Noch gibt es auf der neuen Ebene 6 hoch im Klinikum Ingolstadt Baustellenstaub, wo gerade der modernste OP-Bereich Bayerns entsteht
(ty) Das Megaprojekt ist gut aus den Startlöchern gekommen. Zwei Jahre nach dem Startschuss kommt die Generalsanierung des Klinikums Ingolstadt gut voran. Noch gibt es auf der neuen Ebene 6 hoch oben im Klinikum Ingolstadt Baustellenstaub statt steriler Räume. In einem Jahr aber soll hier bereits operiert werden – in einem der modernsten OP-Bereiche Bayerns.
Es riecht nach Baustelle auf der Ebene 6 des Funktionstraktes des Klinikums. In einem der langen Flure wird geflext. Im Funkenregen wird ein metallener Träger auf die richtige Länge gestutzt. Auf der anderen Seite schrauben Männer in Arbeitshosen unter der hohen, kahlen Decke an den Installationen. Überall wird Baumaterial getragen, werden Schubkarren geschoben und Baupläne gelesen. Es ist viel los ganz oben im neuen Stockwerk des Klinikums. Rund 100 Arbeiter seien hier gleichzeitig im Einsatz, erzählt Burkhard Fischer, Technischer Leiter des Klinikums Ingolstadt. Zwei Jahre nach dem Start ist er mit dem „Auftakt“ der Bauarbeiten zufrieden.
Denn die hat nach den Maßstäben des Megaprojekts gerade erst begonnen. Der Umbau des Schwerpunktkrankenhauses zum Klinikum der Zukunft wird noch rund 15 bis 20 Jahre dauern. Wie lange genau, weiß heute noch niemand. Denn natürlich gibt es zwar eine Art „Masterplan“. Die einzelnen Bauabschnitte aber werden in den nächsten Jahren Schritt für Schritt konkret nachjustiert und an die aktuellen Anforderungen und Möglichkeiten angepasst, die vielleicht in zehn oder 15 Jahren gefragt sind.
Wer vom Patientenparkplatz zum Haupteingang des Klinikums läuft, sieht bereits ein kleines Stück des zukünftigen „Gesichts“ des Klinikums. Hoch oben auf der Ebene 6 zeigt die neue, dunkle kaffeebraune Fassade mit ihren bunten terrakottafarbenen Elementen in Gelb- und Rottönen bereits ein Stück weit, wie das „Klinikum 2.0“ am Ende aussehen wird. Schon die Frage der Fassadengestaltung war dabei ein aufwendiger Entscheidungsprozess. Verschiedene Varianten wurden diskutiert, von externen Experten beurteilt und zum Beispiel im Gestaltungsbeirat der Stadt Ingolstadt beraten. Wer zwei Jahrzehnte und mehr in die Zukunft planen will, muss dabei vieles bedenken – nicht nur, ob die Fassadengestaltung auch in 15, 20 oder 30 Jahren noch aktuell ist, oder ob dann noch entsprechende Lieferanten für die Fassadenelemente vorhanden sind.
Weit mehr gilt das für die funktionale Planung der Strukturen und Räumlichkeiten im Inneren. Wie wird die Medizin in 20 oder 30 Jahren aussehen? Und: Was wünschen sich die Patienten in Zukunft? „Mit solchen Fragen haben wir uns in den letzten Jahren ausführlich beschäftigt und dabei vor allem eines in den Mittelpunkt gestellt: den Patienten“, sagt Heribert Fastenmeier, der Geschäftsführer des Klinikums, der auch die vielen Verhandlungen mit dem Gesundheitsministerium und dem Krankenhausplanungsausschuss im Freistaat geführt hat. Man habe versucht, alle Strukturen so auszurichten, dass sie im Rahmen der Möglichkeiten optimale Bedingungen für die Patienten und Mitarbeiter ermöglichen.
Großen Wert hat man hier vor allem auf kurze Wege und eine exzellente Logistik gelegt: Die Räume für den Bereitschaftsdienst etwa befinden sich durch das größere Platzangebot gebündelt in unmittelbarer Nähe zum OP-Bereich, sodass die Ärzte im Ernstfall sofort vor Ort sind. Und die Operationssäle haben auf einer Seite die OP-Schleuse sowie eine komplett sterile Seite, auf der kammförmig die einzelnen OPs beliefert werden. Das keimfreie Operationsbesteck und andere für den Eingriff wichtige Materialien werden von der Zentralsterilisation weiter unten im Gebäude, an der ebenfalls bereits gebaut wird, über Aufzüge angeliefert. Und noch ein Aspekt spielt im Rahmen der Generalsanierung eine entscheidende Rolle: der Energieverbrauch. Den hat Burkhard Fischer mit seinem Team über die Jahre trotz steigender Leistungen bereits erheblich gesenkt. Das „Klinikum 2.0“ aber werde eine noch weit bessere Ökobilanz liefern.
Die Generalsanierung mit einem geschätzten Volumen von rund 320 Millionen Euro soll das Klinikum fit für die Medizin der Zukunft machen und dabei auch eine Herausforderung der letzten Jahre lösen: das Platzproblem. Das Klinikum braucht mehr Platz – beispielsweise im Zentrum für psychische Gesundheit, für das nun ein hochmoderner Neubau im Südwesten des Klinikums geplant wird. Der wird nicht nur den gestiegenen Bedarf im Zentrum lösen und deutlich mehr Platz und Komfort für Patienten und Mitarbeiter bieten, sondern auch eines der größten Probleme der Generalsanierung lösen: die Ausweichflächen. Die Bereiche, die jeweils saniert werden, können dann vorübergehend in die jetzigen Räume des Zentrums einziehen. Denn eines ist im Klinikum auch klar: Die Patienten sollen von den Bauarbeiten möglichst gar nichts mitbekommen. „Kein Patient soll mit einem der Bereiche in Kontakt kommen, wo gerade umgebaut wird“, sagt Burkhard Fischer. Die Baustellen werden abgeschirmt und die einzelnen Bereiche des Klinikums schrittweise nacheinander saniert – so wie aktuell im Funktionstrakt zum Patientenparkplatz hin.
Auch wenn die Generalsanierung sich damit erst in der ersten Etappe befindet, passiert doch gerade Entscheidendes. Denn die Operationssäle sind das Herzstück eines jeden Krankenhauses. Hier findet ein Großteil der Hochleistungsmedizin und des medizinischen Hightechs statt. Nicht nur bei den medizinischen Eingriffen, sondern schon bei den Bauarbeiten ist deshalb Präzision gefragt. Insgesamt zehn Operationssäle werden errichtet. Hinzu kommt der sogenannte „Sectio-OP“, in dem die Kaiserschnitte durchgeführt werden. Denn auch der Entbindungsbereich des MutterKindZentrums im Klinikum bekommt hier eine neue Heimat. Denn die Neugeborenenintensivstation und die vier Kreißsäle müssen in unmittelbarer Nähe zum OP-Bereich liegen, um im Ernstfall die höchste Sicherheit für Mutter und Kind zu gewährleisten.
In weniger als einem Jahr wird hier oben bereits der modernste OP-Trakt Bayerns in Betrieb sein. Die Operationssäle werden gerade installiert – und zwar genau nach Vorschrift. Wer ein Krankenhaus (um)bauen will, muss dabei eine Vielzahl von Vorschriften beachten – etwa die der Bleiverkleidung, die je nach Ausstattung des Operationssaals aus Sicherheitsgründen eingebaut wird. Metallene Sockel am Boden zeigen bereits deutlich, wo die OP-Tische stehen werden. Für den Operationsroboter „da Vinci“ ist in einem der OPs eine eigene Nische vorgesehen, wo später die Konsole stehen wird, von der aus der Operateur mit dreidimensionalen Aufnahmen aus dem Körperinneren die filigranen Werkzeuge des „da Vinci“ steuern kann. Noch ein weiterer der zehn Säle ist anders ausgestattet: Hier wird ein sogenannter „Hybrid-OP“ entstehen, also eine Kombination aus Operationssaal und hochmodernem Diagnosegerät, das während der OP genutzt werden kann, wie etwa einem Computertomografen oder MRT, einem „Kernspintomografen“.
Die Kombination ist nicht neu, dafür die modernen Möglichkeiten, die sich dadurch in Zukunft durch den medizinisch-technischen Fortschritt immer mehr eröffnen: navigierte Operationen etwa, bei denen die Ärzte permanent überprüfen können, wie präzise sie operieren und wie die Operation verläuft. Solche OPs gibt es längst im Klinikum, den hochmodernen neuen Herzkathetersaal etwa und andere. Dennoch bietet der neue Saal Entwicklungsmöglichkeiten für die Zukunft. Die bestehen auch für den OP-Bereich insgesamt. Falls es eines Tages erforderlich werde, könne man entsprechend reagieren, so Fischer.