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"Weder maßvoll, noch verträglich": Das Pfaffenhofener Unternehmer-Netzwerk "ProWirtschaft" verurteilt die Dimension der geplanten Gewerbesteuer-Erhöhung und fordert den Bürgermeister auf, das Vorhaben noch einmal zu überdenken

Update: Gewerbesteuer-Erhöhung vorerst vom Tisch

Von Tobias Zell

Das Pfaffenhofener Unternehmer-Netzwerk „ProWirtschaft“ übt ebenso unmissverständliche wie harsche Kritik an der von der bunten Rathaus-Koalition um Bürgermeister Thomas Herker (SPD) geplanten Erhöhung von Gewerbesteuer und Grundsteuer B. Bekanntlich sollen beide Hebesätze deutlich steigen, um angesichts der anstehenden Großprojekte den Schuldenstand der Stadt in den nächsten Jahren nicht über 20 Millionen Euro klettern zu lassen. Diese Steuererhöhungen würden nach Berechnungen aus dem Rathaus jährliche Mehreinnahmen in einer Größenordnung von 1,75 Millionen Euro bedeuten – 1,5 Millionen aus der Gewerbesteuer und 250 000 Euro aus der Grundsteuer B.

„ProWirtschaft“ verurteilt diese Pläne scharf und bittet den Rathauschef, sie noch einmal zu überdenken. Eine Umfrage unter den Mitgliedern habe ein klares Meinungsbild ergeben: Die geplante Gewerbesteuer-Erhöhung von 345 auf 380 Punkten stoße bei Geschäftsleuten wie Gewerbetreibenden in der geplanten Höhe und in Kombination mit der ebenfalls drohenden Anhebung der Grundsteuer B von 350 auf 380 Punkte auf „einhellige Ablehnung und scharfe Kritik“. Sie sehen darin „eine unzumutbare Doppelbelastung und haben den Eindruck, als wolle die Stadt Finanzierungsprobleme aufgrund hoher Investitionen auf Kosten der heimischen Wirtschaft lösen“. In einem offenen Brief an Bürgermeister Herker hat der „ProWirtschaft“-Vorsitzende Franz Böhm die zentralen Kritikpunkte und Bedenken seiner Mitglieder zusammengefasst.

"Unverhältnismäßig und unzumutbar"

In der Kritik steht demnach von Seiten des Unternehmer-Netzwerks weniger eine Anhebung an sich, sondern vielmehr deren geplante Dimension, die eine relative Steigerung um zehn Prozent bedeuten würde. Die Erhöhung des Gewerbesteuer-Satzes von 345 auf 380 Punkte „ist nach Meinung unserer Mitglieder weder maßvoll noch verträglich, sondern unverhältnismäßig und unzumutbar hoch“, schreibt Böhm.

Auf der Rangliste der Gewerbesteuer-Hebesätze der 65 bayerischen Kommunen mit 20 000 und mehr Einwohnern würde sich die Stadt Pfaffenhofen durch diese Erhöhung „um viele Plätze nach vorne katapultieren“, gibt Böhm zu Bedenken. 27 dieser 65 Kommunen hätten aktuell einen Hebesatz von 380 Punkten und höher, doch die Mehrzahl (38) liege – teils erheblich – darunter. Zur Veranschaulichung bringt er einige Vergleichszahlen von Kommunen aus dem weiteren Umkreis: Aichach 320, Dachau 350, Eching 345, Erding 325, Neuburg 350, Unterschleißheim 350. 

„Sie führen zwar an, dass die Erhöhung zum Beispiel für Einzelkaufleute nicht ins Gewicht fallen wird“, hält Böhm dem Bürgermeister entgegen: „Doch Sie rechnen auch mit Mehreinnahmen von 1,5 Millionen Euro pro Jahr – und Tatsache ist, dass sich die Stadt dieses Geld von der heimischen Wirtschaft holen will.“ Außerdem sei es mit der Anhebung der Gewerbesteuer nicht getan: Schließlich solle zugleich der Hebesatz für die Grundsteuer B von 350 auf 380 Punkte steigen. Und das treffe wieder die heimischen Geschäfte – „entweder direkt als Gebäudebesitzer oder auf dem Umweg über die zu erwartende Mieterhöhung durch den Vermieter“.

"Jede weitere Belastung könnte das Ende bedeuten"

Die von „ProWirtschaft“ befragten Mitglieder sehen laut Böhm in den geplanten Steuererhöhungen „eine einseitige und unzumutbare Doppelbelastung für die heimischen Geschäftsleute und Gewerbetreibenden“. Viele seien schon jetzt „in großer Gefahr, dass ihnen der Klammergriff der Ballungszentren München und Ingolstadt die Luft abschnürt“. Internethandel und Mindestlohn hätten die schwierige Situation weiter verschärft und mittlerweile sei ein Punkt erreicht, an dem jede weitere Belastung im Kampf um das wirtschaftliche Überleben das Ende bedeuten könnte, so Böhm.

Nicht ungeschoren werden nach Einschätzung von „ProWirtschaft“ auch die Verbraucher davonkommen. In einigen Branchen – zum Beispiel in der Gastronomie – werden die geplanten Steueranhebungen unweigerlich Preiserhöhungen nach sich ziehen, prophezeit Böhm. Man frage sich deshalb, ob das alles noch mit dem ehrenvollen Titel „Lebenswerteste Kleinstadt der Welt“ vereinbar ist, den Pfaffenhofen seit 2011 tragen darf. 

Hausaufgaben nicht gemacht?

Nicht zuletzt ließen – so heißt es in dem Brief weiter – die anvisierten Steuererhöhungen bei vielen Mitgliedern von „ProWirtschaft“ die Vermutung aufkommen, „dass die Stadt ihre Hausaufgaben nicht gemacht und sich übernommen hat“. Einige Argumente dazu liefert Böhm gleich mit: Noch 2008 – das Jahr von Herkers Amtsantritt – sei Pfaffenhofen finanziell gut dagestanden, doch mittlerweile seien alle Reserven aufgebraucht. Auch die Stadt solle zuerst kalkulieren und dann investieren – und nicht umgekehrt. Große Belastungen bringe die Landesgartenschau 2017 mit sich, doch es sei fraglich, ob Kosten und Nutzen hier in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Und es sei doch von vornherein absehbar gewesen, dass das Geld für die geplanten Investitionen nicht ausreiche.

Unterm Strich sei bei vielen „ProWirtschaft“-Mitgliedern der Eindruck entstanden, dass sie letztlich für „hausgemachte“ Finanzprobleme der Stadt zur Kasse gebeten werden sollen. Dies werde noch verstärkt durch die Tatsache, dass die Stadt nicht den Dialog gesucht habe, sondern die örtlichen Geschäftsleute und Gewerbetreibenden mehr oder weniger vor vollendete Tatsachen stelle, kritisiert Böhm. „Unsere Mitglieder würden sich mehr Gesprächsbereitschaft von Seiten der Stadt wünschen, zumal gerade die heimische Wirtschaft eine Menge für das wirtschaftliche Wohlergehen der Stadt und ihrer Bürger leistet.“

Vorschlag: Erhöhung von 345 auf 355 Punkte – statt auf 380

Klarstellen will Böhm aber: Die Mitglieder von „ProWirtschaft“ seien nicht grundsätzlich gegen eine Erhöhung der Gewerbesteuer. Die Kritik wende sich nur gegen den geplanten Umfang der Steigerung. Zumutbar und von der Wirtschaft guten Gewissens mitzutragen wäre aus der Sicht des Unternehmer-Netzwerks eine Anhebung um zirka drei Prozent – das heißt von 345 auf 355 Punkte. 

Im Namen des Vorstands von „ProWirtschaft“ sowie der heimischen Geschäftsleute und Gewerbetreibenden bittet Böhm am Ende seines offenen Briefs den Bürgermeister ganz konkret: „Haben Sie ein offenes Ohr für die Interessen der heimischen Wirtschaft! Behandeln Sie unser Schreiben im Rahmen der Beratungen in den zuständigen Gremien! Überdenken Sie die geplante Gewerbesteuer-Erhöhung noch einmal!“

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