Beim Kreisbauerntag in Wolnzach ging Joachim Rukwied, der Präsident des Deutschen Bauernverbands, heute hart ins Gericht mit Plänen aus Brüssel und "abstrusen Gedanken", die seiner Meinung nach den Landwirten die Freiheit entziehen und niemandem helfen.
Audio-Podcast: "Zukunftsfähig sind wir" – die Rede von Rukwied zum Anhören
Von Tobias Zell
Die Landwirte haben es nicht leicht. Sie sind abhängig vom Wetter, werkeln zwischen Idealismus und Wirtschaftlichkeit, sind den Märkten ausgeliefert und von der EU kommen immer neue Regelungen, die ihnen das Leben nicht einfacher machen. Da tut es gut, wenn hin und wieder ein prominenter Vertreter ihrer Zunft vor Ort ans Rednerpult tritt, um ihnen Mut zu machen, um fragwürdige Vorgaben aus Brüssel zu geißeln und um die zu verurteilen, die zwar von der Praxis wenig Ahnung haben, aber sich in die Agrar-Politik einmischen. So wie es heute beim Kreisbauerntag in Wolnzach Joachim Rukwied getan hat, der Präsident des Deutschen Bauernverbands.
Rukwieds gut einstündige Rede über Zukunftsfragen einer modernen Landwirtschaft stand im Mittelpunkt des traditionellen Treffens. Er trat nicht nur vor etwa 300 Bäuerinnen und Bauern ans Rednerpult, sondern auch unter den Augen und Ohren von hochkarätigen Vertretern aus Wirtschaft, Politik, von Verbänden und Institutionen. Da waren Vertreter von Banken ebenso wie aus der Hopfenbranche, vom Wasserwirtschaftsamt und Landwirtschaftsamt und vom Maschinenring.
Joachim Rukwied, der Präsident des Deutschen Bauernverbands, bei seiner Rede heute in Wolnzach.
Der Pfaffenhofener Kreisobmann Max Weichenrieder, der heute ein Heimspiel hatte, musste so viele Leute namentlich begrüßen, dass man fast meinen konnte, es sei fast jeder in der Wolnzacher Festhalle genannt worden. Darunter der für Pfaffenhofen zuständige Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer (CSU) aus Freising, der hiesige Landtagsabgeordnete Karl Straub (CSU), der Pfaffenhofener Vize-Landrat Anton Westner (CSU), natürlich der Wolnzacher Rathauschef Jens Machold (CSU), Pfaffenhofens Vize-Bürgermeister Albert Gürtner (FW) und der Pfaffenhofener Altbürgermeister Hans Prechter (CSU). Und – unter vielen weiteren anderen – Anton Kreitmair, der Präsident des oberbayerischen Bauernverbands und damit Nachfolger von Max Weichenrieder, der dieses Amt zuvor lange innehatte.
Anton Westner (CSU), Vize-Landrat aus Pfaffenhofen.
„Die Landwirtschaft dient allen“, zitierte Westner in seinem Grußwort einen Slogan. Und „ohne Landwirtschaft wären wir arm dran“, sagte er mit Blick auf den Beitrag der Bauern zur Sicherstellung der Ernährung der Menschen. Die regionalen Landwirte seien ein Garant für hochwertige Lebensmittel, betonte er. Und die Landwirtschaft spiele in der aufstrebenden Wirtschaftsregion Ingolstadt-Pfaffenhofen nach wie vor eine bedeutende Rolle. Mehr als die Hälfte der Fläche des Landkreises Pfaffenhofen sei landwirtschaftlich genutzt; weitere 25 Prozent für forstwirtschaftliche Zwecke.
Gastgeber: Wolnzachs Bürgermeister Jens Machold (CSU).
Daran knüpfte Machold an. „Ohne die Landwirtschaft geht es nicht – geht eigentlich gar nichts auf dem Land“, stellte er klar. Gerade in Zeiten von Lebensmittel-Skandalen wisse man, wie wichtig die regionale und nachvollziehbare Produktion sei. Und die Energiewende, die werde doch „am Land draußen“ umgesetzt, sagte Machold und unterstrich zudem die Rolle der Landwirte, wenn es um naturschutzrechtliche Ausgleichsflächen geht. „Sie wissen uns an Ihrer Seite“, rief er den Bauern zu.
Weichenrieder führte in seiner kurzen Ansprach auf die Rede von Rukwied hin. Die Landwirtschaft müsse sich weiterentwickeln, neue wissenschaftliche Erkenntnisse nutzen, effizienter und nachhaltiger wirtschaften, sagte er – und betonte dabei, dass Land- und Forstwirtschaft zusammengehören. Auch deutete er einige Problemfelder an: Saisonarbeitskräfte, Mindestlohn, Pflanzenschutz, Flächenverbrauch und „überzogener Naturschutz“.
Der Deutsche Bauernpräsident, Joachim Rukwied aus Baden-Württemberg, ging dann in seinem gut einstündigen, gut strukturierten und auffallend sachorientierten Vortrag auch auf viele dieser Themen ein. Sein Einstieg gelang über das Wetter. Diesbezügliche Unbillen, das seien Herausforderungen, denen man sich als Landwirt stelle, mit denen man umgehend müsse und auch umgehe. Aber er habe zunehmend ein Problem damit, wie die Politik den Rahmen für die Bauern setze, der das Arbeiten und Wirtschaften erschwere. „Nicht akzeptabel“ seien viele Entscheidungen aus Sicht des Bauernverbands, die die Landwirte in ihrer Freiheit „einschränken“, so Rukwied. „Das dürfen wir nicht hinnehmen“, appellierte er. „Da gilt es gemeinsam zu kämpfen“ – als starke Gemeinschaft, von der Ortsbäuerin bis hoch zum Bauernverband. „Es gibt viele Herausforderungen im ordnungspolitischen Bereich.“
MdL Karl Straub (von links), der oberbayerische Bauernverbands-Chef Anton Kreitmair, MdL Erich Irlstorfer, Vize-Landrat Anton Westner.
Kurz ging Rukwied auch auf die aktuelle Russland-Krise ein. Ihn treibt die Sorge um die politische Stabilität und das Wohl der Menschen dort um. Er betonte aber auch, dass die Krise die deutschen Bauern „doppelt trifft“. Denn als Gegenmaßnahmen zu den gegen sein Land verhängten Sanktionen habe Putin einen Importstopp für Produkte aus der EU auf den Weg gebracht. Und der habe auch zur Folge, dass nun Waren aus anderen EU-Ländern eben nicht nach Russland gehen, sondern zusätzlich auf dem deutschen Markt landen.
Aber zurück zu den politischen Rahmenbedingungen, die die EU vorgibt und mit denen sich Rukwied keinesfalls durchweg anfreunden kann und will. Da würden teilweise „abstruse Gedanken“ in die Politik eingebracht, schimpfte er. „Bei manchen fragt man sich, ob die jemals auf dem Land waren“ – zum Beispiel wenn gemeint werde, Biodiversität finde man nur in Großstädten. „Schitzophrenie pur“ hat Rukwied mitunter in der Eiweiß-Strategie-Diskussion festgestellt. „Ohne Soja-Importe können wir unsere Tierhaltung so nicht durchführen“, rief er an die Adresse der Kritiker. Was ihn generell stört, daran ließ er keinen Zweifel: „Keinerlei Fachwissen, aber in die Politik mischt man sich ein!“
Königlicher Besuch beim Kreisbauerntag.
Wütend macht Rukwied, wenn behauptet wird, dass die Landwirtschaft für Hochwasser verantwortlich ist. Eine „Diffamierung“ sei das. Denn die wahren Ursachen sieht er in der Zunahme der Niederschlagsmengen und in der fortschreitenden Versiegelung der Landschaft. Hochwasserschutz könne nur mit der Landwirtschaft funktionieren, betonte er – und auch nur dann, wenn die entsprechenden Flächen weiterhin von den Bauern genutzt werden könnten. „Nicht mit uns“, sagte Rukwied zu einem „Flächenentzug“ durch Zurückverlegen der Dämme. Er fordert naturschutzrechtliche Kompensation unter Bedingungen, die den Landwirten eine Weiternutzung der Flächen ermöglicht.
Den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verteidigte Rukwied. „Wir müssen unsere Pflanzen schützen können“, sagte er: Sieben Milliarden Menschen könne man nicht ernähren ohne Pflanzenschutz und Dünger – aber man könne fast glauben, dass man in Brüssel der Meinung sei, dass es auch ohne Pflanzenschutz gehe. Er verwies auf momentane EU-Pläne, die zur Folge hätten, „dass wir ab 2016 keine Insektizide mehr in Deutschland anwenden dürfen“. Für Rukwied ist aber klar: Landwirtschaft ohne Pflanzenschutzmittel werde nicht funktionieren. „Hier muss auch Druck von unten kommen“, appellierte er an die Bauern und forderte sie auf, auch ihre jeweiligen Abgeordneten anzusprechen. Denn was die geplante Verschärfung der Dünge-Verordnung vorsehe, behindert nach Meinung von Rukwied einerseits die Bauern und helfe andererseits aber auch dem Grundwasser nicht.
Der Pfaffenhofener BBV-Kreisobmann Max Weichenrieder (links) bedankte sich Joachim Rukwied mit einem Hallertauer Hopfenkranz.
„Essentielle Bedeutung“ attestierte der Bauern-Präsident der Tierhaltung, aus der 50 Prozent der Einnahmen der deutschen Landwirte kommen. „Ohne Tierhaltung hat Landwirtschaft in Deutschland keine Zukunft.“ Er stehe zur Antibiotika-Minimierungs-Strategie, aber man müsse auch die Türe schützen. Und wer behaupte, dass die Landwirtschaft für antibiotika-resistente Keime verantwortlich sei, der verstelle nur den Blick und wolle von eigenen Problemen ablenken, so Rukwied sinngemäß.
Pflanzenschutz, Tierhaltung, Düngung – an diesen genannten Beispielen wollte Rukwied aufgezeigt wissen, dass es in der öffentlichen Meinung Tendenzen gebe, die Landwirtschaft bewusst negativ darzustellen. Und dem müssten sich die Landwirte entgegenstellen. Wenn bewusst falsche Tatsachen verbreitet würden, dann werde er wieder auf den Tisch hauen, versicherte Deutschlands oberster Landwirt. „Seien Sie aktiv, mischen Sie sich ein, machen Sie den Mund auf“, rief er seinen Berufskollegen zu. Es gelte zudem, finanzielle Kräfte zu bündeln, um gemeinsam aufzutreten und gemeinsame Kampagnen führen zu können, sagte er aus Sicht des Bauernverbands. „Wir müssen da noch mehr machen.“
Vier frisch gebackene Landwirtschaftsmeister: Mario Jurkus (Pfaffenhofen, von links), Nikolaus Brummer (Wolnzach), Leonhard Merkl (Haimpertshofen) und Matthias Siebler (Wolnzach) mit BBV-Kreisobmann Max Weichenrieder.
Doch trotz mancher Hürden aus Brüssel und trotz möglicher Image-Probleme – an einem lässt Rukwied keinen Zweifel: „Zukunftsfähig sind wir. Weil unsere Basis, die Basis der Betriebe, die Familie ist.“ Und daraus resultieren seiner Meinung nach das generationenübergreifende Denken und das nachhaltige Wirtschaften. Die deutschen Bauern seien hier das „Positivbeispiel“, das zeige, dass die familienorientierte Landwirtschaft ein Zukunftsmodell sei.
Als Dank für seinen Besuch in Wolnzach bekam Rukwied von Weichenrieder einen Hopfenkranz überreicht. Und vier frischgebackene Landwirtschaftsmeister aus dem Landkreis wurden vom Pfaffenhofener Kreisbauernverband noch mit einem Buch-Gutschein bedacht: Mario Jurkus (Pfaffenhofen), Nikolaus Brummer (Wolnzach), Leonhard Merkl (Haimpertshofen) und Matthias Siebler (Wolnzach). Damit war der diesjährige Pfaffenhofener Kreisbauerntag dann offiziell zu Ende – und wer es nicht schon während der Rede von Rukwied getan hatte, der konnte sich nun dem Mittagessen widmen.
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