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Warum die Bruhnstraße im Ingolstädter Gewerbegebiet auf einmal Ferdinand-Braun-Straße heißt 

(ty) Wissen Sie, wo die Bruhnstraße ist? Klar doch, draußen bei der Ingolstädter Eriagstraße, da wo es rechts reingeht in die Flitscherl-Allee, zum Ingolstädter Straßenstrich. Denkste. Das war einmal. Seit dem 1. Juli heißt die Straße „Ferdinand-Braun-Straße“. Wegen der unrühmlichen Vergangenheit von Herrn Bruhn. Denn der war als damaliger Chef der Auto-Union Kollaborateur des Nazi-Regimes, wie eine von Audi im Jahre 2014 veröffentlichte Studie belegt. Und Ferdinand Braun ist immerhin Nobelpreisträger für Physik.

3700 KZ-Häftlinge und rund 16 500 weitere Zwangsarbeiter sollen unter der Ägide von Richard Bruhn bei der Auto-Union ausgebeutet worden sein. Für weitere 18 000 Häftlinge attestieren Historiker dem Audi-Vorgänger eine moralische Verantwortung. Und etwa 4500 von den Zwangsarbeiten sind in den Jahren 1944 und 1955 gestorben.

Richard Bruhn (links), August Horch (2. von rechts) und Dr. Hahn (rechts) im Jahr 1950 mit einem DKW F89. Foto: Audi

Dass Google-Maps einen noch immer in die Bruhnstraße führt, ist nur ein Beleg dafür, dass das Internet nicht immer das schnellste aller Medien ist. Und dass die von der ehemaligen Bruhnstraße abzweigende Carl-Hahn-Straße nach wie vor so heißt, das schlägt den Bogen zu jenem VW-Chefhistoriker Manfred Grieger, der jetzt von VW entlassen wurde, weil er die besagte Studie über die NS-Vergangenheit von Audi kritisiert hatte.

Audi hatte die Studie in Auftrag gegeben, um die eigene NS-Vergangenheit aufzuarbeiten. Das 518 Seiten starke Werk "Kriegswirtschaft und Arbeitseinsatz bei der Auto Union AG Chemnitz im Zweiten Weltkrieg" wurde 2014 publiziert. Aus dem geht hervor, dass die damalige Auto-Union weit tiefer mit dem mörderischen System zusammengearbeitet hatte, als bis dahin bekannt.

So geht es in der Studie unter anderem um die Zusammenarbeit der Vorstände Richard Bruhn, William Werner und Carl Hahn sen. mit den Nationalsozialisten. Im Falle Bruhn hat Audi die Firmengeschichte auch in Teilen umgeschrieben. Im Fall Hahn nicht, wie Grieger bemängelt.

Wie der "Spiegel" schreibt, hat Manfred Grieger der Studie handwerkliche Fehler, eine verengte Sichtweise, einen lückenhaften Umgang mit Quellen attestiert. Gerade was die Beziehungen der Vorstände zum NS-Regime betreffe, seien die in der Studie heruntergespielt. Und zu der Meinung stand Grieger auch öffentlich. Zum Unmut des Konzerns. Der hat ihn nun, wie berichtet, kurzerhand vor die Tür gesetzt.

Für Ingolstadt war das Ganze eine pikante Angelegenheit. Nicht zuletzt, weil der 88-jährige Carl Hahn jun., ehemals VW-Chef, offenbar bei der Stadt verhindern wollte, dass es zu der Umbenennung der Straße kommt. Er soll sogar unter Tränen im Ältestenrat dafür gekämpft haben, wie ein Ingolstädter Stadtrat damals der „Wirtschaftswoche“ berichtet hat.

Geholfen hat das nicht. Die Straße trägt nun einen anderen Namen. Und die Carl-Hahn-Straße könnte man ja heimlich und dezent, um alle Gemüter zu befrieden, in Carl-Hahn-jun.-Straße umbenennen. 


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