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Musik-Comedian Chris Boettcher im Interview über Zivilcourage, beleidigte Promis und Künstler-Kollegen

Von Markus Wittenzellner 

Was ist der Mann nun eigentlich? Comedian? Kabarettist? Entertainer? Sänger? Hit-Schreiber? Moderator? So einfach lässt sich das bei Chris Boettcher wohl gar nicht definieren. Dazu ist der 51-Jährige zu vielseitig. Seine Kombination aus den verschiedensten Talenten sorgt jedoch seit vielen Jahren dafür, Menschen in  kürzester Zeit in gute Laune zu versetzen. Sei es durch Auftritte im Radio, Fernsehen oder auf der Bühne. Dementsprechend passend ist auch der Titel seines neuen Live-Programms „Schluss mit frustig“, mit dem der Allround-Künstler seit kurzem bayernweit unterwegs ist.

Und jeder, der sich auf die fast schon legendären Parodien auf Promis wie Dieter Bohlen, Udo Lindenberg, Angela Merkel oder Peter Maffay freut, wird sicher auch diesmal nicht enttäuscht. Denn sie sind alle wieder da. Dazu gesellen sich nun aber auch weitere, mehr oder minder umstrittene Charaktere. Etwa der amerikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump oder der nordkoreanische Diktator Kim Jong-Un. 

Von da ist es dann nicht weit zu Helene Fischer. Aber auch der VW-Skandal oder die Terror-Miliz IS sind Thema. Und natürlich dürfen auch die hinterfotzigen Hits wie „Zehn Meter geh’n“ oder „In der Pubertät“ nicht fehlen. Ein E-Piano und ein rotzfreches, aber nie wirklich verletzendes Mundwerk genügen dem gebürtigen Ingolstädter, um dem Publikum für zwei Stunden den Alltags-Frust zu nehmen. Am Freitag gastierte er auf Einladung des örtlichen Kulturfördervereins in der rappelvollen Mehrzweckhalle in Petershausen. Wir haben Chris Boettcher dort zum Interview getroffen. 

Chris, Dein neues Programm heißt „Schluss mit frustig“. Was macht dich denn persönlich frustig?
Boettcher: Unmenschlichkeit! Und diese Angstmacherei, die im Moment herrscht. Und wenn ich da zum Beispiel an den republikanischen Präsidentschaftskandidaten in den USA denke, dann macht mich das frustig. Denn hier wird nur mit der Angst der Menschen gespielt. Und so machen das auch die AfD und die Pegida. Immer dieses Angst schüren! Und damit fangen sie die Leute. Ich habe mal wo gelesen, „Demokratie ist der Mut zur Menschlichkeit“. Ja, so ist es. Wenn man den Mut verliert und der Angst Platz macht, dann gibt es eine Diktatur. Ich bin jetzt auch nicht so politisch deswegen, das will ich auch gar nicht sein. Aber das regt mich zur Zeit furchtbar auf.

In deinem Lied „Dieses Land“ nimmst du ja auch zur Flüchtlingsfrage Stellung und plädierst für einen humanen Umgang. Auf Facebook hast du dafür viel Lob bekommen. Gab es auch negative Reaktionen, bist du dafür angegriffen worden?
Boettcher: Mir ist nur aufgefallen, dass das weniger auf Facebook geteilt worden ist, als ich gedacht hatte. Ich habe das als Statement für die Menschlichkeit gemacht. Und so etwas teilt man heute manchmal nicht so gern. Aber so richtig Negatives habe ich da noch nicht gehört. Dabei sage ich aber schon, dass auch die Kritik am Verhalten einiger Flüchtlinge berechtigt ist. Ich finde es richtig, dass man aussprechen darf, dass der Moslem anders aufwächst oder dass in gewissen nordafrikanischen Ländern eine Macho-Kultur vorherrscht. Darauf waren wir nicht wirklich vorbereitet. Und das greife ich ja auch in meinem neuen Programm auf. Aber so, dass man drüber lachen kann.

Gelacht wird ja auch viel über Deinen Hit „In der Pubertät“. Sind da autobiografische Erfahrungen verarbeitet?
Boettcher: Nein, das war ein Zufallsprodukt. Meine Söhne sind ja erst sieben und neun Jahre alt. Ich habe mich da einfach mal in die Rolle von Eltern pubertierender Kinder hineinversetzt.  

Du bist ja nicht der einzige Kabarettist, der aus Ingolstadt kommt. Da gibt es ja zum Beispiel noch Günther Grünwald oder auch früher die „Star Fours“. Woher kommt diese relativ hohe Kabarettisten-Rate?
Boettcher: Ja, das ist komisch. Ich habe früher Ingolstadt immer als Nebelloch empfunden. Ich war damals auch relativ melancholisch. Ich habe ja in Ingolstadt mit der Musik angefangen. Und dadurch bin ich zu „Antenne Bayern“ nach München gekommen. Erst da habe ich so richtig das Fröhliche an mir entdeckt. Aber ich glaube auch, dass Ingolstadt ein kreatives Pflaster ist. Wenn da etwas in dir schlummert, dann kannst du das dort schon ausleben. Kneipen wie das „Mo“ oder die Kleinkunstbühne „Neue Welt“, aber auch das Stadttheater haben mich in dieser Zeit doch geprägt.  

Boettcher am Freitagabend bei seinem Auftritt in Petershausen.

Hast Du denn eigentlich Kontakt zu Günter Grünwald?
Boettcher: Kaum! Das ist eigentlich wie bei den anderen Kollegen auch. Wir verpassen uns immer. So geht mir das auch etwa mit Wolfgang Krebs. Wir verstehen uns gut und parodieren ja auch teils dieselben Prominenten, wie etwa den bayerischen Ministerpräsidenten. Das ist dann immer so lustig, wenn ich auf Wolfgang treffe. Aber das passiert leider nicht oft. Wir sind ja beide viel unterwegs. 

Du parodierst immer wieder Prominente. Gibt es von denen auch manchmal böse Reaktionen?
Boettcher: Ja, natürlich. Franz Beckenbauer war sauer. Er hat es sogar mal geschafft, dass eine gewisse Zeit lang meine Imitationen über ihn nicht mehr gesendet wurden. Nach der WM damals konnte ich aber doch wieder damit weiter machen. Und natürlich gibt es auch positive Reaktionen. Ich habe mal von den „Fantastischen Vier“ den Titel „Sie ist weg“ zu „Sie ist Speck“ umgetextet. Die fanden das super. Das hängt halt immer vom Humor der Leute ab. Wobei ich glaube, dass ich keinen negativer mache, als er selber schon ist.

Du bist jetzt 51 Jahre alt. Wo bist du mit 61 Jahren? Schaust du in die Zukunft?
Boettcher
: Ich schaue nie in die Zukunft. Ich lebe sehr im Jetzt. Oder sagen wir in den nächsten sechs Monaten. Das kann auch zum Problem werden. Wenn mich etwas packt, dann mache ich das einfach. Bei „Dieses Land“ zum Beispiel. Die Produktion hat mich sehr viel Zeit gekostet. Als das dann rausgekommen ist, war diese Willkommens-Kultur fast schon wieder vorbei. Ich habe einfach keine Ahnung, wo ich mit 61 bin. Ich würde mir wünschen, dass ich dann vielleicht wieder deutsche oder englische Pop-Musik mache, also wieder zurück zu den Wurzeln.

Deine aktuelle Tour hat ja gerade erst begonnen. Wo kann man Dich in der Region in der nächsten Zeit noch live erleben?
Boettcher: Ich spiele ja immer wieder mal in der Region. Am 27. April etwa im Stadttheater Ingolstadt im Rahmen der Kabaretttage.  

Weitere Live-Termine von Chris Boettcher findet man auf www.chris-boettcher.de


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