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20 Jahre hat sich niemand aus der Stadtverwaltung für die Stromversorgung auf dem Volksfestplatz interessiert – jetzt muss alles für 600 000 Euro erneuert werden. Und offenbar war es ein Wunder, dass nicht irgendwann die Lichter ausgingen

Von Tobias Zell 

Es kommt nicht alle Tage vor, dass man in einer Stadtverwaltung einen Fehler offen und öffentlich zugibt. Der Pfaffenhofener Stadtbaumeister Gerald Baumann hat das in der heutigen Stadtratssitzung getan. Unmissverständlich. „Da habe ich einen Fehler gemacht“, beichtete er dem Gremium vor dem Hintergrund, dass die Elektro-Installation auf dem Volksfestplatz nicht, wie zunächst geschätzt, um die 225 000 Euro kostet, sondern satte 600 000 Euro. Das ist aber noch nicht alles. Denn dabei kam auch ans Licht, dass es nach Einschätzung von Fachleuten ein Wunder ist, dass es zuletzt keine Probleme beim Volksfest gegeben hat angesichts der hoffnungslosen Überlastung. Man mag sich gar nicht ausmalen, was passieren hätte können, wenn beim Volksfest plötzlich der Strom weggewesen wäre.

In der Stadtratssitzung vom Juli war die Umgestaltung des Volksfestplatzes eigentlich bereits beschlossen worden. Damals ging man von folgenden Größenordnungen aus: 953 000 Euro für die geplanten Straßenbaumaßnahmen plus zirka 225 000 Euro für den Umbau der Stromversorgung – denn auf dem Areal muss alles neu sortiert werden. Der Platz soll danach aber optimal als Volksfest-Gelände genutzt werden können und den Rest des Jahres als Parkplatz oder Veranstaltungsgelände dienen. 

Bei den damals geschätzten 225 000 Euro (plus Nebenkosten) ging man von einer Sanierung aus. Jetzt aber weiß man: Mit Sanieren ist es hier nicht getan. Um gesicherte Grundlagen zur Planung und für die Kostenberechnung der künftigen Elektro-Installation zu bekommen, ist während des diesjährigen Volksfests eine Leistungsmessung auf dem gesamten Platz vorgenommen worden. Und die lieferte ein erschreckendes Ergebnis. Dabei kam nämlich laut Stadtverwaltung heraus, dass sowohl der Trafo am Sportplatz als auch der bei der Firma Hufnagel um 20 beziehungsweise 40 Prozent „deutlich überlastet“ sind. Um diesen Missstand zu beheben und künftig  einen reibungslosen Betrieb des Volksfests zu gewährleisten, muss also reagiert werden. Und das wird nicht billig.  

So sah sich heute der Stadtrat mit diesem „Elektro-Schock“ konfrontiert. 600 000 Euro statt 225 000. Und Baumann musste seinen Fehler eingestehen. Er habe nicht gewusst, dass eine Leistungsmessung nötig sei. Jetzt weiß man: Gut, dass man sie gemacht hat. Die letzte Messung erfolgte nach Worten von Altbürgermeister Hans Prechter (CSU) im Jahr 1994, damals noch unter seiner Regie. Und es ist durchaus bemerkenswert, dass sich offenbar 20 Jahre lang niemand für die Frage interessiert hat, ob die Stromversorgung auf dem Volksfestplatz überhaupt noch zeitgemäß ist und den immer moderner werdenden und wohl auch immer mehr Strom verbrauchenden Fahrgeschäften Rechnung trägt. 

„Die Leitungen und der Trafo müssen geglüht haben“, berichtete Bürgermeister Thomas Herker (SPD) über Rückmeldungen von Fachleuten. Und so herrschte im Stadtrat auch schnell Einigkeit darüber, dass man natürlich die Stromversorgung auf den neusten Stand zu bringen hat. „Das muss ordnungsgemäß sein“, bekräftigte Peter Heinzlmair (FW). Richard Fischer (ÖDP) schlug ebenfalls Alarm: Der Fall sei nun öffentlich. Wenn man jetzt nicht reagiere, könne man das Volksfest künftig vergessen.

Am Ende hatte der Stadtrat ohnehin keine Wahl: Die Elektro-Installation muss erneuert werden, auch wenn's finanziell weh tut.

„Sicherheit geht vor“, befand auch Franz Schmuttermayr (CSU), wenngleich ihm die Kostensteigerung von 225 000 auf 600 000 Euro nicht einleuchten wollte. Man sei in der ersten Kostenschätzung von der Optimierung des Bestands ausgegangen, erklärte Herker. Die Messung beim jüngsten Volksfest lieferte nun aber harte Zahlen für die Kostenberechnung. 

Dass der Stadtbaumeister seinen Fehler eingestanden habe – okay, meinte Martin Rohrmann (CSU). Es sei aber „schon verblüffend“, wie die Kosten für die Umgestaltung des Volksfestplatzes dem Stadtrat jetzt „schnittchenweise“ aufgetischt würden. Erst rede man über 950 000 Euro plus 225 000, jetzt macht das Plus plötzlich 600 000 Euro aus. „Wir waren sauer“, fasste Hans Prechter im Namen seiner Fraktion zusammen. 

Das sei auch „weder lustig noch für die Verwaltung vergnüglich“, räumte Stadtjurist Florian Erdle ein. Hätte man damals schon gewusst, dass man eine komplett neue Verkabelung brauche, dann wäre die Kostenschätzung damals schon höher ausgefallen. Aber zuerst habe man eben versucht, im Rahmen einer Sanierung Geld zu sparen. Erdle gestand auch ein, die Stadtverwaltung müsse sich „nicht zu Unrecht“ den Vorwurf gefallen lassen, dass sie sich hätte die Frage stellen müssen: Reicht das Stromnetz überhaupt aus?

Unter anderem ist eine komplett neue Verkabelung nötig. Doch die Erhöhung des Leitungsquerschnitts auf dem gesamten Areal, die allein mit rund 120 000 Euro zu Buche schlagen dürfte, ist längst nicht alles, was da nun zusätzlich auf die Stadt zukommt. Außerdem muss der östlich gelegene Trafo erneuert werden; bislang ging man davon aus, dass eine Sanierung reicht – Mehrkosten: 85 000 Euro. Ferner muss die Zahl der Stromverteiler erhöht werden; Kostenpunkt: 92 000 Euro. Für weitere Maßnahmen wie Erdungsanlagen und die Platzbeleuchtung werden dann nochmal 24 000 Euro fällig.

Im Rathaus hat man indes schon eifrig gerechnet und überlegt, was man tun könnte, damit es nicht ganz so viel teurer wird. Immerhin hat man schon 140 000 Euro gespart, weil die Tiefbaumaßnahmen doch nicht so viel kosten, wie angenommen. Zudem werden einige kleinere Maßnahmen zurückgestellt. Das eigentlich für 40 000 Euro geplante umfangreiche Leerrohr-System könnte in reduzierter Ausführung umgesetzt werden, würde dann nur die Hälfte kosten. Die E-Tankstelle mit fünf Entnahmestellen – Kostenpunkt: 37 000 Euro – soll erst nachträglich errichtet werden. Der große Stromverteiler am Festzelt kann stehenbleiben und außerdem sind noch weitere kleinere Einsparungen möglich, was unterm Strich die Kosten um weitere knapp 20 000 Euro drücken würde. So ließen sich bis zu 78 000 Euro sparen. 

An den Leerrohren wollte Prechter indes nicht geknapst wissen. Daran habe man damals bei der Sanierung des Hauptplatzes auch gespart, was sich seiner Meinung nach als Fehler erwiesen hat. So beschloss dann der Stadtrat die unumgängliche Erneuerung der Elektro-Installation mit den oben genannten Einsparmaßnahmen – erlaubte aber zugleich der Stadtverwaltung, bei den Leerrohren eine vernünftige Lösung umzusetzen, auch wenn es dann noch ein paar tausend Euro mehr kostet. Dagegen stimmte nur Franz Schmuttermayr, der einfach die Kosten von 600 000 Euro nicht fassen kann.

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