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In der Pfaffenhofener Kleiderkammer wurde heute ein Stofftier für einen Euro verkauft, um einem Kind auf einem anderen Kontinent eine Freude zu bereiten. Eine Geschichte mit großer Symbolkraft – in mehrfacher Hinsicht

(ty) Seit heute ist Nemo weg. Vermutlich macht er sich auf eine weite Reise. Der Stoff-Fisch ging heute in der Pfaffenhofener Kleiderkammer über den Ladentisch. Für einen Euro. Wahrscheinlich führt Nemos Weg übers Meer, nach Afrika. Denn er ist jetzt Teil des Rucksack-Projekts von „Mary’s Meals“, wie SPD-Stadtrat Markus Käser unserer Zeitung berichtet. Die Organisation „Mary’s Meals“ stattet Not leidende Kinder – begleitend zu einer Schulspeisung – mit Schultaschen und Unterrichtsmaterialien aus. Und heute hat sich jemand in der Kleiderkammer für Clown-Fisch Nemo entschieden, um einem Kind auf einem anderen Kontinent eine zusätzliche Freude zu machen.

Damit kommt dem orange-farbenen Stoff-Tier aus dem weithin bekannten Zeichentrickfilm eine bemerkenswerte Symbolik zu. Er war einerseits eines von 200 Teilen, die heute in der Kleiderkammer in der Auenstraße für den symbolischen Betrag von einem Euro ausgegeben wurden, um bedürftige Menschen zu unterstützen. Das zeigt: Die Kleiderkammer ist wichtig und stößt auf große Resonanz. Insgesamt rund 1200 Teile wurden seit der Eröffnung der Einrichtung vor einigen Wochen bereits ausgegeben. Und zudem offenbart sich am Fall Nemo, dass auch Leute in die Kleiderkammer kommen, um für weitere karitative Projekte „einzukaufen“. Damit kommt der Einrichtung eine noch viel größere Bedeutung zu als nur die vor Ort. 

In der Pfaffenhofener Kleiderkammer herrscht reges Bringen und Holen.

Auch heute herrschte wieder reges Treiben im ehemaligen Kunsthaus Hitzler in der Auenstraße 13, wo die Kleiderkammer eine vorübergehende Heimat gefunden hat. Da wurde nicht nur einmal mehr fleißig angeliefert, sondern es wurden auch heute wieder zahlreiche Teile ausgegeben. Einkaufen kann in der Kleiderkammer übrigens jeder, der Bedarf hat – das Angebot richtet sich ausdrücklich nicht nur an Asylbewerber. Übrigens helfen auch drei Flüchtlinge eifrig mit: Yasser Alchikh, Zias Rashid und Husni Churbaji aus Syrien packen beim Sortieren, Zusammenlegen und Verteilen der abgegebenen Ware tatkräftig mit an – auch das hat Symbolkraft.

„Die Kleiderkammer steht allen Menschen offen, die mit einem begrenzten finanziellen Budget haushalten müssen“, heißt es von den Organisatoren – dem SPD-Ortsverband und dem hiesigen Asyl-Arbeitskreis. Die Kunden finden in der Kleiderkammer gut erhaltene Damen-, Herren-, Kinder- und Babybekleidung, Schuhe, Bettwäsche und andere Textilien sowie auch Spielsachen – oder eben Stofftiere, wie Nemo.


Die Ausgabe der Ware erfolgt gegen eine symbolische Schutzgebühr von einem Euro pro Teil. Es können pro Person maximal fünf Stücke pro Öffnungstag von jeder Person mitgenommen werden. Der Erlös wird dem hiesigen Verein „Familien in Not“ und dem Asyl-Arbeitskreis zur Verfügung gestellt und kommt auf diesem Wege auch wieder Bedürftigen zugute.  

Grenzenlose Hilfsbereitschaft: Yasser Alchikh (von links), Zias Rashid und Husni Churbaji, drei Flüchtlinge aus Syrien, helfen in der Pfaffenhofener Kleiderkammer mit.

Unter den 200 Teilen, die allein heute einen neuen Besitzer fanden, war Nemo der „Hauptdarsteller“. Von der Pfaffenhofener Kleiderkammer nach Afrika – eine Geschichte, die zeigt, wie die Welt zusammenrückt. Eine Episode die auch dem Letzten klarmacht, dass wir alle auf einem Planeten leben und zusammenhalten, zusammenhelfen müssen. Flüchtlinge kommen nach Europa, Deutschland, Bayern, Pfaffenhofen – werden hier aufgenommen und unterstützt. Und zum Beispiel Schultaschen werden zu Not leidenden Kindern übers Meer verfrachtet, damit die Buben und Mädchen dort lernen können. 

Rund 12 000 Rucksäcke des „Mary’s Meals“-Projekts 2013/14 sind am 22. November in drei große 40-Fuß-See-Container nach Malawi verladen worden, wie die Hilfsorganisation berichtet. Und in Bayern hat das neue Rucksack-Projekt 2014/15 bereits wieder begonnen. Nemo ist dafür der Beleg. „In manchen Ländern bedeutet schon eine Schultasche viel für ein Kind“, berichtet das bayerische Kultusministerium, das das Projekt unterstützt. „Mit einer Rucksack-Aktion können Schülerinnen und Schüler für Kinder in Malawi und Liberia die Grundmaterialien für den Schulbesuch bereitstellen. So erleichtert ein Geschenk den Zugang zur Bildung.“

Rucksack-Aktion vom vergangenen Jahr in Malawi. Foto: Mary's Meals

Die Organisation „Mary’s Meals“ stattet – neben der Schulspeisung – Not leidende Kinder mit Schultaschen aus. Die Schulen, die unterstützt werden, haben oft kaum oder gar kein Material, heißt es. Die Mädchen und Buben – häufig 100 Kinder pro Klasse – sitzen meist am Boden und hören dem Lehrer zu: eine schwierige Situation für die Schüler, um sich den Lehrstoff zu merken und Examen zu bestehen, die aber wiederum die Voraussetzung dafür sind, um eine weiterführende Schule besuchen zu können. Die nötigsten Schulmaterialien sollen den Kindern helfen, aus ihrem Schulbesuch das Bestmögliche zu machen. Vor allem aber ernährt Mary`s Meals“ derzeit nach eigenen Angaben gut 920 000 Kinder in zwölf der ärmsten Länder der Welt.

In der Kleiderkammer gibt es nicht nur Kleider...

Auch Schüler aus der Region können beim Rucksack-Projekt von „Mary’s Meals“ mithelfen. So geht’s: Sie verschenken einen Rucksack (eine Schultasche, einen Schulranzen oder eine Sporttasche) und füllen ihn mit Schulmaterial und einigen Gebrauchsartikeln des täglichen Lebens. Abgesehen von Hygiene-Artikeln dürfen alle Sachen gebraucht sein, solange sie in einem guten Zustand sind. Die Taschen werden dann zentral gesammelt und zum Beispiel zu Kindern nach Malawi, Liberia oder Uganda verschifft. "Dieses unterstützenswerte Projekt", sagte Kultusstaatssekretär Bernd Sibler im vergangenen Jahr, "leistet einen wertvollen Beitrag zum sozialen Lernen, stärkt das Verantwortungsgefühl unserer Kinder und Jugendlichen und bahnt ethisches Handeln an." 

Ein Großteil der Kinder, die diese Unterstützung erfahren, haben Krieg, Armut, Hungersnöte oder Naturkatastrophen erlebt. Die Familien konnten oft nur das nackte Leben retten – und so ist es auch nicht sonderlich verwunderlich, dass selbst einfachste Grundmaterialien wie Hefte, Stifte oder auch Schulkleidung außerhalb jeglicher finanzieller Reichweite für sie liegen, berichtet „Mary’s Meals“.

Jede Tasche sollte im Rahmen des Rucksack-Projekts Folgendes beinhalten: 2-3 Schulhefte/Notizblöcke , 2 Bleistifte, 2-3 Kugelschreiber/Tintenroller, 1 Packung Buntstifte oder Filzstifte, 1 Radiergummi, 1 Lineal, 1 Spitzer, 1 Mäppchen, 1 Handtuch, 1 Kleiderset (Junge/Mädchen): entweder Hose und T-Shirt, Rock und T-Shirt oder ein Kleid, 1 Paar Schuhe (leichte Halbschuhe, Turnschuhe oder Sandalen/Flip Flops), 1 Seifenstück, 1 Zahnbürste, 1 Zahnpasta, 1 Esslöffel, 1 kleiner (Tennis)ball.

Weiter heißt es: „Wenn in einer Schultasche nach der Befüllung gemäß der Liste noch Platz ist (dies ist insbesondere bei Hartschalenranzen oft der Fall), ist es gut, diesen Platz mit Materialien der Liste (zum Beispiel Handtücher oder Kleider, die bei der Sammlung noch übrig geblieben sind) aufzufüllen, damit kein Leerraum entsteht!“ Und hier kommt vermutlich Nemo ins Spiel. Er könnte eine Schultasche nicht nur praktisch auffüllen, sondern ein Lachen in ein Kindergesicht zaubern.

Auch Stofftiere gibt's in der Pfaffenhofener Kleiderkammer.

Zurück nach Pfaffenhofen. Die Kleiderkammer hat jeden Samstag von 9 bis 13 Uhr geöffnet. Die Zukunft der Einrichtung, die so gut angenommen wird, ist allerdings unklar. Vorerst steht nur fest, dass das Projekt bis 17. Januar läuft. Die Verantwortlichen und das mittlerweile rund 20-köpfige Kleiderkammer-Team befassen sich aber, wie berichtet, bereits mit den Überlegungen, wie es danach weitergehen soll. Das Problem ist die Räumlichkeit.  

"Wir sehen, dass der Bedarf gegeben ist und es wäre daher wünschenswert, wenn wir die Kleiderkammer in Pfaffenhofen fortführen könnten“, sagt der SPD-Ortsvorsitzende Markus Käser. „Helferinnen und Helfer sowie Kleiderspenden haben wir. Allerdings benötigen wir auch einen Raum, in dem wir mittel- beziehungsweise langfristig bleiben können.“ Und genau das ist der Knackpunkt. „Denn das Gebäude in der Auenstraße 13, das wir von der Familie Hirschberger zur Verfügung gestellt bekommen haben, soll ja bekanntlich im nächsten Jahr abgerissen werden“, erinnert Käser.

Die Kleiderkammer, die ins Leben gerufen worden ist, um zu helfen, benötigt also möglicherweise bald selbst Hilfe: Neue Räumlichkeiten müssen her, sonst könnte dem Projekt ein jähes Ende drohen. Was tunlichst nicht passieren sollte – schon allein deshalb, weil der Zustrom an Asylbewerbern den Prognosen zufolge nicht abreißen wird. Aber nicht nur deshalb: Wie Käser berichtet, sind es längst nicht nur Flüchtlinge, die sich in der Kleiderkammer mit Klamotten und Textilien eindecken. Der Anteil von bedürftigen Einheimischen sei nicht weniger groß. „Mittlerweile kommen die Leute aus der ganzen Region, heute zum Beispiel auch aus Schrobenhausen“, berichtet Käser.

Weitere Infos zu "Mary's Meals" gibt's hier. Kontakt per E-Mail an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! , Infos unter Telefonnummer: (0 82 53) 38 89 99 8

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