Die Situation im nördlichen Kreis Pfaffenhofen spitzt sich weiter dramatisch zu: 32 Menschen wurden gebeten, ihre Häuser zu verlassen. Nachbarschaftshilfe für den Landkreis organisiert sich rund um die Uhr.
(ty) Aufgrund der anhaltenden Regenfälle ist die Hochwassersituation im Kreis Pfaffenhofen weiterhin äußerst angespannt. Besonders an der Paar wird nach Angaben des Landratsamts noch mit einem Anstieg der Pegel gerechnet. Der Wasserstand an der Ilm hat sich stabilisiert und ist seit heute Vormittag fallend. Doch die Lage in Manching, Reichertshofen und Baar-Ebenhausen spitzt sich, wie berichtet, dramatisch zu. Weiterhin gilt im Kreis Pfaffenhofen der Katastrophenfall, den Landrat Martin Wolf (CSU) gestern gegen 22.30 Uhr ausgerufen hat. Ingesamt sind derzeit rund 850 Kräfte der Feuerwehr, 100 Mitarbeiter des THW und 81 Soldaten der Bundeswehr sowie viele freiwillige Helfer im Landkreis Pfaffenhofen im Einsatz. Nun gibt es aus dem Landratsamt weitere Details zum Ausmaß der Flut sowie zu den laufenden Maßnahmen.
Derzeit am stärksten betroffen ist demnach im Kreis Pfaffenhofen der Ortsteil Stockau in der Gemeinde Reichertshofen. Dort wurden nach Angaben aus dem Landratsamt die 32 gemeldeten Bewohner gebeten, ihre Häuser und Wohnungen zu verlassen. Das Gebiet Stockau-Mühle sei bereits von zwei Seiten vom Wasser umschlossen. Eine Zufahrt sei auf Dauer nicht mehr zu gewährleisten. Für die betroffen Einwohner wurde in der Schulturnhalle eine Sammelunterkunft vom Roten Kreuz eingerichtet.
Auch der Ortsteil Gotteshofen des Marktes Reichertshofen ist stark betroffen. "Dort sind allerdings von den offiziellen Einsatzkräften keine weiteren Schutzmaßnahmen mit Sandsäcken mehr möglich", wie soeben aus dem Landratsamt verlautete. Der Abwasserkanal sei dort inzwischen vollgelaufen – und der Rückstau könne auch durch Abpumpen nicht mehr behoben werden. Die betroffenen Bürger sollten daher ihren Wasserverbrauch auf das notwenige Maß beschränken. Ein Ablaufen der häuslichen Abwässer in diesem Gebiet könne nicht mehr gewährleistet werden.
In Reichertshofen wurde der Kindergarten Spatzennest vorsorglich ab heute Mittag bis auf Weiteres geschlossen. Eine konkrete Gefahr für den Kindergarten besteht laut Bürgermeister Michael Franken zwar nicht. Es müssten jedoch die Zufahrtstraßen für diesen Bereich für die Einsatzkräfte freigehalten werden.
Die Schulen in Reichertshofen und in Baar-Ebenhausen bleiben morgen geschlossen, wie nun noch einmal offiziell bestätigt wurde. Auch Schüler aus diesen beiden Gemeinden, die weiterführende Schulen im Landkreis besuchen, sind morgen von der Schule befreit, sofern sie wegen Behinderungen durch das Hochwasser ihre Schule nicht erreichen können.
In Baar Ebenhausen wurde der Pegel des Hochwassers von 2006 bereits heute um 11 Uhr mit 3,90 Metern erreicht. Allerdings ist man vorbereite, wie die Kreisbehörde betont. "Im Gemeindegebiet wurden sämtliche notwendigen Maßnahmen getroffen." Derzeit werden von rund 250 Einsatzkräften und freiwilligen Helfern die errichteten Sandsackdämme mit Kies hinterfüttert. Gleiches gelte für den Markt Manching. Auch dort sei man auf steigende Wasserstände vorbereitet.
„Es hat sich als vorausschauend erwiesen, bereits frühzeitig den Katastrophenschutzstab einzuberufen und auch frühzeitig externe Kräfte von außerhalb des Landkreises anzufordern“, erklärte Wolf nach einer aktuellen Lagebesprechung heute Mittag. So seien zum Beispiel auch Feuerwehren aus dem Landkreis Eichstätt, überörtliche Einsatzkräfte des THW und Soldaten der Bundeswehr zur Unterstützung im Landkreis aktiv. Wolf dankt den Einsatzkräften und auch allen freiwilligen Helfern, die schnell zur Verfügung standen, um in den gefährdeten Gebieten Sandsäcke zu befüllen. „Der Führungsstab unter der Leitung des Landratsamtes arbeitet hervorragend zusammen“, stellt er fest. „Alle vereinbarten Maßnahmen wurden zeitgerecht umgesetzt.“
Der Führungsstab ist sich indes laut einer aktuellen Medlung aus dem Landratsamt "bewusst, dass viele Einzelhäuser nicht vor einer Flutung der Keller bewahrt werden können und bittet dafür die Betroffenen um Verständnis". Das Augenmerk müsse vorrangig auf der Sicherung der Dämme, wichtiger Versorgungseinrichtungen und größerer zusammenhängender Siedlungs- und Industriegebiete liegen.
Nachdem der Wasserstand der Ilm bereits leicht rückläufig ist, richtet sich der Fokus nunmehr auf die Paar. Dort steigen die Pegel derzeit noch. Der Scheitel des Hochwassers war mittags am Oberlauf der Paar in Mühlried noch nicht erreicht. In den bisher am stärksten bedrohten Orten Reichertshofen, Baar-Ebenhausen und Manching rechnen die Fachleute des Wasserwirtschaftsamtes mit den höchsten Wasserständen in der kommenden Nacht. Wie berichtet, spitzt sich dort die Situation ebenso dramatisch zu, wie im Nachbarlandkreis Kelheim im Raum Neustadt.
Die Bevölkerung wird vom Landratsamt Pfaffenhofen gebeten sich über die aktuelle Lage über die Internetseiten des Landkreises unter www.landkreis-pfaffenhofen.de oder via Facebook auf www.facebook.com/lkr.paf auf dem Laufenden zu halten. Fragen werden auch von dem Bürgertelefon am Landratsamt beantwortet, Telefon (0 84 41) 27 -260.
Nachbarschaftshilfe wird organisiert
Indes wurde, wie berichtet, eine "Nachbarschaftshilfe Hochwasser Landkreis Pfaffenhofen" eingerichtet. Hier können sich Hilfe-Suchende und Helfer vernetzen und Maßnahmen organisieren. Dazu wurde verschiedene Kontaktkanäle eingerichtet, die den Angaben zufolge auch in den nächsten beiden Tagen durchgehend besetzt sind. Hier die Daten:
Telefon-Hotline: (0 84 41) 4 79 22 72 (Heute ab 18 Uhr und bis Mittwoch durchgehend)
Facebook-Gruppe: http://www.facebook.com/groups/hochwasserhilfe.paf/
Internet-Forum ohne Registratur: www.hochwasserhilfe-paf.de
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
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