Markus Erhorn aus Dachau hat sich mit dem Fall Hinterkaifeck befasst und ein E-Book veröffentlicht – Sein Ziel: Den Opfern des Verbrechens ein Gesicht geben
(ty) Sechs Tote. Auf grausamste Art und Weise wie im Blutrausch hingeschlachtet. Täter unbekannt. Der Tatort, heute eine Wiese, auf der in den grünen Monaten duftende Kräuter sprießen, hieß früher einmal Hinterkaifeck. Es gibt ihn nicht mehr, der Einödhof wurde bald nach der Tat abgerissen. An diesem Ort war eines der bis in unsere Tage mysteriösesten Verbrechen in der deutschen Kriminalgeschichte geschehen. Hinterkaifeck – dieser Name jagt noch heute vielen Menschen einen kalten Schauer über den Rücken.
In der Nacht zum 1. April des Jahres 1922 wurden auf dem oberbayerischen Einödhof Hinterkaifeck bei Gröbern sechs Menschen auf brutalste Weise ermordet: Die gesamte Familie samt dem zweijährigen Buben und der erst am 31. März in den Dienst getretenen Magd. Bis heute konnte der spektakuläre Mordfall trotz intensiver Ermittlungen bis in die 1980er Jahre nicht geklärt werden.
Nachbildung der Tatwaffe (Foto: Maria Weibl).
Der Journalist Peter Leuschner veröffentlichte hierzu ein in drei Fassungen erschienenes Buch, der Bestseller Roman „Tannöd“ beschäftigte sich ebenso mit der grausamen Tat wie der Kinofilm „Hinter Kaifeck“. Trotz dieser medialen Aufmerksamkeit hat sich bisher praktisch keine Veröffentlichung ausschließlich mit dem Leben der Opfer des Verbrechens auseinandergesetzt. Das soll sich nun ändern.
Am 1. September erschien exklusiv bei Amazon das E-Bock „Hinterkaifeck – Weihnachten 1921“. Markus Erhorn, der Autor des Textes, erklärt, dass er „mit diesem Text den Opfern des Verbrechens ein Gesicht geben möchte.“ In seinem Schriftstück schildert Erhorn auf einfühlsame weise das fiktive letzte Weihnachtsfest 1921: Immer wieder lässt er dabei mögliche Täter und Motive in die Handlung einfließen. Der Text beginnt mit dem Nikolaustag und endet in der Christmette.
Markus Erhorn hat sich intensiv mit dem Fall Hinterkaifeck befasst.
„Als ich im April dieses Jahres erstmals das Grab der Mordopfer besuchte, habe ich mich gefragt, wie diese Menschen wohl gelebt haben. Dieser Gedanke ließ mich nicht los und schließlich kam dieser Text dabei heraus“, sagt Erhorn. „Im übrigen beschäftigt mich Hinterkaifeck bereits seit meiner Kindheit: Auf Familienfeiern wurde regelmäßig über die Tat und mögliche Täter diskutiert.“
Der Autor wurde 1989 in Dachau geboren. Bisher hat er mehrere Kurzgeschichten für Kinder im Papierfresserchen-Verlag veröffentlicht. Öffentlich in Erscheinung getreten ist Erhorn bisher eher politisch: Er ist Bezirksvorsitzender der Jungen Freien Wähler in Oberbayern. Das E-Book „Hinterkaifeck – Weihnachten 1921“ erschien exklusiv bei Amazon und kostet fünf Euro.
Bild der Münchner Kriminalpolizei von 1922 vom Tatort.
Merkwürdig still war es seinerzeit auf dem Einödhof Hinterkaifeck. Die Nachbarn Lorenz Schlittenbauer, Jakob Sigl und Michael Pöll wollten dieser unnatürlichen Ruhe am 4. April 1922 auf den Grund gehen. Sie waren es, die die sechs übelst zugerichteten Leichen entdeckt hatten. Vier von ihnen lagen im Stall, zwei im Haus. Ihnen waren vermutlich mit einer so genannten Reuthaue die Schädel eingeschlagen worden.
Neben der eigentlichen Tat gibt es in diesem Fall bekanntlich viele Merkwürdigkeiten. Von Schuhabdrücken im Schnee, die zum Bauernhof hin, aber nicht mehr zurückführten ist die Rede. Verschobene Dachziegel und versorgtes Vieh deuten auf eine sich noch über Tage nach der Tat dort versteckt haltende Person hin. War das der Täter?
Es ist die Rede von Blutschande, einem für damalige Verhältnisse immensen Vermögen Grubers, etwaigen ominösen Geschäften und vielen anderen Dingen, die für sich genommen eine an Spannung kaum zu überbietende Romanvorlage liefern. Hinzu kommt eine seinerzeit völlig überlastete Dorfpolizei, der die Münchner Kripo – damals in ihrer Aufbauphase – in nichts nachstand. So soll sie nicht einmal über ein eigenes Fahrzeug verfügt haben; und von einem „Profiling“ war man seinerzeit so weit entfernt wie vom Flug zum Mond.
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