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Dass die CSU-Abgeordnete Dorothee Bär in einem rosa Dirndl auf der Regierungsbank in Berlin saß, bezeichnete die Grünen-Kollegin Sylvia Kotting Uhl als "rückständig" – und trat damit eine rauschende Debatte im Internet los, die nun auch durch Zutun der Pfaffenhofener Grünen-Kreischefin und Dirndl-Trägerin Kerstin Schnapp beendet scheint 

(zel) Aufregung um ein Dirndl? Oder um die Frau, die es anhat? Oder wo sie es trägt? Oder wie? Oder was? Jedenfalls trug die 36-jährige Staatssekretärin Dorothee Bär (CSU) aus Bamberg am Mittwoch im Deutschen Bundestag ein Dirndl. Ein schönes, in Rosa. Und das passte der 61-jährigen Grünen-Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, gebürtige Karlsruherin, offensichtlich nicht. Als „rückständig“ bezeichnete sie das auf Twitter – und trat eine rauschende Debatte in den sozialen Netzwerken los. Mittendrin im Online-Schlagabtausch: Die hiesige Grünen-Kreisvorsitzende aus Pfaffenhofen, Kerstin-Schnapp. Denn die fand gar nicht lustig, was ihre Parteikollegin da abgesondert hatte – und nicht bloß, weil in Pfaffenhofen gerade Volksfest ist und Schnapp selbst gern ein Dirndl trägt. 

Im Internet jedenfalls schlug Kotting-Uhl für ihre Dirndl-Schelte blankes Unverständnis entgegen. Von „Zickenkrieg“ war die Rede. Von Dirndgate. „Planen die Grünen etwa ein Dirndtrageverbot?“, hieß es empört. „Finde es verblüffend, dass die Grünen der CSU vorschreiben wollen, was im Bundestag angezogen werden darf. Verrückte Welt“, twitterte einer. Von Intoleranz und Ignoranz war die Rede. Denn die Mehrheit hat überhaupt nichts gegen Doro Bär im rosa Dirdl im Deutschen Bundestag. Und überhaupt: Wo kämen wir auch hin, wenn eine bayerische Politikerin kein Dirndl mehr tragen dürfte?!

So fesch zeigt sich Dorothee Bär (CSU) auf ihrer Facebook-Seite. Jetzt trug sie im Bundestag ein rosa Dirndl, was einer Grünen-Kollegin nicht passte.

„Nein, es war nicht mein klügster Tweet“, räumte Kotting-Uhl dann auch ein. Allerdings offenbar eher, um gleich mit Anlauf ins nächste Fettnäpfchen zu hüpfen. Denn sie ergänzte: „Aber es wundert mich, dass in der Aufgeregtheit der Dirndl-Debatte kaum realisiert wird, dass auffallende und ausgefallene Kleidung auf einer Regierungsbank natürlich eine Botschaft sendet. Ein Dirndl ist Décolleté und Schürze (weswegen Brüderle es an Frauen ja auch so schätzt), nett und passend auf Oktober-, Vereins- und Trachtenfesten. Als Botschaft von der Regierungsbank im Bundestag entspricht sie der Politik der CSU: rückständig!“ Und spätestens jetzt war die Empörung perfekt.

Ja, es gab schon klügere Tweets, mischte sich heute die Pfaffenhofener Grünen-Kreischefin an die Adresse ihrer Parteikollegin Kotting-Uhl ein. Und dieser neue Post „macht’s nicht besser, sondern schlimmer, weil Du jetzt einen sehr eigenwilligen Subtext in Spiel bringst“, befand Schnapp mit Blick auf den Brüderle-Aspekt und fragt Kotting-Uhl: „Ist Dein Umkehrschluss, eine Frau ist nur ernst zu nehmen, wenn sie sich keusch verhüllt?“ Ein anderer schrieb der Dirndl-Kritikerin: „Rückständig ist einzig und alleine Deine Argumentation. Uns Grünen, nicht nur in Bayern, erweist Du einen Bärendienst.“

„Merkst du nicht, dass du dich um Kopf und Kragen redest?“, lautete ein weiterer Kommentar auf Facebook an die Adresse von Kotting-Uhl: Seit wann sollten Frauen sich danach richten, ob ein Kerl aufs Dekolleté glotzt? Ist das jetzt neue Grünen-Politik, ätzte er, so nach dem Motto: Frauen, zieht euch nicht so aufreizend an, das könnte Männer wie Brüderle provozieren? „Der nächste Schritt ist die Burka! Ich warte auf einen Protest der Grünen Frauen!“ 

Schnapp postete umgehend ein Bild von Claudia Roth im Dirndl: „Die Grünen Frauen haben sich schon im Vorfeld mit dem Dirndl solidarisch erklärt“, ließ sie wissen, schickte noch ein Foto von Claudia Stamm im Dirndl hinterher und postete gleich noch ein Bild der bayerischen Grünen-Fraktion, auf dem Theresa Schopper ein Dirndl anhat. 

Kerstin Schnapp, Vorsitzende der Grünen im Kreis Pfaffenhofen – hier zwar nicht im Dirndl, aber mit einem offenbar wichtigen Beitrag zum Ende der Debatte.

Nun meldete sich Kotting-Uhl wieder zu Wort: „Stimmt, Theresa ist auf diesem Foto schön und beeindruckend und Brüderles Dirndl-Gerede würde mir dabei nicht in den Kopf kommen. Ich muss zur Kenntnis nehmen, dass ich in der Sache wenig Zustimmung erfahre. (...) Die Reaktionen, nicht nur von denen, die mich oder die Grünen insgesamt noch nie mochten, sind mehrheitlich anders. Das kommt bei mir an.“

Und so kam Kotting-Uhl letztlich dann doch noch zu dem Schluss: „Danke für die diversen Dirndl-Trägerinnen-Fotos. Ich stelle fest, dass ich dem Dirndl an sich Unrecht getan habe. Wenn es auch noch nicht soweit ist, dass ich sage „Claudia Roth im Dirndl auf der Regierungsbank in Bayern würde mir doch ganz gut gefallen“, so wird mir doch klar, dass die Person im Dirndl und deren Politik mit meiner Kritik des Gesamtbildes mehr zu tun hat, als das in der Tat sehr oft sehr schöne und ehrwürdige Kleidungsstück. Lessons learned.“ 

Damit scheint  die Debatte – oder zumindest ihr hitzigster Teil – beendet. Offenbar auch durch Zutun der Pfaffenhofener Grünen-Kreisvorsitzenden Kerstin Schnapp, die ihrer Parteikollegin aus dem Bundestag mit die Augen geöffnet hat. „Schön, dass wir eine Partei sind in der "g´scheide Dirndl" unterwegs sind, die miteinander reden bzw. bei Facebook schreiben können“, befand dann auch Norbert Ettenhuber, der Co-Kreichef der Pfaffenhofener Grünen. Er dankte unter anderem Schnapp fürs Erklären, Bilder posten und Beenden der Debatte. Und seiner Parteikollegin aus dem Bundestag, Syliva Kotting-Uhl, die den Dirndl-Zoff losgetreten hatte, dankte Ettenhuber auch – und zwar fürs schrittweise Verstehen der bayrischen Seele, die so gar nichts mit Frau Bär oder der CSU zu tun habe, aber sehr viel im Heimatliebe und Verwurzelt-Sein.

Dorothee Bär, nahm die Dirndl-Schelte von Kotting-Uhl übrigens eh recht gelassen. „Schade. Ich dachte, die Grünen hätten ihren Status als Verbotspartei hinter sich gelassen“, sagte sie der Bild-Zeitung schon vorgestern. „Ein Dirndl ist keine Folklore und schon gar nicht rückständig. Wer unter dem Deckmantel des Liberalismus surft, zeitgleich aber Menschen nach ihrem Äußeren betrachtet, ist der wahre Spießer. Eine Tracht ist keine Verkleidung.“


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