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Über 15 000 IG-Metaller aus der ganzen Region haben sich heute auf der Audi Piazza in Ingolstadt versammelt, um für fünf Prozent mehr Lohn zu streiken

(ty) Die Piazza bei Audi war rappelvoll heute Vormittag. Aber nicht voller Autos, die auf ihre Auslieferung warten, sondern voll mit weit über 15 000 streikenden IG-Metallern, die sich aus zahllosen betrieben der ganzen Region bei Audi zusammengefunden hatten, um der Forderung nach fünf Prozent mehr Lohn in der aktuellen Tarifrunde Nachdruck zu verleihen. Und auch der Bereitschaft zu echten, flächendeckenden Streiks, sollten sich die Arbeitgeber nicht bewegen. Johanne Horn, erster Bevollmächtigter der IG Metall Ingolstadt, Vertrauenskörperleiter bei Audi, Jörg Schlagbauer, und Bernhard Stiedl heizten denn auch den versammelten IG-Metallern mir markigen Parolen ein. Und von denen waren heute weit mehr gekommen als in den Jahren zuvor. Zeichen der Solidarität oder des schönen Wetters? Letzteres hat sicher dazu beigetragen, dass die Piazza heute beinahe überquoll.

Es ist Zeit, um den Arbeitgebern endlich zu sagen, was die Stunde geschlagen hat. Es ist unsere Zeit. Es ist sozusagen fünf vor 12. Zeit zu sagen, was uns bewegt, Zeit, unserem Zorn Luft zu machen. Zeit zu streiken“, rief Jörg Schlagbauer in die Menge, „seit 10 Uhr stehen die Audi-Bänder still. Seit 10 Uhr werden keine Autos mehr gebaut. Die Hallen und Büros sind verlassen und hier auf der Piazza Demonstranta wehen nun unsere Fahnen. Und die halten wir in den Wind und entfachen einen Sturm, der die da oben endlich wachrütteln soll.“

„Wir wollen endlich das, was uns auch zusteht. Ich hoffe, dass auch die Damen und Herren der Unternehmensleitung von Audi diese Botschaft verstehen. Und endlich mal ihren guten Freunden beim Arbeitgeberverband Beine machen.“

Manchmal komme er sich vor wie in einer Bananenrepublik. „Ob das wohl an den Steuer-Spar-Oasen liegt, die in Panama wie Bananen wachsen?“, fragte er, „aber verdammt nochmal: Wir sind doch hier keine Bananenrepublik. Wir sind auch keine krummen Hunde. Wir sind Metaller in Bayern. Und wir sind stolz auf unsere Arbeit.“

Die krummen Hunde sieht Schlagbauer eher auf der Arbeitgeberseite. „Anstatt 0,9 Prozent für 12 Monate bieten sie jetzt 2,1 Prozent für 24 Monate. Also 0,15 Prozent mehr als das erste Angebot. Das ist kein Angebot, das ist ein Witz, das ist eine Frechheit. Die Arbeitgeber behaupten, unsere Arbeit sei nicht so viel wert, wie wir uns das vorstellen. Sie behaupten doch tatsächlich, unsere Forderungen seien finanzielle Höhenflüge. Ich rufe deshalb den Arbeitgebern zu: Ihr schwebt doch auf eurer wirtschaftlichen Wolke Sieben. Getragen von unserer Arbeit. Und wenn Sie uns nicht endlich entgegenkommen, hat´s sich ausgeschwebt. Dann holen wir die Arbeitgeber auf den Boden der Tatsachen zurück.“

Er habe bei den bayerischen Arbeitgebervertretern manchmal das Gefühl, dass das Denken an ihr Vermögen das Denkvermögen blockiert. Und dass die Arbeitgeber nicht mal mehr den Geschmack von Wasser kennen, weil sie im Schampus baden. „Für uns bedeuten fünf Prozent mehr auch wirklich fünf Prozent mehr. Mehr für ein sicheres Dach über dem Kopf, mehr Geld für unsere Kinder, mehr für unsere Familien.“

Wie auch Johannes Horn ließ er keinen Zweifel daran: „Kommen keine vernünftigen Ergebnisse auf den Tisch, gehen wir weiter auf die Straße. Wenn es sein muss, sind wir zum Streik bereit. Denn wer die IG Metall reizt, muss sich nicht wundern, wenn es kräftig knallt.“

„Wir sind die Mehreren und auch die Stärkeren“, meinte Johannes Horn, der das aktuelle Angebot der Arbeitgeber von 0,9 Prozent als Mogelpackung bezeichnete. Die Wahrheit sei, dass diese ist 0,9 Prozent gerade einmal 19 Cent pro Stunde für die Arbeitnehmer bedeuteten. „Das ist das niedrigste Angebot in der Tarifpolitik seit 1945 und eine Kampfansage an die IG Metall.“

Er rechnete vor, dass die Dividendenausschüttung für die Aktionäre der vier größten Mitglieder des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall – BMW, Daimler, Airbus und Siemens – knapp zehn Milliarden Euro betragen hätte. Die Forderung der IG Metall für fünf Prozent mehr Lohn würde sich hingegen auf acht Milliarden Euro belaufen. „Das wäre doch auch mal fair.“

„Die Arbeitgeben reagieren nur auf Warnstreiks und Druck. Und das ist heute ein deutliches Zeichen“, rief Bernhard Stiedl den IG-Metallern zu, „54 Milliarden haben die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie an Gewinnen im letzten Jahr eingefahren. Da sind schon alle Löhne gezahlt, alle Kosten ausgeglichen, alle Investitionen abgeschrieben. Und knapp acht Milliarden Euro kostet unsere komplette Lohnerhöhung. Und wir sagen, das Geld ist besser in Löhne investiert, die die Nachfrage erhöhen, als in Spekulationen an den Aktienmärkten oder in Briefkastenfirmen in Panama.“

Sollte es nun zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften nicht zu einem Kompromiss kommen, dann drohen nach Pfingsten massive Streiks, die dann länger dauern werden als ein paar Stunden und die wohl auch massive wirtschaftliche Auswirkungen haben dürften. Es bleibt also spannend, ob die gestern in Nordhrein-Westfalen abgebrochenen Gespräche wieder aufgenommen werden und doch noch vor den Feiertagen zu einem für beide Seiten akzeptablen Ergebnis führen, dass dann Pilotcharakter auch für die anderen Tarifbezirke haben könnte.

 

 

 


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