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Ausgezeichnetes Pfaffenhofener Projekt verbindet Existenzgründer-Förderung und Leerstands-Management - das interessiert auch in Ingolstadt

Von Tobias Zell

In der Wirtschaft, und um die geht es letztlich hier, nennt man sowas Win-win-Situation. Das Studio-Projekt in Pfaffenhofen ermöglicht jungen Leuten den Start in die Selbstständigkeit, in dem es ihnen Leerstände für bis zu sechs Monate kostenlos zur Verfügung stellt. Zudem betreut ein Expertenteam die Existenzgründer. Durch gezielte Auswahl kann so auch Einfluss auf das Sortiment in der Innenstadt genommen werden. Im März wurde das Konzept ausgezeichnet. Es vereint Leerstands-Management, Existenzgründer-Unterstützung, Innenstadt-Belebung, Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing auf ebenso simple wie effektive Weise und sorgt auch noch für positive Schlagzeilen. Kein Wunder also, dass man sich in Ingolstadt jetzt auch für das Projekt interessiert, wie OB-Referent Christian Lösel kürzlich erklärte.

Simone Haas ist 30 Jahre alt und dank des Studio-Projekts seit September Unternehmerin. Nebenberuflich, muss man sagen; weil ihr Geschäft so kurz nach der Eröffnung noch nicht so viel abwirft, dass es reicht. „Aber das ist ja auch kein Geheimnis, dass so ein Laden nicht vom ersten Tag an schwarze Zahlen schreibt“, sagt sie. Deshalb arbeitet sie nebenher weiter im Kultursponsoring. „Das ist mein Sicherungsanker; und ich kann meinen Laden dadurch auch mal querfinanzieren.“ Und die Mutter hilft gerne im Laden aus. Doch Simone Haas hat ihr Ziel klar vor Augen: Langfristig will sie von ihrem Geschäft leben können.

Handverlesene Deko-Ideen und Wohnaccessoires offeriert Simone Haas in ihrem Laden.

Mit Hilfe des Studio-Projekts konnte Simone Haas in ihrem Heimatort Pfaffenhofen den Traum vom eigenen Geschäft wahr werden lassen. In ihrem Laden in der Auenstraße, der sich „das formschoen“ nennt, verkauft sie handverlesene Wohnaccessoires, Modeartikel und eigens von einer Goldschmiedemeisterin angefertigten Schmuck. Natürlich habe auch sie gezögert, erzählt Haas; einen eigenen Laden eröffnet man schließlich nicht aus einer Laune heraus. Und es geht ja auch ums Geld. „Aber das Studio-Konzept war dann für mich der entscheidende Punkt, der letzte Schritt“, sagt sie.

Ende September wurde Eröffnung gefeiert. Und seither geht es stetig aufwärts, berichtet die Chefin. Die Umsätze steigen ebenso wie die Bekanntheit, „und es entwickelt sich ein Stammkundenkreis, das macht mich natürlich auch stolz“. Sechs Monate lang profitierte die 30-Jährige von den finanziellen Annehmlichkeiten des Projekts, musste weder Miete noch Nebenkosten bezahlen. Aber auch die Unterstützung durch das Tutoren-Team „ist am Anfang Gold wert“, betont sie.

Der Name "das formschoen" ist Programm - das Pfaffenhofener Studio-Projekt hat es möglich gemacht.

Denn im Rahmen des Konzepts, das die Stadtjugendpflege initiiert hat, bekommen die jungen Existenzgründer nicht nur monetäre Starthilfe, sondern auch fachliche. Ein ganzer Reigen an Fachleuten hat sich bereit erklärt, den Studio-Geschäftsführern bei ihren ersten Schritten kostenlos zur Seite zu stehen: in Rechts- und Steuerfragen ebenso wie bei Marketing und Kalkulation. „Die helfen schnell und unkompliziert; die Wege sind kurz“, berichtet Simone Haas. „Es macht Mut, dass da ein Unterstützer-Team ist, das ebenso wie ich an den Erfolg glaubt.“ Sogar Handwerker vor Ort hätten sie unterstützt.

Auch durch diese Hilfestellungen ging es von der ersten Stunde an aufwärts mit dem Laden. Und als Ende März die sechsmonatige Förderphase auslief, war es für die Pfaffenhofener keine Frage, ob „das formschoen“ eine Zukunft hat. „Da hatte ich längst entschieden, hier zu bleiben und weiter zu machen.“ Und bis sie von ihrem Geschäft leben kann, ist ihr die Unterstützung ihrer Eltern gewiss: Die Mutter unterstützt sie im Verkauf, der Vater steht mit Rat und Tat zur Seite.

Als Fabian Stahl, der Vorsitzende der Interessengemeinschaft „Lebendige Innenstadt“ (IGLI) erfahren hat, dass Simone Haas ihren Laden weiterführt, freute er sich nicht nur für die junge Frau und für die Innenstadt – er sah sich auch bestätigt. „Wir von der IGLI haben das Studio-Projekt von den Kinderschuhen an begleitet und waren maßgeblich an der Förderung beteiligt, als andere noch nicht an das Projekt geglaubt haben“, sagt er. Für ihn ist das Konzept „ein innovativer Beitrag zur Innenstadtbelebung“. Ein Thema, das bekanntlich auch in Ingolstadt heiß diskutiert wird. Auf der Schanz hat Stahl das Studio-Konzept auch bereits vorgestellt – und stieß auf Interesse. Sein Angebot steht: „Die Initiatoren des Projekts und die IGLI sind offen für eine Ausweitung auch für anderen Städte und stehen beratend und unterstützend gerne zur Verfügung.“

Profititierten ebenfalls vom Studio-Projekt: Die Geschwister Susi (links) und Andrea Payer.

Mit Simone Haas ging das Studio-Projekt in Pfaffenhofen bereits in die sechste Runde. Zwei, die ebenfalls davon profitiert haben, sind Susi und Andrea Payer. Sie Schwestern haben ihren Studio-Laden im November 2010 unter dem Namen „geschwisterstolz“ eröffnet und sind inzwischen aus Pfaffenhofen nicht mehr wegzudenken. Für die beiden begann mit der Aufnahme ins Studio-Projekt eine Erfolgsgeschichte. „Die Unterstützung hat uns schon sehr geholfen“, betont Susi Payer. Und ihre Schwester ergänzt: „Das hat den Schritt hin zum eigenen Laden sehr beschleunigt, sonst hätten wir uns zu diesem Zeitpunkt noch nicht getraut.“

Die Geschichte von „geschwisterstolz“ begann im Jahr 2009. In ihrem ehemaligen Kinderzimmer im Elternhaus begannen die beiden, T-Shirts zu bedrucken. Dann folgte, dank Studio, der erste kleine Laden in der Frauenstraße. Und als klar war, dass die beiden nach Ablauf der Förderphase weitermachen, bot man ihnen an, die Räume selbst anzumieten. „Die Stadt hat sich für das nächste Studio-Projekt eine neue Location gesucht.“ Aber auch für „geschwisterstolz“ stand dann bald ein Umzug an: in ein stilsicher eingerichtetes Gewölbe in bester Lage, direkt am Hauptplatz.

Bei "geschwisterstolz" gibt es unter anderem T-Shirts in allen Farben und Größen sowie mit Aufdruck nach Wunsch.

Aus den Geschwistern, die Spaß am Gestalten von Textilien haben, sind inzwischen erfolgreiche Geschäftsfrauen geworden. Für das Bedrucken von Polos und Shirts für Vereine oder Firmen sind sie längst eine bekannte Adresse. Gefragt sind auch bedruckte Shirts für Kunden, die ihr Motiv erst auswählen möchten oder sich bei der Gestaltung beraten lassen wollen. Dabei erfüllen die beiden nahezu jeden Wunsch. Sie haben Shirts in fast allen Farben und Größen (Baby bis XXXXXL) vorrätig – und die Motivpalette ist scheinbar grenzenlos. „Und was es noch nicht gibt, wird eben selbst entworfen“, sagt Susi Payer. Inzwischen haben die beiden unter dem Titel „Heimat“ eine eigene Kollektion herausgebracht, die auch bei Erwachsenen gut ankommt. Und neben Shirts und Tops gibt es bedruckte Handtaschen oder Mützen. Das Geschäft brummt; die Auftragslage ist nach eigenen Angaben gut. Eindrucksvoller Beleg dafür: Die beiden beschäftigen inzwischen vier Aushilfen.

Bedruckt wird alles, was bedruckbar ist...

Diese Entwicklung freut freilich auch Matthias Scholz von der städtischen Wirtschafts- und Servicegesellschaft (WSP). Er sieht neben den persönlichen Erfolgsgeschichten auch eine Bestätigung der Pfaffenhofener Bemühungen. „Das Studio-Projekt ist eine ideale Form der Wirtschaftsförderung oder des City-Managements“, sagt er. Es biete unkompliziert Hilfe für Existenzgründer an und verhelfe innerstädtischen Leerständen zu neuem Leben - auch in schlechteren Lagen . Durch die Auswahlmöglichkeit der Geschäftsführer könne direkt Einfluss auf das Sortiment einer Innenstadt genommen werden. Außerdem „entstehen neue Strukturen und Netzwerke von Dauer - und man kommt mit dem Projekt in die Zeitung – das ist die beste Standortwerbung“. Und ganz nebenbei soll freilich auch die Kaufflucht nach Ingolstadt oder München gebremst werden. Das Fazit von Scholz lautet deshalb kurz und knapp: „Auf das Studio-Projekt kann man schon stolz sein.“

Das sieht man übrigens auch beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie beim Handelsverband Deutschland (HDE) so. Im Rahmen deren Kooperation „Händler machen Stadt“ wurde das Studio-Projekt im März ausgezeichnet. Die Jury würdigte die gelungene Verknüpfung von zwei für die Innenstadtentwicklung besonders wichtigen und komplexen Themenfeldern: Leerstands-Management und Existenzgründerförderung. Die Zusammenarbeit zwischen kommunaler Jugendhilfe und lokaler Unternehmer beim Coaching der Existenzgründer sei zudem ein vorbildliches Beispiel öffentlich-privater Kooperation, hieß es. Zudem könnten junge Kreative eine wichtige Nische im Angebotsspektrum einer Innenstadt besetzen.

In Ingolstadt wird man auch das Aufmerksam zur Kenntnis nehmen. Leerstände gibt es auf der Schanz bekanntlich reichlich. Und über die Frage, wie man denn wieder mehr Leute in die City locken könnte, wird ohnehin heiß diskutiert. Ein Blick nach Pfaffenhofen könnte sich also lohnen.


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