Drei Asylbewerber, die vorerst in Pfaffenhofen untergekommen sind, berichten, warum und wie sie aus ihrer Heimat geflohen sind
(zel) Entführungen, Bedrohung, getötete Familienmitglieder, Arbeitsverbot, Schüsse. Es sind beklemmende Geschichten, die Asylbewerber erzählen, die sich auf teilweise unglaublichen Routen nach Deutschland durchgeschlagen haben. Wir sprachen mit drei Flüchtlingen, die vorerst in Pfaffenhofen untergekommen sind.
Hashimi Zahara (47), Mutter dreier Kinder, kommt aus Afghanistan. Aus politischen Gründen sei sie geflüchtet, berichtet sie uns. In ihrer Heimat arbeitete sie als Schulleiterin, doch ein zweimonatiger Aufenthalt in den USA im Jahr 2005 sei ihr zum Verhängnis geworden. Als Verräterin sei sie in Afghanistan bezeichnet worden; man habe befürchtet, sie habe sich nun auf die Seite der Amerikaner geschlagen. Deshalb erteilten die Taliban der Rektorin ein Arbeitsverbot.
Aber Hashimi Zahara beugte sich nicht. Sie zog in eine andere Stadt und war weiterhin als Schulleiterin tätig, sagt sie. Doch die Taliban seien dahintergekommen – mit schrecklichen Konsequenzen. Zunächst sei ihr Sohn Ilias entführt worden. Zwei Tage war er verschwunden. Als Warnung. Wenig später wurde ihre Tochter verschleppt. Auch sie kam wieder frei – doch dafür hätten die Taliban ihren Mann mitgenommen, berichtet Zahara. Sein Schicksal sei unklar, sagt sie. Denn sie flüchtete mit ihren Kindern – wie es ihr Mann aufgetragen hatte: „Wenn ich in 24 Stunden nicht zurück bin, dann hau ab“, soll er noch gesagt haben, bevor ihn die Taliban wegbrachten.
Hashimi Zahara mit ihren Kindern Bahram (von links), Narvan und Ilias.
Die Mutter und ihre drei Kinder im Alter von heute neun, 12 und 14 Jahren flohen also aus Afghanistan. Über Russland, die Ukraine und Österreich nach Deutschland. Nach etwa zwei Monaten waren sie in München angekommen. Seit vergangenem Sommer leben die vier in Pfaffenhofen. Hashimi Zahara hilft kostenlos an einer Schule mit. Und sie sucht eine Wohnung. Ihr Asylverfahren laufe noch, berichtet Manfred „Mensch“ Mayer vom Asylnetzwerk im Landkreis. Auch am Runden Tisch sei der Fall bereits behandelt worden; denn Zahara befürchte ihre Abschiebung.
In einem Einfamilienhaus an der Hohenwarter Straße haben die vier eine vorübergehende Unterkunft gefunden. In dem Gebäude leben außerdem eine fünf-köpfige syrische Familie und eine irakische Mutter mit ihren beiden Kindern. Die zwölf Personen in dem Haus teilen sich eine Küche und ein Bad.
Die genannte irakische Mutter und ihre beiden Kinder, das sind Dalya Kadhem und ihr siebenjähriger Sohn Aymen sowie der gerade drei Monate alte Yamen. Die Frau war im Irak als Journalistin tätig. Ihr Vater und ihr Bruder seien getötet worden, ihr selbst habe man mit der Entführung ihres Sohnes gedroht, wenn sie nicht aufhören sollte, als Journalistin zu arbeiten. Seit 1,5 Jahren ist sie mittlerweile in Deutschland. Zunächst war sie in München, dann in Vohburg untergebracht; seit Juli vergangenen Jahres lebt sie nun in Pfaffenhofen. Auch sie sucht eine kleine Wohnung; denn im Moment haben die drei nur ein kleines Zimmer.
Dalya Kadhem, ihr siebenjähriger Sohn Aymen und der gerade drei Monate alte Yamen.
Mohammad Bebudi (28) aus Afghanistan hat an der Unteren Stadtmauer in Pfaffenhofen eine vorübergehende Bleibe gefunden, zuvor wohnte er in Schweitenkirchen. Er ist seit 1,5 Jahren in Pfaffenhofen und befürchtet seine Abschiebung. Auch sein Fall wurde bereits am Runden Tisch im Landratsamt behandelt, an dem neben Manfred „Mensch“ Mayer und Landrat Martin Wolf (CSU) auch der Landtagsabgeordnete Karl Straub (CSU) und Bernd Duschner sitzen.
Jeden zweiten Montag im Monat tagt der Runde Tisch, um Härtefälle aus dem gesamten Landkreis zu behandeln und nach möglichen Lösungen zu suchen. Bis auf einen konkreten Einzelfall habe man bislang auch stets eine Lösung gefunden, sagt Mayer. „Wir hören nicht auf, nach Lösungen zu suchen, auch wenn formal alles abgearbeitet und ausgeschöpft erscheint.“
Mohammad Bebudi.
Bebudis Flucht aus Afghanistan führte ihn über den Irak, die Türkei, Griechenland Mazedonien weiter nach Serbien, Ungarn und über Österreich nach Deutschland, wie er berichtet. Insgesamt war er – auch wegen eines längeren Aufenthalts in Griechenland – eineinhalb Jahre unterwegs. Seit September besucht der gelernte Schneider eine der neu eingerichteten Klassen zum Berufsintegrationsjahr an der Pfaffenhofener Berufsschule; dabei werden auch verstärkt Deutsch-Kenntnisse vermittelt.
Mohammad Bebudi soll nicht zuletzt aus medizinischen Gründen vor der Abschiebung bewahrt werden, betont Mayer. Denn der 28-Jährige, dessen Vater von den Taliban getötet wurde, habe eine schwere Schussverletzung am Bein erlitten. Eine kleine Plastiktüte mit starken Medikamenten trägt er immer bei sich. Anders wären die Schmerzen nicht auszuhalten. „Mohammad braucht ganz dringend eine Operation, sonst verliert er sein Bein.“ Möglicherweise sollen die Kosten für die OP über Spenden gesammelt werden.
