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Eine Besuchsanfrage von zwei Linken-Bundestagsabgeordneten fürs Balkan-Zentrum in der Max-Immelmann-Kaserne in Oberstimm wurde von der Regierung von Oberbayern abgesagt: Die Empörung war groß, jetzt kann der gewünschte Termin doch stattfinden. In München weist man die Kritik der Linken zurück – man habe nichts zu verbergen.

(zel) „Abgeordnete dürfen Rückführungszentrum nicht besuchen“, lautete die Überschrift einer Pressemitteilung, die von der Ingolstädter Linken-Politikerin Eva Bulling-Schröter heute Vormittag verschickt wurde. Die Regierung von Oberbayern verweigere ihr und Ulla Jelpke – ebenfalls für die Linke im Bundestag – einen Besuchstermin im „Ausreise- und Rückführungszentrum für Flüchtlinge aus dem Balkan“ in der Max-Immelmann-Kaserne in Oberstimm bei Manching, hieß es da. „Unser geplanter Besuch in der nächsten Woche wurde nicht genehmigt.“

Gut vier Stunden später erreichte eine weitere Nachricht von Bulling-Schröter unsere Zeitung. „Es geht doch!“, wurde nun getitelt: Kurzfristig habe die Regierung von Oberbayern dem Besuch der beiden Abgeordneten nun doch zugestimmt. Und auch ein von unserer Redaktion erbetenes Statement der Regierung liegt inzwischen vor: Man habe tatsächlich zunächst abgelehnt, heißt es da – „aus terminlichen Gründen“. 

Mittlerweile habe Regierungsvizepräsidentin Maria Els aber andere Termine verschoben, um den Termin Anfang nächster Woche für die beiden Linken-Politikerinnen in Oberstimm möglich zu machen, wurde aus München erklärt. „Dem Eindruck, die Regierung von Oberbayern hätte in der Einrichtung etwas zu verbergen, widersprechen wir deutlich“, betonte Sprecherin Simone Hilgers. 

Das war die Kurzversion. Im Folgenden die ganze Geschichte.

„Die Regierung von Oberbayern verweigert den beiden Bundestagsabgeordneten Eva Bulling-Schröter und Ulla Jelpke einen Besuchstermin im so genannten Ausreise- und Rückführungszentrum für Flüchtlinge aus dem Balkan in der Max-Immelmann-Kaserne“, hieß es also in der ersten Mitteilung von Bulling-Schröter. "Unser geplanter Besuch in der Max-Immelmann-Kaserne in der nächsten Woche wurde nicht genehmigt.“ 

Eva Bulling-Schröter.

Und Bulling-Schröter legte nach: „Damit wird, nachdem man bereits im November 2015 ehrenamtliche Unterstützer/innen ausgesperrt hatte, ein weiteres unschönes Kapitel der Intransparenz und Abschottung von der Bezirksregierung geschrieben“, kritisierte sie. „Ich kann mich deshalb nur wiederholen: Das Manchinger Balkanzentrum ist kein exterritoriales Gebiet. Auch dort haben die Artikel des Grundgesetzes seine Wirksamkeit.“ 

Von wegen, man könne aus zeitlichen Gründen den Besuch nicht ermöglichen, wetterte Bulling-Schröter. „Diese Larifari-Ablehnung unserer Bitte scheint vorgeschoben zu sein“, befand sie und wollte die Sache auch nicht auf sich beruhen lassen. „Ich erwarte von der Bezirksregierung konkrete Terminvorschläge, um die tatsächlichen Lebensbedingungen der eingesperrten Menschen in Augenschein zu nehmen." 

Auch Ulla Jelpke, Obfrau im Innenausschuss sowie innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, kam zu Wort: „Dieses Abblocken erweckt natürlich ein gewisses Misstrauen, ob nicht versucht wird, bestehende Missstände in diesen Lagern unter den Teppich zu kehren.“ Bereits im Herbst vergangenen Jahres habe es bundesweit 293 Fälle von Kirchenasyl mit über 454 Personen gegeben – in mindestens 70 Fällen habe es sich um Flüchtlinge aus Syrien gehandelt. „Es fragt sich also, ob in den Westbalkanlagern nicht auch Bürgerkriegsflüchtlinge untergebracht werden, um sie unkompliziert direkt aus der Erstaufnahme wieder abschieben zu können“, so Jelpke. Der Bezirksregierung sollte jedenfalls, so lautete ihr Appell, „bereits aus eigenem Interesse daran gelegen sein, Transparenz zu schaffen und uns einen Besuchstermin zu geben“. 

Ulla Jelpke.

Das war Pressemitteilung Nummer eins von heute, 10.07 Uhr. Um 14.33 Uhr folgte Pressemitteilung Nummer zwei zum Thema. „Kurzfristig hat die Bezirksregierung von Oberbayern nun doch dem Besuch der beiden Bundestagsabgeordneten der Linken, Eva Bulling-Schröter und Ulla Jelpke, im so genannten Ausreise- und Rückführungszentrum für Flüchtlinge aus dem Balkan in der Max-Immelmann-Kaserne zugestimmt“, wurde nun erklärt. Und: „Noch gestern hieß es, man könne aus zeitlichen Gründen keinen Termin anbieten.“

Ziel also erreicht. „Es geht doch!“, kommentierte denn auch Bulling-Schröter – und vermutet offenbar sogar System hinter der Vorgehensweise. „Obwohl die Linksfraktion die Oppositionsführerschaft im Deutschen Bundestag innehat, versucht man uns trotzdem ständig auszugrenzen“, behauptet sie. Umso mehr freue sie sich, „jetzt doch am Dienstag das Lager besuchen zu dürfen“.

Wie und warum wurde aber nun aus dem Nein ein Ja? Bereits nach der ersten Pressemitteilung von Bulling-Schröter hatte unsere Redaktion heute Vormittag ein Statement von der Regierung von Oberbayern erbeten. Das erreichte uns um 16.10 Uhr. 

„Die Terminanfrage von Frau Bulling-Schröter hatten wir in der Tat zunächst aus terminlichen Gründen abgesagt“, erklärt Sprecherin Simone Hilgers, versichert jedoch: „Wir waren regierungsintern aber bereits auf der Suche nach einem Alternativtermin.“ Die Kommunikation dieses Termins habe sich dann allerdings aufgrund des Brandes im Ankunftszentrum verzögert. Mittlerweile habe Regierungsvizepräsidentin Maria Els andere Termine verschoben, um den Termin der beiden Bundestagsabgeordneten in Oberstimm Anfang nächster Woche möglich zu machen. 

„Dem Eindruck, die Regierung von Oberbayern hätte in der Einrichtung etwas zu verbergen, widersprechen wir deutlich“, betont Hilgers. Regelmäßig fänden Sammeltermine statt, in denen sich die Presse von den Zuständen vor Ort überzeugen könne; auch Besuchsanfragen von Abgeordneten würden in der Regel rasch und positiv beantwortet. Zudem seien die Bewohner nicht „eingesperrt“, erklärt Hilgers, „sondern können das Gelände jederzeit verlassen“. Es bestünde daher auch außerhalb der angebotenen Sammeltermine immer die Möglichkeit, sich vor der Einrichtung mit Bewohnern zu unterhalten. 

Auch den in der ersten Pressemitteilung von Bulling-Schröter ausgeführten Vermutungen hinsichtlich der Belegung in Oberstimm widerspricht man bei der Regierung von Oberbayern entschieden: „Bis auf zwei Asylsuchende, deren Verlegung ansteht, befinden sich ausschließlich Asylbewerber aus dem Westbalkan in der Einrichtung.“ Hintergrund sei, dass die Einrichtung – wie berichtet – zunächst als AE-Dependance (AE = Aufnahme-Einrichtung) geführt wurde. „Die in diesem Rahmen nach Manching verlegten Asylbewerber verschiedenster Nationalitäten wurden nach und nach im Rahmen der üblichen Fluktuation abverlegt“, erläutert Hilgers. Diese Vorgehensweise sei von Anfang an offen kommuniziert und die Belegung gegenüber der Presse regelmäßig aktualisiert worden.


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