Patrick Promberger und findigen Kameraden ist in der Gemeinde Wolnzach gelungen, wovon sie viele Jahre lang lediglich träumen konnten. Aber nicht nur deshalb verbuchten sie eine sehr erfolgreiche Langfinger-Saison.
(ty) Es war morgens um 4 Uhr, als kürzlich im Wolnzacher Ortsteil Burgstall Geschichte geschrieben worden ist – oder besser gesagt: Maibaum-Geschichte. Der Burschen-und-Madl-Verein aus Wolnzach-Königsfeld, unterstützt von einer entschlossenen Abordnung aus Reichertshausen-Steinkirchen, hat das geschafft, wovon man seit mehr als zehn Jahren schon geträumt hatte, wozu sich aber nie die Gelegenheit eröffnet hatte: den Burgstaller Maibaum zu klauen. Und was für ein Ding: rund 30 Meter hoch, imposant wie selten. Aber der Reihe nach.
"Uns war der Verwahrungsort des Burgstaller Baumes schon immer bekannt, da dieser immer rund um die Uhr bewacht wird – jedoch nicht heuer am 30. April", erzählt Patrick Promberger als Chef der Königsfelder Maibaum-Diebe. Zufällig sei man gegen 2 Uhr nachts vorbeigefahren und der "Tag der Tage ist gekommen". Es offenbarte sich: Der Baum war allein. Keine Wache. Kein Mensch. Nur ein Traktor, eher zur Zierde – oder etwa um vorzutäuschen, was nicht ist. Ein zweiter in der Einfahrt. Ein Geschenk des Maibaum-Himmels! "Wir witterten unsere Chance und trommelten alle, die zu so früher Stunde ans Telefon gingen, zusammen, um uns auf den Weg zu machen", berichtet Promberger.
Was nun folgte, war eine Mischung aus Actionfilm, ländlicher Improvisationskunst und dem unerschütterlichen Willen junger Männer und Frauen, bayerisches Brauchtum mit einem Augenzwinkern hochzuhalten. Während ein Teil der Gruppe noch Pläne schmiedete, verschafften sich andere bereits den Zugang, loteten Wege aus und machten den 30-Meter-Koloss transportfähig. So berichten es die Langfinger gegenüber unserer Zeitung. Zentimetergenau sei der Stamm in einem "unglaublichen Kraftakt" verladen worden.
Beim Abtransport der Beute aus Burgstall.
Die Flucht habe dann etwa 90 Minuten gedauert – inklusive Adrenalin-Kicks durch eine plötzlich und aus unerklärlichen Gründen "verdammt laut" losheulende Alarm-Anlage auf dem Nachbar-Grundstück sowie durch eine Zustellerin, die beinahe das Unterfangen aufdeckte, als sie gegen 5 Uhr ihre Zeitungen verteilte. "Weil der Akt schwierig genug war, waren wir umso erleichterter, als wir den Baum dann gegen 5.30 Uhr endlich übers Ortsschild brachten", sagt Promberger. Der Baum passierte also die Königsfelder Grenze. Mission erfüllt!
Besonders pikant: Der Maibaum von Burgstall sei seit mehr als 20 Jahren nicht mehr gestohlen worden. Die Erinnerung an einen früheren Coup, durch eine andere Königsfelder Gruppe wohl ausgeführt vor rund 27 Jahren, geistert den Königsfelder Protagonisten zufolge zwar noch immer durch die Erzählungen – aber bestätigen könne das letztlich niemand so recht.
"Das Gefühl, etwas geschafft zu haben, an dem andere Diebe seit über zwei Jahrzehnten gescheitert waren – übrigens auch am selben Tag als wir ihn gestohlen haben, hat eine andere Gruppe gegen 23 Uhr ihr Glück schon erfolglos probiert und wurde dabei erwischt, so erzählen es die Burgstaller – ist einfach unglaublich", so Promberger enthusiastisch.
Die Rückgabe des Baumes verlief dann traditionsgemäß versöhnlich: "Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Burgstallern, dass sie uns bei der Rückfahrt des Baums so herzlich empfangen haben und im Thema Auslöse sie selbst uns angeboten haben, ein gemeinsames Hof-Fest mit Speis und Trank im Laufe des Jahres zu feiern", sagt Promberger.
Verladen des Diebesguts zum Rücktransport.
Doch das Abenteuer in Burgstall war nicht der einzige Coup der Saison: Auch den Maibaum des TSV Wolnzach sicherten sich die Königsfelder – nach eigenem Bekunden auf Umwegen. Nachdem die Oberlauterbacher Burschen diesen Stamm am 27. April erfolgreich entführt hatten, schlugen die Königsfelder zurück – keine sechs Stunden später. Dank kluger Informations-Beschaffung, man munkelt von interner Spionage, erwischte man die Oberlauterbacher beim Einlagern und übernahm kurzerhand das Beutegut. Wolnzach zeigte sich versöhnlich; bei einer Auslöse in Form von Bier am 30. April wurde auch dieser Baum offiziell "zurückgekauft".
Insgesamt fünf Maibäume konnten die Königsfelder laut ihren Angaben heuer ihr Eigen nennen – ein Rekord für die Truppe, die vor gut zehn Jahren als kleine private Gruppe begonnen hatte und sich mittlerweile als eingespieltes Team mit professioneller Planung und modernisiertem Werkzeug präsentiert. "Der Baum aus Burgstall macht mich besonders stolz", sagt einer der Köpfe der Aktion. "Nicht nur, weil er so lange unberührt war – auch weil er an diesem Tag bereits von einer anderen Gruppe ins Visier genommen wurde, die aber scheiterte."
Jetzt, mit der eigenen 32 Meter hohen Fichte, erfolgreich bewacht und letztlich feierlich aufgestellt, blickt der Verein bereits auf das nächste Jahr. Die Planung läuft, das Werkzeug wird verbessert – und die Maibaumwelt darf gespannt sein, was kommt. "Wir haben nächstes Jahr Großes vor, so viel verraten wir schon mal", versichert Promberger, der betont, "äußerst stolz auf mein Team" zu sein, das "zu jeder Tages- und Nachtzeit rufbereit ist und kräftig mit anfasst".
Rückgabe der Beute am Ortschild.