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Auf drei Kilometern wird mit Hilfe einer riesigen Spezial-Fräsmaschine der Bahndamm saniert – täglich werden 21 Sattelzug-Ladungen Zement und 300 000 Liter Wasser benötigt. Inklusive zweier neuer Brücken kostet das 14 Millionen Euro. Ab 24. August soll der Zugverkehr wieder zweigleisig laufen, bis dahin sind aber auch noch einige Vollsperrungen nötig.

Von Tobias Zell

Es ist eine beinahe unglaubliche Materialschlacht, die sich die Deutsche Bahn zwischen Reichertshofen und Winden am Aign liefert. Auf etwa drei Kilometern wird derzeit der Bahndamm saniert. Was so harmlos klingt, kostet um die elf Millionen Euro, ist verbunden mit einer akribischen Logistik – und so aufwändig, dass man sich die Zahlen dahinter schwer vorstellen kann. 140 000 Kubikmeter Betonmasse werden verbaut, 12 000 Kubikmeter Schotter ausgewechselt, 15 000 Kubikmeter Erdreich bewegt. Pro Tag werden 21 Sattelzug-Ladungen Zement sowie 300 000 Liter Wasser benötigt. Und die Spezialmaschine, die für die Dammsanierung zum Einsatz kommt, hat 1900 PS unter der Haube. 

Und warum das alles? Damit auf diesem Abschnitt die Züge wieder mit 160 km/h dahinrauschen können, erklärt Bahn-Projektleiter Thomas Thürer. Der Zahn der Zeit hatte an dem Bahndamm, errichtet anno 1870, genagt. Es kam zu Gleis-Senkungen und -Verschiebungen, weshalb hier die zulässige Geschwindigkeit schon vor Jahren auf 120 beschränkt wurde. Das entspricht aber nicht den Qualitätskriterien, so Thürer – und deshalb wird dieser Abschnitt nun wieder fit gemacht für Tempo 160.

 

Wo normalerweise die Gleise liegen, wird derzeit gearbeitet, um den Untergrund zu stabilisieren.

Zum Einsatz kommt bei der Dammsanierung – erstmalig in Deutschland – ein so genanntes Fräs-Misch-Injektionsverfahren. Dabei werden sozusagen unterirdische Betonbrücken in den Bahndamm eingebaut, um ihm neue Stabilität zu verleihen. Vereinfacht ausgedrückt kann man sich das wie drei Säulen vorstellen, die metertief in den Boden reichen und oben mit einem Betondeckel versehen werden. Diese Prozedur erfolgt auf beiden Seiten, also in beiden Fahrtrichtungen. Das angewandte Verfahren erlaubt es, dass jeweils auf einer Gleis-Seite gearbeitet wird, während auf der anderen der Zugverkehr weiterlaufen kann. 

Der „Hauptdarsteller“ dieses Fräs-Injektionsverfahrens ist eine riesige Maschine mit einem meterlangen Schwert, das an eine überdimensionale Motorsäge erinnert. Die frisst sich in den Boden und spritzt dann ein Zement-Wasser-Gemisch hinein. Damit das Ganze zum Beton wird, braucht es normalerweise noch Kies oder/und Sand – der wird aber nicht zusätzlich eingebracht, sondern man nutzt das im Boden ohnehin vorhandene Material, wie Thürer erklärt.

Dieses riesige "Sägeblatt" frisst sich in den Boden, dann wird ein Zement-Wasser-Gemisch eingespritzt.

Was so genial und einfach klingt, bedurfte allerdings eines enormen Vorlaufs. Denn für diese Vorgehensweise gab es laut Thürer in Deutschland bislang keine Zulassung. Und um diese zu bekommen, seien rund 2,5 Jahre nötig gewesen. Was nun derzeit zwischen Reichertshofen und Winden passiert, ist also zum einen eine Premiere und zum anderen ein 1:1-Versuch. Der drei Kilometer lange Streckenabschnitt wird nämlich in den kommenden fünf Jahren an mehreren Stellen mit Hilfe von hochsensiblen Sensoren überwacht. 

Die Ergebnisse dieser Messungen sollen belegen, wovon man anhand der umfangreichen Berechnungen ohnehin ausgeht: Dass das neuartige Verfahren sich bewährt. Erste Erfolge sind laut Projektleiter Thomas Thürer und Projektingenieur Walter Pritzl auch bereits dokumentiert. Denn auf einer Seite ist die Sanierung ja bereits abgeschlossen; und dort liege das Gleis bereits deutlich ruhiger.

Ein Gleis bleibt in der Regel befahrbar, während die Arbeiten auf der anderen Seite laufen – an einigen Tagen sind allerdings Vollsperrungen nötig. 

Dort, wo später wieder das Gegengleis verlegt wird, laufen derzeit die Arbeiten auf Hochtouren. Sie erfolgen nach einem Zeitplan, der auf Stunden genau regelt, was wann wo zu passieren hat. Und der sieht vor, dass ab 24. August, 2 Uhr, der Zugverkehr im besagten Abschnitt wieder zweigleisig läuft. „Es kann auch 2.04 Uhr werden“, sagt Thürer mit einem Augenzwinkern. Gearbeitet wird im Zwei-Schicht-Betrieb.

Weil die riesige Fräsmaschine zeitweise dem genutzten Gleis sehr nahe kommt, muss der Zugverkehr auf diesem Abschnitt immer wieder komplett eingestellt werden. Insgesamt zehn Vollsperrungen von jeweils 33 Stunden werden es am Ende gewesen sein. Im Juli und August kommt es deshalb noch einmal an mehreren Wochenenden zu Fahrplan-Änderungen und Schienen-Ersatzverkehr.

 

Die Brücke bei Dörfl wird erneuert.

Im Zuge der momentanen Sanierungsarbeiten werden übrigens auch zwei Bahnbrücken erneuert – in Reichertshofen und bei Dörfl. Das kostet jeweils weitere 1,5 Millionen Euro. Auch hier ist die Vorgehensweise durchaus bemerkenswert: Beide neuen Brücken werden nämlich jeweils neben den bestehenden errichtet und dann praktisch in die Lücke, die durch den Abriss der alten Bauwerke entsteht, hineingeschoben. 

Aber auch danach geht der Deutschen Bahn die Arbeit im Kreis Pfaffenhofen nicht aus. Im Jahr 2017 soll eine Brücke bei Fahlenbach erneuert werden, wie Unternehmenssprecher Bernd Honerkamp mitteilt – und im Jahr 2018 stehen dann umfangreiche Umbaumaßnahmen am Bahnhof von Pfaffenhofen an. Dort wird unter anderem ein zusätzliches, viertes Gleis verlegt.


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