Logo
Anzeige
Anzeige

In Pfaffenhofen ist heute die neue Arlmühle in Betrieb gegangen – Das riesige Wasserrad liefert Strom für 30 Haushalte – Im Vorfeld war heiß über das Design des neuen Gebäudes diskutiert worden

Von Tobias Zell 

Mit einem symbolischen Knopfdruck ist die „neue“ Pfaffenhofener Arlmühle heute Nachmittag ans Netz gegangen. Nach umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen dreht sich jetzt ein großes Holzrad in der Ilm. Dieses Wasserrad mit sechs Metern Durchmesser soll 100 000 Kilowattstunden Strom pro Jahr liefern – genug für 30 durchschnittliche Haushalte. Energie für einen weiteren Haushalt erzeugt die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Beton-Gebäudes. Weil sich die Verantwortlichen im Rahmen der Sanierung für die Installation eines Mühlrads entschieden hatte, musste das alte Gebäude ersetzt werden. 

Entstanden ist damit ein völlig neues Ensemble, dank des Wasserrads ein echter Hingucker. Das bringt obendrein Strom, ist gut fürs grüne Image und auch nett für die kleine Landesgartenschau. Denn die Arlmühle liegt mitten im Bürgerpark, der im Rahmen des Großprojekts angelegt wurde. Das recht nüchterne Beton-Häuschen wird auf zwei Seiten auch noch begrünt, freut sich Stadtrat Manfred „Mensch“ Mayer (GfG), der städtische Referent für Grünanlagen. „Es ist ja eine Gartenschau und keine Betonschau“, betonte er gegenüber unserer Zeitung.

 

Bürgermeister Thomas Herker (SPD) erinnerte anlässlich der heutigen Inbetriebnahme der Armühle an die Historie dieser Location. Beim Erdaushub für die Sanierung der Mühle waren Bauarbeiter auf Reste eines Ziegelmauerwerks aus dem 15. und 16. Jahrhundert gestoßen; auch ein alter Mühlstein wurde entdeckt. Doch bereits anno 1135 erwähnt eine historische Urkunde eine Mühle an dieser Stelle, damals noch unter dem Namen Rumoltsmühle. Damit gilt dieses Areal als eine der ersten genutzten Flächen des heutigen Stadtgebiets, so Herker. Im 13. Jahrhundert war die Mühle im Besitz des Klosters Scheyern, im 15. Jahrhundert war an dieser Stelle von einer „Narretmühle“ die Rede. 

1889 erwarb die Stadt Pfaffenhofen die Arlmühle. 1904 wurden das Gebäude und die dazugehörige Schneidesäge abgerissen und ein Pumpwerk für das städtische Wasserwerk hier errichtet. Dieses Pumpwerk haben 1994 die Unternehmer Zartner, Schindelbeck und Fuchs zu einer Wasserkraftanlage umgebaut. Nun aber war die Anlage sanierungsbedürftig. Knapp 900 000 Euro haben Stadt und Stadtwerke seit 2014 in die umfangreiche Sanierung gesteckt, bei der auch die Wehr-Anlage erneuert wurde.

 

Für weitere rund 500 000 Euro war, wie berichtet, außerdem eine so genannte Fischtreppe errichtet worden, um die Durchgängigkeit der Ilm an der Arlmühle wieder zu gewährleisten. Das sei ein erster Schritt, der hoffentlich die Ober- und Unterlieger motiviere, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen, so Herker. Die Fischtreppe ist auch Bestandteil des „grünen Klassenzimmers“, das im Rahmen der Gartenschau entsteht: An einer Stelle des Flusslaufs sind große Steine angebracht, die es Kindern und Erwachsenen erleichtern, zum Beispiel Wasserproben zu ziehen. Finanziell unterstützt vom hiesigen Rotary-Club, will der Bund Naturschutz hier in Zusammenarbeit mit den örtlichen Schulen und den Stadtwerken die Möglichkeit bieten, die Ilm und die darin heimischen Lebewesen besser kennenzulernen.

 

Aber zurück zur Arlmühle. Andreas Herschmann, SPD-Stadtrat und Referent für Energiefragen, berichtete von sechs Wasserkraft-Anlagen in Pfaffenhofen, die im vergangenen Jahr zusammen 640 000 Kilowattstunden Strom erzeugt haben – das entspreche etwa einem Prozent des Stromverbrauchs in der Kreisstadt. Hinzukommen sollen nun weitere 100 000 Kilowattstunden per anno durch das neue Mühlrad. Herschmann bekräftigte das Ziel der Stadt, rechnerisch gesehen den Pfaffenhofener Energieverbrauch vollständig aus regenerativen Quellen zu decken – 30 Prozent fehlen noch. Diese Lücke soll durch die drei geplanten Windräder im Förnbacher Forst sowie durch weitere Photovoltaik-Anlagen geschlossen werden.

 

Ob die drei Windkraft-Anlagen im Förnbacher Forst, die von der hiesigen Bürgerenergie-Genossenschaft (BEG) errichtet und betrieben würden, realisiert werden können, liegt allerdings in der Hand der Pfaffenhofener. Rund 20 000 Wahlberechtigte stimmen bekanntlich am 23. Oktober bei einem vom Stadtrat initiierten Bürgerentscheid darüber ab, ob der Windpark gebaut werden darf. Herschmann, der auch Chef der BEG ist, zeigte sich diesbezüglich heute zuversichtlich: „Ich glaube, die Pfaffenhofener haben ein grünes Herz und eine grüne Seele und denken nachhaltig“, sagte er. Auch Bürgermeister Herker rührte am neuen Wasserrad die Werbetrommel für den Windpark: „Wenn wir erneuerbare Energie zu 100 Prozent erreichen wollen, dann müssen die Windräder sein“, sagte er.

 

Ob die Bürger am 23. Oktober im Sinne Herkers votieren, wird sich zeigen. Nicht in seinem Sinne war es bekanntlich im Stadtrat gelaufen, als es um das Design der Arlmühle gegangen ist. Dem Gremium waren im Februar drei Vorschläge präsentiert worden, die ein beauftragtes Büro erarbeitet hatte. Vereinfacht gesagt sah es so aus: Variante A war ein Betonbunker. Variante B ein Erdhügel. Und Variante C, ebenfalls aus Beton, lehnte sich optisch an Goethes Gartenhaus zu Weimar an – und war Herkers Favorit.  

Warum eigentlich Goethes Gartenhaus? Hintergrund ist ein beliebter Gag, den man sich in Pfaffenhofen immer wieder mal gönnt: Wussten Sie, dass Johann Wolfgang von Goethe ein Gartenhaus an der Ilm hatte? Ui, denkt man, und wird gleich neugierig. Doch die Auflösung ist weniger prickelnd. Goethe besaß zwar tatsächlich ein Gartenhaus an der Ilm – allerdings in Weimar. Anno 1776 ersteigerte er es samt Garten, bis 1782 sollte es sein bevorzugter Wohn- und Arbeitsort sein. Ein Großteil seiner literarischen Werke dieser Zeit entstanden dort, die Ballade vom Erlkönig zum Beispiel oder das Gedicht „An den Mond“.  

 

Soweit dazu. Mehr muss man auch nicht mehr sagen. Weil der Stadtrat erteilte dem Gartenhaus ja ebenso eine Abfuhr wie dem Betonbunker und dem Erdhügel. Würde man jetzt sagen, das Gremium mochte sich damals für keinen der drei Vorschläge so recht begeistern, dann könnte man im diplomatischen Dienst arbeiten. Denn das, was die Räte da im Februar äußerten, war teils vernichtend. Und so hieß es schließlich: Weg mit dem Hobbit-Hügel und weg mit dem Betonbunker sowie – frei nach den Kino-Erfolgen: Fack ju, Göhtes Gartenhaus! Alle drei Vorschläge fielen glatt durch.

 

Weil aber die Zeit ein bisschen drängte, wurde beschlossen, dass eine Arbeitsgruppe aus Stadträten zusammentritt und recht zügig gemeinsam mit der Stadtverwaltung eine Alternative ersinnt, die dann am besten eine Mehrheit bekommt. Die Vorgaben lauteten dabei: Das Gebäude-Design sollte der Funktionalität untergeordnet werden, es sollte Einblick in die Stromerzeugung geben – und nicht zu teuer sein. Am Ende wurde der von dem „Findungsteam“ ausgeheckte Entwurf des Betongebäudes mit Schaufenster – in einer um zwei Meter verlängerten Variante – mehrheitlich abgesegnet. Dagegen stimmten seinerzeit Manfred „Mensch“ Mayer (GfG), Angelika Furtmayr (Grüne), Franz Schmuttermayr (CSU) sowie die beiden ÖDP-Räte Reinhard Haiplik und Richard Fischer. An diesem Gebäude wurde nun heute das Wasserrad in Betrieb genommen. 


Anzeige
RSS feed