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Polizei ermittelt wegen fremden- und frauenfeindlichen Plakaten in Scheyern, die den Anschein erwecken sollen, als würde der Asyl-Helferkreis auf Kosten des Landkreises zur Prostitution animieren

(ty) Seit rund zwei Jahren gibt es in der Gemeinde Scheyern einen Asyl-Helferkreis. Eine engagierte Gruppe von Ehrenamtlichen, die sich im Frühjahr 2014 gebildet hat, als die ersten Flüchtlinge eintrafen. Dieser Tage bereitet man sich auf die Ankunft weiterer 48 Asylbewerber vor: 24 Syrer und 24 Iraker werden spätestens am kommenden Montag erwartet. Doch was den ehrenamtlichen Helfern jetzt widerfuhr, ist nicht nur an Niveaulosigkeit und Niedertracht kaum zu überbieten, sondern ein Fall für Polizei und Staatsanwaltschaft. Es fällt schwer, die richtigen Worte zu finden.

Die Pfaffenhofener Polizeiinspektion ermittelt wegen öffentlich angebrachter Plakate mit hetzerischem Inhalt und sucht nach dem Täter oder den Tätern. Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll, um zusammenzufassen, was da steht. Der Asyl-Helferkreis wird in den Schmutz gezogen. Frauen werden zur Ware degradiert und sozusagen zur Prostitution aufgefordert. Der christliche Glaube wird verunglimpft. Das Landratsamt wird verhöhnt. Fälle von sexuellen Übergriffen werden bemüht, um gezielt Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen. Und zu allem Überfluss wird auch noch die vollständige Telefonnummer eines Mitgliedes des Helferkreises angegeben. 

Anzeige erstattet, Ermittlungen laufen

Diese Frau hat jetzt auch Anzeige erstattet, wie heute bestätigt wurde. Die Pfaffenhofener Inspektion hat bereits Ermittlungen wegen übler Nachrede gegen den oder die bislang unbekannten Urheber des Plakats aufgenommen. Man sehe den Anfangsverdacht einer Straftat, sagte ein Polizeisprecher gegenüber unserer Zeitung. Und, daran wird kein Zweifel gelassen: Man nimmt die Angelegenheit sehr ernst. Nach Abschluss der Ermittlungen wird der Fall, wie üblich, der Staatsanwaltschaft übergeben. 

„Achtung Mädchen und Frauen!“, heißt es auf dem Hetz-Plakat, das den Eindruck erwecken soll, als wäre es vom Asyl-Helferkreis selbst veröffentlicht worden. Man suche für „demnächst eintreffenden Asylanten nicht nur Fahrräder, sondern auch für diesen Personenkreis Frauen für den Sex mit diesen jungen, in vollen Saft stehenden Männer“, steht da. Neben dem widerlichen Inhalt fallen drei Grammatik-Fehler allein in diesen wenigen Worten auf. Gesucht würden, so heißt es weiter, „Frauen ob jung oder alt, ledig oder verheiratet, gebraucht oder ungebraucht“. Der geschmacklose Appell: „Denken Sie an ihre christliche Verantwortung!“ Wobei man „christlich“ noch unterstrichen hat. 

Telefonnummer einer Asyl-Helferin angegeben

Aber es geht noch weiter: Diesen „Nebenverdienst“ („guter Stundenlohn ohne Steuerkarte“) übernehme das Landratsamt, wird gehetzt. „Vorkommnisse wie in Köln, Hamburg, Stuttgart, Nürnberg, Ansbach entstehen dann nicht“, ätzt der Verfasser und schlägt nicht nur allen Frauen, sondern jedem zivilisierten Menschen ins Gesicht, indem er fortfährt: „Lieber freiwillig als mit Gewalt.“ Bewerbungen würden vertraulich behandelt, steht da auch. Und wer „Interesse und Lust an diesem lukrativen Job“ habe, könne sich melden. Angegeben wird dazu abschließend eine Festnetz-Nummer, die zu der Frau aus dem Asyl-Helferkreis führt, die heute Anzeige erstattet hat. 

Die Ermittlungen der Polizei laufen. Die Beamten werden Befragungen durchführen, außerdem geht man bereits ersten Hinweisen nach. Ein der Polizei vorliegendes Exemplar des Plakats soll spurentechnisch untersucht werden. Außerdem wird um Hinweise möglicher Zeugen gebeten, um den oder die Täter zu fassen. Wer in diesem Zusammenhang Beobachtungen gemacht hat oder sonstige Angaben machen kann, die zur Aufklärung beitragen könnten, wird gebeten, sich unter der Telefonnummer (0 84 41) 80 95 -0 bei der Pfaffenhofener Polizei zu melden. 

Landrat Wolf: "Widerwärtige Tat"

Wann genau die Zettel angebracht wurden, ist unklar. Irgendwann in den vergangenen Tagen. Eines der orange-farbenen Plakate wurde im Durchgang des Scheyerner Klosters entdeckt, ein Pater nahm es laut Polizei ab. Ein zweites Exemplar hing vermutlich an oder in einem Bushäuschen im Ortsteil Fernhag. Sollten weitere dieser mutmaßlich strafrechtlich relevanten Hetz-Schriften auftauchen oder entdeckt werden, bittet die Polizei um einen Hinweis – man könne die Zettel aber auch direkt abnehmen und zur Pfaffenhofener Inspektion bringen. 

Der Pfaffenhofener Landrat Martin Wolf (CSU) verurteilte die Tat als „widerwärtig“. Solchen Vorfällen sei konsequent nachzugehen, sagte er. Zugleich unterstrich er erneut, dass man den ehrenamtlichen Asyl-Helfern mit allen Kräften den Rücken stärken müsse „für ihre großartigen Leistungen, die sie für die Allgemeinheit und zum Wohle von uns allen erbringen“. 


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