(n)“ im Foyer des Rathauses, die sich intensiv mit dem Bunker und seiner Zeit befasst. Bis 12. September kann man die Schau mit dem Titel „Kalter Krieg in Pfaffenhofen – Der unterirdische Fernmeldebunker“ nun besichtigen. Öffnungszeiten: Montag von 8 bis 16 Uhr, Dienstag, Mittwoch und Freitag von 8 bis 12 Uhr, Donnerstag von 7 bis 18 Uhr und jeweils am ersten und dritten Samstag im Monat von 9 bis 12 Uhr.
Rathauschef Thomas Herker (links) und GfG-Stadtrat Manfred "Mensch" Mayer bei der heutigen Ausstellungseröffnung.
Bürgermeister Thomas Herker (SPD) ging bei der Ausstellungseröffnung auch noch einmal auf die von unterschiedlichen Seiten geäußerten Nutzungsmöglichkeiten für den Bunker ein, die in den vergangenen Jahren angedacht und diskutiert worden waren. Die waren durchaus breit gefächert, „sehr kreativ“, so Herker, und lieferten zum Teil auch gehörigen Zündstoff. Die Verwendung als sicherer Platz für Computer-Server war da noch die harmloseste Idee. Denn es wurde auch der Vorschlag laut, den Bunker zu fluten und dann als Tauchparadies zu vermarkten. Und sogar ein einschlägiges Etablissement konnte sich so mancher vorstellen – heiße Spiele statt Kalter Krieg, sozusagen. Es kam, wie man heute weiß, ganz anders. Und das ist gut so. Die Stadt schuf die baulichen Voraussetzungen dafür, dass der Bunker der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann, und bietet nun Führungen durch den Bunker. In Gruppen von maximal zwölf Teilnehmern, aus sicherheitstechnischen Gründen.
Auch ein Modell des oberirdischen Bunker-Areals ist im Rahmen der Ausstellung im Rathaus-Foyer zu sehen.
Die erste Führung fand dann heute auch gleich statt. Und von den nächsten fünf Touren durch die Anlage sind drei bereits komplett ausgebucht, wie Matthias Scholz, der Geschäftsführer der städtischen Wirtschafts- und Servicegesellschaft (WSP) gegenüber unserer Zeitung erklärte. Die Neugier ist freilich groß – und das ist nachvollziehbar, denn es ist durchaus interessant, einmal hinunterzusteigen und den Bunker, der damals atombombensicher geplant worden war, selbst in Augenschein zu nehmen.
Auch Altbürgermeister Hans Prechter (rechts) schaute sich die Ausstellung gleich an.
Die Ausstellung im Rathaus zeigt in kompakter Form auf, was in dem von Historiker Andreas Sauer in gewohnter Akribie verfassten Stadtgeschichte(n)-Büchlein nachzulesen und anhand vieler Bilder nachzuvollziehen ist. Wie war das damals im Kalten Krieg? Welche Rolle spielte der Bunker? Wie war er ausgestattet? Was passierte darin? All diese Fragen werden in der Ausstellung kurz, in dem Büchlein ausführlich und bei einer Bunker-Führung besonders anschaulich und greifbar beantwortet. Das Büchlein ist ab sofort im Rathaus, in der Stadtverwaltung und im Haus der Begegnung erhältlich.
Stadtarchivar und Historiker Andreas Sauer, hier im Bunker, hat ein Büchlein über das Relikt des Kalten Krieges geschrieben und zudem eine Ausstellung konzipiert.
Die WSP organisiert künftig regelmäßige Führungen durch die ehemalige Fernmeldezentrale. „Der Bunker am Heimgartenweg ist ein Relikt des Kalten Krieges,“ sagt Sauer: „Es gibt kaum einen Ort, der die Beklemmung und Angst vor Atomangriffen während der Trennung Deutschlands besser vermitteln könnte.“ Die Bunkerführungen sind damit auch eine bemerkenswerte Erweiterung und Ergänzung der Stadtführungen und vervollständigen das historische Angebot der Stadt sowohl für die Einheimischen als auch für Interessierte von außerhalb.
Da aus sicherheitstechnischen Gründen die Größe der Besuchergruppen im Bunker begrenzt ist, bedarf es einer verbindlichen Anmeldung im Vorfeld. Buchen kann man ab sofort unter www.stadtfuehrungen-pfaffenhofen.de oder telefonisch bei der WSP unter der Nummer (0 84 41) 40 55 0- 10.
Will man den Bunker betreten, so muss man 37 Stufen hinab unter die Erde steigen. Drei Meter dicke Betonwände und tonnenschwere Eisentüren sollten vor Erschütterung und atomarer Strahlung schützen. Kaltes Neonlicht ersetzt das fehlende Tageslicht. An der Seite eines Bunkerführers können die Interessierten den unterirdischen Bunker erkunden und werden über die einzelnen Räume und deren Funktionen aufgeklärt. Man erfährt dabei alles über den damaligen Alltag der Angestellten unter der Erde, den Notfallplan für das Schreckensszenario eines atomaren Angriffs und erhält einen detaillierten Einblick in die Zeit des Kalten Krieges.
Bild aus dem Bunker: Hier wurden Telefongespräche vermittelt.
Die Bunkeranlage in Pfaffenhofen befindet sich komplett unter der Erde. Aus der Luft betrachtet sind – neben dem Verwaltungsgebäude – nur die Entlüftungen, die Einstiege und die Abluftbauwerke zu erkennen. Das Terrain war bis zur Schließung der Fernmeldestelle im Jahr 1997 stets eingezäunt und strengstens bewacht. Obstbäume und Pflanzen sollten den Eindruck eines normalen Schrebergartens erwecken.
Seit vergangenem Jahr wird das Gartengelände als Inter-Kultur-Garten genutzt. Die einstmals militärische Zone erfährt einen Wandel und soll bis zur Gartenschau „Natur in Pfaffenhofen 2017“ wieder das werden, was ursprünglich gedacht war: ein Garten. Die erste offizielle Pflanzung im Inter-Kultur-Garten war ein Korbinians-Apfelbaum als Symbol der Wiedervereinigung und des Friedens. Pünktlich zum Start der diesjährigen Gartensaison wurden, wie berichtet, weitere Bäume gepflanzt und die ersten 13 Parzellen zum Eigenanbau von Gemüse vergeben: Hobbygärtner können dort ihre eigenen Beete bestellen.
Impressionen aus dem Bunker – eine Tour in Bildern: