Das LKA hat in München einen seit Monaten flüchtigen apulischen Mafia-Boss festgenommen – Die Hintergründe lesen sich wie ein Kriminalroman
(ty) Dem bayerischen Landeskriminalamt ist ein wichtiger Schlag gegen die im süditalienischen Apulien ansässige Mafia-Organisation „Sacra Corona Unita“ gelungen. LKA-Ermittler haben einen seit Monaten flüchtigen 44-jährigen italienischen Mafia-Boss in München festgenommen. Er gilt als einer der mächtigsten Mafiosi des in Apulien beheimateten Clans „Pellegrino“ aus der Stadt Squinzano. Illegales Glücksspiel, internationaler Rauschgifthandel, Wucher und Erpressung waren laut LKA, zumindest von August 2008 bis Dezember 2012, sein kriminelles Betätigungsfeld, wodurch ihm letztlich der Aufstieg bis in die Position des „Paten“ gelang.
Als Oberhaupt des Clans Pellegrino, einem mächtigen Zweig der „Sacra Corona Unita“, beeinflusste Patrizio P. nach Angaben des LKA maßgeblich Entscheidungen der öffentlichen italienischen Verwaltung, um sich seine örtliche Vorherrschaft zu sichern und illegale finanzielle Gewinne zu erwirtschaften. So habe bereits im Jahr 2010 ein Kronzeuge über die Machenschaften der „Sacra Corona Unita“ in Apulien berichtet, dass die ansässige Mafia und die Bürger von Squinzano eine Art „Wohlfahrtsgesellschaft“ unterhielten und der Clan nur das Beste ihrer Stadt wolle. Im Rahmen gezielter italienischer Polizei-Aktionen gegen die organisierte Kriminalität des Clans Pellegrino im vergangenen Jahr konnten damals 100 Kilogramm Kokain sichergestellt sowie italienweit rund 30 zugehörige Clan-Mitglieder arretiert werden.
Unter den Festgenommenen sollen sich nach italienischen Polizeiangaben auch die Präsidentin eines örtlichen Kommunalrats sowie ein Ex-Bürgermeister und ein ehemaliger Polizeichef aus der Region um Lecce befinden, die sich nunmehr wegen Korruption und Amtsmissbrauch zu verantworten haben. Somit war laut LKA auch der „Pate“ Patrizio P. seit spätestens Herbst vergangenen Jahres gezwungen, nach den erfolgreich angelegten Razzien und Festnahmen der italienischen Justizbehörden, die Flucht aus Italien zu ergreifen, um sich so dem „Mafia-Paragrafen“ des italienischen Strafgesetzbuches und einer mindestens zweistelligen Haftstrafe entziehen zu können.
Das europaweit agierende und funktionierende Netzwerk der „Sacra Corona Unita“ ermöglichte dem Mafia-Boss die Flucht ins rheinland-pfälzische Mainz, wie das LKA weiß. Seine Fluchtroute blieb bislang jedoch im Verborgenen. Trotz bestehenden internationalen Haftbefehls sei es dem Flüchtigen gelungen, seine wahre Identität zu verbergen, sich in die Anonymität zu flüchten und sich mittels gefälschter Dokumente den Kontrollen deutscher Polizeibehörden zu entziehen.
Im Rahmen einer bereits langjährig bestehenden internationalen Zusammenarbeit deutscher und italienischer Polizeibehörden wurden die Ermittler beim bayerischen LKA nun im Oktober dieses Jahres um Festnahme des 44-Jährigen zum Zweck der Strafverfolgung in Italien gebeten. Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz betreibt das Auslieferungsverfahren. “Unter Einbindung der bayerischen und rheinland-pfälzischen Justizbehörden konnte sukzessive das tägliche Verhaltensmuster des Flüchtigen ermittelt werden und die gezielte Festnahme des Mafia-Paten geplant werden“, heißt es vom LKA.
“Aufgrund des mafiösen Hintergrunds und der Sicherstellung einer nicht unerheblichen Menge Kokain in Italien“ wurden für die Festnahme-Aktion die Spezialkräfte des Rauschgifteinsatzkommandos Südbayern des bayerischen Landeskriminalamts hinzugezogen. Der 44-jährige Italiener Patrizio P. konnte letztendlich am vergangenen Freitag widerstandslos im Bereich des Münchner Hauptbahnhofs festgenommen werden. Wie es heißt, hatte er ein gefälschtes rumänisches Reisedokument bei sich. Nun wartet der Mafia-Boss in einer bayrischen Justizvollzugsanstalt auf seine bereits beantragte Auslieferung nach Italien.