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Zum Tag der Patientensicherheit zieht das Klinikum Ingolstadt Bilanz – Und will das Bewusstsein schärfen für ein komplexes Thema

(ty) Sicherheit geht vor – das ist ganz besonders in der Medizin nichts Neues. Aber wo Menschen arbeiten, machen sie Fehler. Auch wenn die extrem selten sind, ist jeder Fehler in einem Krankenhaus immer einer zu viel – selbst wenn er keine negativen Konsequenzen hat. Der „1. Internationale Tag der Patientensicherheit“ am 17. September, der vom Bundesgesundheitsministerium unterstützt wird, will darauf aufmerksam machen und das Bewusstsein für vermeidbare Risiken schärfen. Auch das Klinikum Ingolstadt beteiligt sich an dem Aktionstag – und geht in Sachen Patientensicherheit ohnehin längst neue Wege.

Wo es um die Gesundheit von Menschen geht, ist die Sicherheit schon immer oberstes Prinzip. Aber trotz aller Sicherheitsvorkehrungen, die es vor allem in der modernen Medizin zunehmend gibt, lassen sich bei 19,1 Millionen Menschen, die im vergangenen Jahr stationär in deutschen Krankenhäusern behandelt wurden, Fehler nicht ganz ausschließen, die in seltenen Fällen auch schwerwiegende Konsequenzen für die Patienten haben können. Das Dauerthema Patientensicherheit hat daher in den letzten Jahren eine kleine Renaissance erlebt.

OP-Checklisten, Patientensicherheitsarmbänder, die Verwechslungen vermeiden helfen, und viele andere Sicherheitsmaßnahmen gibt es schon lange. Auch im Klinikum Ingolstadt gehören sie seit vielen Jahren zum Standard. Doch sie sind inzwischen nur einzelne Bestandteile eines ganzen Systems von Faktoren, die gemeinsam ein Ziel haben: Maximale Sicherheit für die Patienten. Dazu gehören längst nicht mehr nur Sicherheitsmechanismen, die Fehler verhindern sollen, wenn sie gerade entstehen – wie eben jene Checklisten oder zum Beispiel Computerprogramme, die bei möglichen Fehlern Warnungen ausgeben.

Es geht längst darum, ein lernendes System zu schaffen, das nicht nur Fehler, sondern Risiken bereits im Vorfeld erkennt und beseitigt, bevor Gefährdungen für Patienten oder Mitarbeiter entstehen können. „Wir haben in den letzten Jahren enorme Anstrengungen unternommen, um die Sicherheit für unsere Patienten zu verbessern“, sagt Günter Ochs, der Ärztliche Direktor des Klinikums. Dabei sei man auch viele neue Wege gegangen. Zum Beispiel wurden im Rahmen eines deutschlandweit neuartigen Seminars im Klinikum in den letzten zwei Jahren rund 30 Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen und Berufsgruppen des Ingolstädter Schwerpunktkrankenhauses zu Qualitätsmanagern mit Schwerpunkt Patientensicherheit ausgebildet.

In Verbindung mit Qualitätszirkeln trügen sie das Bewusstsein für Qualität und Sicherheit in ihre Bereiche und hätten das Gelernte auch bereits in mehreren Projekten in der Praxis umgesetzt. Manche davon beschäftigten sich mit dem wichtigen Thema Krankenhaushygiene, das in diesem Jahr auch das Schwerpunktthema des Internationalen Tags der Patientensicherheit am 17. September ist.

Das Thema Hygiene wird im Klinikum bereits seit Jahren groß geschrieben. Mit Stefan Borgmann als neuem Leitenden Arzt für Klinische Infektiologie und Hygiene im Klinikum wurden viele Initiativen in die Wege geleitet, um den Umgang mit multiresistenten Keimen, die mit den Patienten in die Krankenhäuser gelangen, zu verbessern und die Sicherheit für Patienten und Mitarbeiter durch verschiedene Maßnahmen zu optimieren. Dazu gehören auch übergeordnete Themen wie etwa das Antibiotikamanagement, das durch einen sensibleren Umgang mit Antibiotika die Ausbreitung der gefährlichen resistenten Keime einschränkt.

Die Hygiene ist aber nur eines von einer Vielzahl von Themen. Das Thema Sicherheit spielt im Prinzip in allen Bereichen des Klinikums eine wichtige Rolle. Medikamente werden neu verpackt, um bei ähnlichen Packungen Verwechslungen zu vermeiden, die Dosierung wird doppelt überprüft und im Operationssaal gibt es seit einiger Zeit das sogenannte Team-Time-Out als letzte und zusätzliche Sicherheitsstufe. Dabei hält das gesamte OP-Team noch einmal inne und geht alle wichtige Faktoren bei der anstehenden Operation durch: Der Patient wird noch ein letztes Mal identifiziert, Ort und Art des Eingriffs werden überprüft und es wird sichergestellt, dass alle für den Eingriff notwendigen Vorkehrungen getroffen und alle Materialien vorhanden sind. Ebenso wird nach dem Eingriff überprüft, dass alle verwendeten Instrumente wieder an Ort und Stelle sind. So kann weitestgehend ausgeschlossen werden, dass zum Beispiel das falsche Bein operiert wird, oder dass die berühmte Operationsschere im Bauch des Patienten vergessen wird, wie es in Schlagzeilen über sogenannte „Kunstfehler“ immer wieder auftaucht.

Eine wichtige Rolle spielt das sogenannte „Critical Incident Reporting System“, oder kurz CIRS. Dabei können Mitarbeiter des Klinikums auf Wunsch auch anonym mögliche Risiken melden und selbst Lösungsvorschläge machen. Die Einträge in das System werden jede Woche von einer Expertengruppe diskutiert und die entsprechenden Schlüsse daraus gezogen. „Wir sind sehr zufrieden mit dem System“, bilanziert Ochs. Es werde rege genutzt. Über 170 Einträge haben die Mitarbeiter in den rund anderthalb Jahren seit dem Start bereits vorgenommen. „Dabei geht es natürlich nicht immer um echte Fehler, wo etwas passiert wäre, sondern auch um Fälle, wo Mitarbeiter einfach irgendwo ein Risiko entdeckt haben und es für die Zukunft ausschließen helfen“, erklärt Ochs. Das Spektrum reiche dabei vom Infusionsbeutel, der unter bestimmten Umständen beim Aufhängen platzen kann, ohne dass dabei ein Risiko für den Patienten besteht, oder dem rutschigen Boden, auf dem ein Patient mit Krücken ausrutschen könnte.

Selbst wenn keine Fehler passiert sind, werden zudem auch komplexe Situationen wie etwa Komplikationen oder Todesfälle immer in der jeweiligen Abteilung genau aufgearbeitet. „In einem Krankenhaus, wo sehr, sehr kranke Menschen und Schwerverletzte behandelt werden, sterben natürlich leider auch Menschen. Selbst wenn wir alles richtig machen, kann die Medizin einfach manchmal nichts mehr tun“, sagt Ochs. Dennoch würden solche Fälle in internen Fachgruppen in den jeweiligen Abteilungen besprochen und analysiert, um herauszufinden, ob es irgendwo etwas gegeben habe, was man in Zukunft besser machen könne, so Ochs. Eine solche offenere Fehlerkultur sei wichtig und auch Teil des Qualitätsmanagements.

Die Auswertung von Daten trägt im Klinikum inzwischen auch präventiv zur Patientensicherheit bei: Dadurch könnten sogar Krankheiten erkannt werden, noch bevor sie tatsächlich auftreten. „Early Warning Scores“ nennen die Mediziner das. Dabei wird aus verschiedenen Patientendaten für bestimmte Krankheitsbilder eine Art „Frühwarnsystem“ entwickelt. Wenn bei Routineuntersuchungen jeden Tag etwa Atemfrequenz, Herzfrequenz, Blutdruck oder Körpertemperatur gemessen werden, kann man daraus beispielsweise auch mit hoher Wahrscheinlichkeit erkennen, ob es bei dem Patienten zu einer Sepsis, also einer Blutvergiftung kommen könnte. „So können wir frühzeitig Gegenmaßnahmen einleiten, noch bevor die Sepsis wirklich auftritt“, erklärt Ochs. Auch in der Krebstherapie gebe es für die Zukunft solche Ansätze. Er begrüßt auch Pläne des Gesetzgebers, die Qualität in der Medizin noch mehr in den Mittelpunkt zu stellen und noch mehr in der Vergütung von Krankenhausleistungen zu verankern.

Mit einem Stand im Eingangsbereich wird das Klinikum am Internationalen Tag der Patientensicherheit am 17. September von 10 bis 14 Uhr auf die vielfältigen Aktivitäten in Sachen Patientensicherheit hinweisen. Denn eines sei auch wichtig, so Ochs. Man dürfe kein falsches Bild entstehen lassen und die Bevölkerung weiter verunsichern: „Wir haben in Deutschland sicher gemeinsam mit der Schweiz die besten Krankenhäuser der Welt“, sagt er – und zwar nicht nur, was die Qualität der Versorgung insgesamt, sondern auch die Patientensicherheit angehe. „Aber nichts ist so gut, dass man es nicht noch besser machen könnte.“

 


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