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Mit einer Strafe von acht Jahren und drei Monaten blieb das Gericht beim Geiselnehmer Sebastian Q. im unteren Drittel des Möglichen – Eine zusätzliche Führungsaufsicht soll das Stalking-Opfer schützen 

(ty) Der medienträchtigste Prozess des Jahres am Landgericht Ingolstadt ging heute zu Ende. Und Sebastian Q., der Geiselnehmer von Ingolstadt, geht für acht Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Mit weiteren fünf Jahren Führungsaufsicht nach seiner Entlassung. Damit blieben Richter Jochen Bösl und die große Strafkammer im unteren Drittel des möglichen Strafmaßes, das für Geiselnahme fünf bis 15 Jahre vorsieht.

Während die Staatsanwaltschaft sich noch nicht dazu äußern wollte, ob sie das Urteil eventuell anfechten will, gab der Verteidiger Jörg Gragert nach der Urteilsverkündung zu verstehen, dass er vorbehaltlich der Entscheidung seines Mandanten auf Rechtsmittel verzichten will. „Das Gericht hat sich sehr viel Mühe gegen bei der Urteilsfindung und die Argumente der Verteidigung auch hinlänglich berücksichtigt“, so Gragert.

Der Verteidiger Jörg Gragert.

 

In der Tat führte Richter Jochen Bösl bei der Urteilsbegründung viele strafmildernde Momente an. So beispielsweise das Geständnis, die Entschuldigung des Angeklagten, die Tatsache, dass er zur Verübung seiner Tat keine scharfe Waffe benutzt hatte. „Wäre das so gewesen, dann wären wir sicher im zweistelligen Bereich gelandet“, so Bösl, der schließlich auch würdigte, dass die Forderungen des Angeklagten, die er während der Geiselnahme gestellt hatte, keinen kriminellen Inhalt hatten. Denn Sebastian Q. ging es um ein Entschuldigungsschreiben, um die Wiederherstellung seiner Ehre sozusagen.

Die Strafe von acht Jahren und drei Monaten sei – so Bösl – notwendig, aber eben auch erforderlich. Auch auf die doch recht eigenwilligen Einlassungen und Beleidigungen des Angeklagten ging Jochen Bösl in einem Nebensatz noch einmal ein: „Wir waren mitunter nahe dran, irgendwelchen Gerichtsshows Konkurrenz zu machen.“

Neben strafmildernden Gründen führte Bösl aber auch einige Gründe an, die sich strafverschärfend ausgewirkt hätten. So beispielsweise die Tatsache, dass es sich um vier Geiseln gehandelt habe, die zeitweise sogar Todesangst hatten, dass neben der Spielzeugwaffe auch ein echtes Messer im Einsatz war. Auch das „groteske Missverhältnis“ zwischen der Geiselnahme und dem Anlass – das Entschuldigungsschreiben – habe sich eher strafverschärfend ausgewirkt. Schließlich schlugen auch die Vorstrafen von Sebastian Q. zu Buche und die Tatsache, dass er die Geiselnahme während seiner Bewährungszeit verübt hatte.

Schuldfähig, daran ließ Bösl keinen Zweifel, sei Sebastian Q. in jedem Fall gewesen. Deswegen habe auch eine Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt nicht zur Diskussion gestanden. Sebastian Q. sei zwar eine hochgradig gestörte Persönlichkeit, aber jederzeit Herr der Lage gewesen. Bösl attestierte ihm nicht nur einen gewissen Witz, sondern zudem eine gewisse Intelligenz. „Ich hätte mir unter anderen Umständen auch vorstellen können, dass er auch in einer anderen Funktion in diesem Gerichtssaal tätig sein könnte.“

Fünf Jahre lang steht Sebastian Q. nach seiner Haftentlassung dann noch unter einer so genannten Führungsaufsicht. Die dient in erster Linie dem Schutz seines Stalking-Opfers T.S. Der städtischen Angestellten, mit der ihn ja eine regelrechte Freundschaft verbunden hatte, bis sie diese Freundschaft als erledigt erklärt hatte, soll dadurch ein gewisser Schutz vor Sebastian Q. gewährt werden. Denn ihr darf er sich weder nähern, noch telefonisch oder per Mail und SMS mit ihr in Kontakt treten. Er darf keine Treffen mit ihr herbeiführen. Und sollte es doch per Zufall dazu kommen, habe er sich sofort zu entfernen.

Sollte er dagegen verstoßen oder noch einmal eine erhebliche Straftat begehen, dann – so Bösl – seine eine Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt zu gut wie sicher. „Dass er gar keine Straftaten mehr begehen wird, dass glaube ich jetzt auch nicht ganz“, gab Jochen Bösl noch humorvoll zu Protokoll.


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