Warum neben dem Wolnzacher Hopfenmuseum keine 50 Asylbewerber einquartiert werden: Der Landkreis hatte großes Interesse an dem angebotenen Gebäude, doch die Gemeinde spielte nicht mit
Von Tobias Zell
Dass der nicht abreißende Zustrom von Flüchtlingen den Landkreis Pfaffenhofen und seine Gemeinden vor enorme Herausforderungen stellt, ist bekannt. Nach den jüngsten Zahlen müssen noch über 1000 Plätze geschaffen werden, um die Aufnahme-Quote von zwei Prozent – bezogen auf die Einwohnerzahl des Kreises – zu erfüllen. Der Druck ist groß. Und das Landratsamt räumte, wie berichtet, bereits einen „kurzfristigen Engpass“ bei den Unterkünften für Flüchtlinge ein. Übers Wochenende wurde deshalb in Rockolding fieberhaft am Aufbau von drei Messehallen gearbeitet, in denen bis zu 150 weitere Asylbewerber einquartiert werden sollen. Die ersten kamen gestern bereits an, bis Weihnachten werden dort insgesamt rund 80 erwartet.
In Wolnzach hat der Landkreis derweil ein angebotenes Gebäude ausgeschlagen, in dem man nach eigener Darstellung 50 bis 60 Personen hätte unterbringen können. Das anfängliche Interesse an den Räumlichkeiten, das Landrat Martin Wolf (CSU) auf Anfrage unserer Zeitung auch bestätigt, löste sich in Luft auf – und zwar nach Rücksprache mit der Gemeinde. Denn die von Bürgermeister Jens Machold (CSU) regierte Kommune signalisierte offenbar, dass sie nicht gewillt ist, an diesem Standort Flüchtlinge unterzubringen. Dazu muss man wissen: Das besagte Gebäude liegt direkt neben dem Deutschen Hopfenmuseum, dem touristischen Aushängeschild der Marktgemeinde.
Der Reihe nach. In direkter Nachbarschaft zu dem Museum steht ein großes Gebäude, das der Mutter von Gemeinderat Max Wallner (BGW) gehört. Darin finden sich das italienische Lokal „da Pino“, Lagerflächen, eine von Max Wallner betriebene Pension – und viel, viel freier Platz. Denn die zirka 450 Quadratmeter, die einst der Plus-Markt und später ein Getränkemarkt gepachtet hatten, stehen laut Wallner seit dem Jahr 2006 leer. Diese Fläche hat er nun, zusammen mit den 250 Quadratmetern, die aktuell als Lokal mit Nebenraum genutzt werden, dem Landkreis angeboten. Die Gaststätte sei zwar ungekündigt vermietet, doch nach den Worten von Wallner will sich der Pächter möglicherweise ohnehin verändern.
Jedenfalls offerierte Max Wallner im Namen seiner Mutter dem Landkreis die insgesamt rund 700 Quadratmeter. Das Angebot bestätigt man bei der Kreisbehörde. Es gab auch schnell einen Besichtigungstermin. Und der hat nach Angaben eines Landratsamt-Sprechers ergeben, dass in den Gebäudekomplex tatsächlich zirka 50 bis 60 Flüchtlinge einziehen könnten, wenn die nötigen Bau- und Ertüchtigungsmaßnahmen vorgenommen werden. Der zuständige Mitarbeiter des Landratsamts signalisierte nach dem Ortstermin, man könne sich die Nutzung des Gebäudes als Asyl-Unterkunft vorstellen.
Bis hierher sind sich alle Beteiligten einig. Doch zu dem, was danach geschah, gibt es zwei Versionen. Wallner ist sich nämlich sicher, dass er dann am Telefon eine Zusage von Landrat Wolf persönlich erhalten hat – der Kreischef habe nur noch die Gemeinde informieren wollen. „Ich habe das definitiv als Zusage verstanden“, betont Wallner. Wolf dagegen bestätigt zwar, dass er gegenüber Wallner „grundsätzliches Interesse“ bekundet habe – zugleich habe er ihm jedoch mitgeteilt, dass das Vorhaben erst noch mit der Kommune abgesprochen werden müsse. „Wir machen so etwas immer nur in Abstimmung mit der Gemeinde“, versichert Wolf gegenüber unserer Zeitung.
Dieses Gebäude boten die Wallners dem Landkreis zur Unterbringung von Asylbewerbern an. Man hatte auch Interesse, doch nach Rücksprache mit der Gemeinde kam die Absage.
Fakt ist: Nach der besagten Rücksprache zwischen Landratsamt und Gemeinde war das Vorhaben vom Tisch. Das bestätigen nun wiederum Wallner und Wolf unisono. Mit Blick auf die angestoßenen Aktivitäten zur Erreichung der Zwei-Prozent-Quote in Wolnzach werde das Angebot von Wallner „zunächst nicht weiterverfolgt“, heißt es aus der Kreisbehörde. Bekanntlich haben sich alle 19 Landkreis-Gemeinden im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung bereit erklärt, zwei Prozent ihrer Einwohnerzahl an Flüchtlingen aufzunehmen und dafür notfalls selbst entsprechende Gebäude zu schaffen.
In Wolnzach laufen diesbezüglich zwei Projekte. Direkt neben dem Autohaus Straub, wo derzeit noch mehrere Container stehen, errichtet die Gemeinde in Modulbauweise ein Gebäude, in dem 64 Asylbewerber untergebracht werden können. Das soll spätestens Ende Juni bezugsfertig sein. Zudem schafft ein privater Investor nur einen Steinwurf entfernt Platz für weitere zirka 110 Flüchtlinge. Als Übergangslösung – zur Überbrückung der Bauzeit – soll derweil die Siegelhalle genutzt werden, in der laut Landratsamt etwa 100 Personen unterkommen können. So gelinge es, die Belegung einer Turnhalle zu vermeiden, erklärt ein Behörden-Sprecher.
Hier errichtet die Gemeinde Wolnzach ein Gebäude für Asylbewerber.
Wallner ist sich indes sicher: Das von seiner Familie offerierte Gebäude sei nur wegen der geografischen Lage als Flüchtlingsheim abgelehnt worden. Landrat Wolf räumt das sogar ein: Von der Gemeinde seien Bedenken wegen der Nähe zum Hopfenmuseum geäußert worden, sagte er auf Anfrage. Außerdem könne die Gemeinde ihre Quote „anderweitig und verträglicher“ erfüllen, ergänzt er mit Blick auf die genannten Vorhaben. Ferner würde der Umbau des Wallner-Gebäudes einige Zeit in Anspruch nehmen, so Wolf. „Für eine schnelle Lösung hilft uns das also eh nicht weiter.“
Max Wallner leuchtet die Absage dennoch nicht so recht ein. Schließlich suche der Landkreis doch händeringend nach Unterkünften. Für ihn scheint klar: Hier sei es einzig um die Lage gegangen. In seiner süffisanten Art schreibt er deshalb der Gemeinde ins Stammbuch: „Einen Schweden, der das Hopfenmuseum anschaut, will man schon – aber einen Syrer, der daneben wohnt, nicht.“
Die Absage aus dem Landratsamt „nehme ich zur Kenntnis“, sagt Wallner. Zugleich kündigt er an, die seit Jahren leerstehende Supermarkt-Fläche trotzdem für eine „anderweitige Wohnnutzung“ umbauen zu wollen. Und außerdem: „Vielleicht kommt ja der Landrat im dritten Quartal 2016 noch einmal auf mich zu.“ Nämlich dann, wenn die Quote für die Aufnahme von Flüchtlingen auf drei oder gar vier Prozent gestiegen sei. Angesichts des nicht abreißenden Zustroms kann Wallner das möglicherweise sogar abwarten.
Lesen Sie auch: